Neuwahl: Ein Fehler des Kanzlers?

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Für den Verfasser dieser Zeilen – konservativer Christdemokrat, dessen Wunschtraum vor anderthalb Jahren mit der Bildung einer Koalition der patriotischen Erneuerung wahr wird – ist der 18. Mai 2019 ein Tag, der eher unangenehm berührt.

Da ist einmal der Rücktritt des Vizekanzlers. Ein Schritt, der den Mann ehrt. An sich wäre die Demission nicht notwendig gewesen. Schon in der Antike (Homo sum, humani nihil a me alienum – Ich bin ein Mensch, nichts Menschliches ist mir fremd) geht man davon aus, es sei jedermanns Menschenrecht, sich in privatem Rahmen dem Genuss geistiger Getränke hinzugeben und dann in angeheitertem Zustand eine Menge Unsinn zu reden. Solches kommt bei einem gesunden Mann hin und wieder vor. Am nächsten Morgen vermögen sich viele gar nicht mehr so genau zu erinnern, was da ihrem losen Mund entfleucht ist. Paradebeispiel dafür ist Leopold Figl. Der legendäre Staatsmann lieferte Räusche sonder Zahl und war gerade deswegen populär.

Ibiza-Gate

Der politische Gegner, stets tolerant, wenn es darum geht, Schwerverbrechen kleinzureden (außer der Täter ist ein Landsmann), und auch dem Datenschutz recht zugetan, kennt bei HC Strache keine Gnade. Die leuchtenden Augen der ORF-Moderatoren, voll der Schadenfreude, zeugen davon. Auch die Polit-Heuchelei des KPÖ-Wählers aus der Hofburg ist mehr als flüssig. Grund zur Freude haben die Grünen, deren außerparlamentarischer Leidensweg im Herbst zu Ende gehen dürfte. Für die Neigungsgruppe Pilz ist ein Stronach-Schicksal absehbar.

Nun zum Kanzler. Den journalistischen Meuchelmord aus dem nördlichen Nachbarland einfach ins Leere laufen lassen, die Koalition unbeirrt fortzusetzen und Strache in der nächsten Ministerratssitzung mit der jovialen Bemerkung Na ja, vertragen tust halt nicht allzu viel ein bisserl zu pflanzen – damit hätte Sebastian Kurz staatsmännisches Format gezeigt. Wegen einer derartigen Petitesse Neuwahlen auszurufen zeigt von wenig Weitblick.

Sebastian Kurz streicht in seiner Erklärung die gemeinsamen Erfolge der Koalitionspartner hervor, lobt ausdrücklich jeden Minister der beiden Parteien, um dann davon zu sprechen, „die Freiheitlichen“ seien nicht regierungsfähig. Hier mangelt es an argumentativer Schlüssigkeit.

Mag sein, dass die Volkspartei bei der Wahl im Herbst zusätzliches Heu in die Scheune fährt, eine absolute Mehrheit ist nicht drinnen. Mit einer der linken Parteien – sei es die SPÖ, seien es diverse politische Kleinstlebewesen – wird es keine Fortsetzung des bei der einheimischen Bevölkerung so beliebten Kurz’schen Weges geben. Bleibt da nur zu hoffen, die Wunden des 18. Mai sind im Herbst bereits vernarbt und man probiert‘s noch einmal miteinander. Weil eines unbestritten ist: Österreichs Bürger wollen auch in Zukunft einen Innenminister namens Herbert Kickl.

[Autor: E. K.-L. Bild: www.wikipedia.org/European People’s Party Lizenz: CC BY 2.0]

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