Zentral- und Osteuropa: Österreichische Unternehmen im Spitzenfeld

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Ein Vergleich macht uns sicher

Matthias Benz, einer der Wiener Korrespondenten der renommierten „Neuen Zürcher Zeitung“ (NZZ), kehrt nach Zürich zurück. In einer noblen Geste zollt Benz den Wirtschaftstreibenden unseres Landes Respekt in Gestalt eines ganzseitigen Artikels mit dem Titel „Die Osteuropa-Versteher“, der Untertitel verrät, worum es konkret geht: „Österreichische Unternehmen sind in Ostmitteleuropa heimischer als deutsche Firmen – was steckt dahinter?“ (NZZ, 31. August 2020)

Benz beginnt seinen Bericht mit Škoda. Dort haben die Deutschen das Sagen. Bei den jährlichen Pressekonferenzen am böhmischen Firmensitz in Jungbunzlau (tschech. Mladá Boleslav)  beginne man zwar mit einer kleinen Verbeugung gegenüber dem Gastland durch ein freundliches Dobry den! (Guten Tag!), anschließend werde nur noch Deutsch gesprochen. Im Vorstand sitzen fast nur Deutsche, bloß der Personalchef sei Tscheche. Sozusagen als Quoten-Böhm‘. Der Betrieb werde straff nach den Vorgaben der Zentrale in Wolfsburg (Škoda gehört bekanntlich dem Volkswagen-Konzern) geführt.

Was wäre, wenn Škoda von einer österreichischen Mutterfirma geführt wäre? Ein Wiener Topmanager aus der Finanzbranche erklärt dies Matthias Benz wie folgt: Wir Österreicher legen viel Wert auf lokales Management und geben unseren Tochterfirmen in Zentral- und Osteuropa viel Entscheidungsfreiheit. Es wäre falsch, von der Zentrale aus Befehle zu erteilen.

Dieser Manager führt auch aus, dass deutsche Banken und Versicherungen in Ostmitteleuropa kaum je erfolgreich Fuß gefasst haben. Der Manager weiter: Wir begegnen unseren osteuropäischen Partnern auf Augenhöhe … wir setzen uns zu einem Kaffee zusammen und wir besprechen, was gut läuft und was nicht so gut klappt. Benz nennt diesen informellen österreichischen Weg „Management by Kaffeehaus“.

Benz berichtet, die Deutschen hätten zwar bei der PKW-Produktion in Ungarn sowie in der Slowakei die Nase vorn, aber zwei der drei größten Banken Mittelosteuropas seien österreichisch (Raiffeisen und Erste Bank), die Versicherungen Uniqa und Wiener Städtische dominierten den Markt vom Baltikum bis zum Balkan und zitiert zum „österreichischen Führungsstil“ eine Forscherin: Österreichische Manager binden die lokalen Angestellten ein, sie begegnen ihnen auf Augenhöhe, legen viel Wert auf persönliche Beziehungen, zeigen sich kompromissbereit und kommunizieren höflich und diplomatisch. Deutsche Führungskräfte würden hingegen … eher als arrogant und besserwisserisch wahrgenommen. Sie tendierten dazu, als Chefs aufzutreten.

Der scheidende NZZ-Korrespondent führt die Unterschiede in der Mentalität auf die lange Verbundenheit der Deutschösterreicher mit den benachbarten Ländern auf die gemeinsame Vergangenheit im Rahmen der Donaumonarchie zurück. Clevere deutsche Unternehmen machen sich diesen Umstand zunutze, indem sie ihre Töchterfirmen in Zentral- und Mitteleuropa nicht direkt durch die Zentrale in der Bundesrepublik lenken, sondern im Wege eines regionalen Hauptquartiers in Wien, wo Österreicher die vermittelnde Ebene bilden. Zum Beispiel Siemens, Bosch und Henkel.

Benz schließt mit einem dicken Lob für die heimischen Manager: Die Österreicher setzen ihrerseits auf ihre Stärke, mit Menschen umgehen zu können. Als Osteuropa-Versteher macht ihnen niemand so schnell etwas vor.

[Autor: E.K.-L. Bild: NZZ Lizenz: –]

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