„I am Harry“ – Der Sorgenvergleich macht sicher

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Eigentlich wollte der Verfasser dieser Zeilen sich zurückhalten. Wie es sich für einen konservativen Untertan ihrer Majestät gehört. Im Moment läuft für die Tories alles wie am Schnürchen. Premierminister Johnson verfügt über eine Mehrheit wie es sie seit Zeiten der Iron Lady nicht mehr gab. Die Opposition ist ebenso kopf- wie planlos. Der Brexit eine Frage der Zeit. Die EU präpariert zwar die nächsten Fallstricke in Form der Behauptung, dass die Verhandlungen nicht ohne Aufschübe abgeschlossen werden könnten, jedoch schenkt diesen Schreckgespenstern niemand mehr ernsthaften Glauben. Und die Mehrheit im Unterhaus kann das alte Hickhack sowie Intrigenspiel einfach niederstimmen.

Von Plänen und Feindberührung

Aber: Pläne halten nur bis zur ersten Feindberührung. Wie Moltke der Ältere schon wusste.

Die Unruhe im Königshaus hat einen Tory nicht zu interessieren. Ihre Majestät wird alles zum Guten richten im Einklang mit den übrigen Mitgliedern der königlichen Familie.

Kommentare in deutschsprachigen Medien machen es jedoch unmöglich, das eine oder andere Wort in dieser Causa nicht zu erübrigen.

Der Herzog von Sussex wird als der alte Partyprinz dargestellt, der sein Leben lang keine Sorgen hatte. Von früh bis spät waren Diener, Assistenten, Privatlehrer um ihn. Niemals kannte er Geldsorgen. Niemals kannte er die Ängste eines Bürgerlichen. Nun mit einer bürgerlichen Amerikanerin vermählt, macht er sich auf den Weg nach Übersee.

Viele schreiben sie hätten gerne diese Sorgen. Keine schlaflosen Nächte, ob drohender Arbeitslosigkeit oder Auftragsflaute. Keine Existenzängste, ob überzogener Bankkonten und Kreditklemme.

Hierbei wird eines übersehen: Die Ausbildung zum Offizier an der Militärakademie Sandhurst der Streitkräfte ihrer Majestät. Später hätte der Herzog von Sussex mit seinem Regiment in den Irak verlegt werden sollen. Jedoch kündigten Insurgenten an, dieses Regiment als spezielles Ziel für Angriffe zu betrachten. Mitsamt Kopfgeld. Kameraden kauften sich rote Perücken und Leibchen mit der Aufschrift „I am Harry“. Eine Solidarisierung, ob der Bereitschaft des Herzogs dennoch seinen Dienst im Irak zu versehen.

„I am Harry“

Dennoch wurde offiziell davon abgesehen. Der Herzog absolvierte den Dienst für Königin und Königreich später unter Geheimhaltung in Afghanistan. Jedoch haben Journalisten die Sicherheitsvorschriften missachtet und die Sperrfrist ignoriert. So musste der Herzog seinen Auslandseinsatz nach drei Monaten abbrechen.

In weiterer Folge absolvierte er die Ausbildung zum Piloten eines der kampfkräftigsten sowie tödlichsten Instrumente der Luftwaffe ihrer Majestät. Einem AH-64 Apache Kampfhubschrauber.

Nach dem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst widmete sich der Herzog der Betreuung von Veteranen.

Tritte und Schläge

Abschließend noch eine Anekdote zur Abrundung: Vor dem ersten Weltkrieg absolvierte ein britischer Thronfolger die Marineakademie. Dieser war den Tritten sowie Schlägen seiner Jahrgangskameraden ausgesetzt. Auf die Frage des Ausbilders hin, warum sie dies täten, erfolgte die Antwort: Wenn wir Kapitäne und Admiräle sind, ist er König und wir müssen salutieren. Also schlagen wir zu, solange wir können und dürfen.

Es ist nicht einfach als Mitglied der königlichen Familie die Militärakademien zu durchlaufen und sich den Respekt der Kameraden zu erkämpfen.

Es ist alles etwas komplizierter sowie schwieriger als es sich die Schreibtischhengste vorstellen.

Harry vs. Luisa

Szenenwechsel auf die diesseitige Seite des Kanals. Luisa Neubauer, bekannt als Langstreckenluisa – im Vereinigten Königreich wäre sie mit dem Spitznamen womöglich Bomberpilotin – erhält vom Siemenschef ein überaus großzügiges Angebot. Ein Sitz im Firmenvorstand.

Zeitgleich wird sie zur 40-Jahr-Feier von den deutschen Grünen eingeladen. Ganz prominent auf der Bühne.

Ihre Sorgen sowie ihre Ängste stehen jeden Tag seitenweise in den Zeitungen. Der Meeresspiegel steigt. Die Erde erhitzt. Der Planet wird unbewohnbar.

Sie ist Anfang Zwanzig und studiert Geographie. Sie hat mehr Kontinente besucht, als es der Durchschnittsbürger jemals tun wird. Dennoch wird sie von der künftigen Vizekanzlerpartei der viergrößten Wirtschaftsmacht der Welt hofiert und von einem einstmals führenden Flaggschiff eben dieser Industriemacht in den Vorstand eingeladen.

Vielleicht wollen die Schreibtischtäter doch lieber diese Sorgen haben. Und nicht die Sorgen des Herzogs von Sussex mit allem inklusive…

[Autor: G.B. Bild: www.wikipedia.org/Carfax2 Lizenz: CC BY-SA 3.0]

 

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