Wenn die EU dem Bargeld den Kampf ansagen möchte, sollten wir eigentlich der EU den Kampf ansagen. Es ist immerhin der Anfang eines schleichenden Versuches, die Geldbörse in der Handtasche oder der Gesäßtasche durch ein Lederetui für Kredit-, Bankomat oder E-Card zu ersetzen und ein weiterer Schritt zum gläsernen Menschen, der seiner Freiheit beraubt wird, etwas Bargeld zu besitzen. Es ist der Anfang einer totalen Kontrolle.
Kauft man mit einer Bankomatkarte ein, kennt das Handelsunternehmen die Einkaufs- und Essgewohnheiten und kann mittels Sonderausdruck am unteren Ende des Kassenbeleges mit Preisreduktionen zum weiteren Kauf locken. Kauft man beim Unternehmen seines Wohnortes ein und fährt in ein anderes Bundesland, so lässt sich die Reisetätigkeit nachvollziehen. Das gleiche gilt für Tankstellen, Parkautomaten und dergleichen. Unter dem Deckmäntelchen der Schwarzgeldkontrolle greift man auch in die Privatsphäre der Bürgerinnen und Bürger ein. Das vom Mund Abgesparte unter der Matratze oder im Sparschwein gehört dann der Vergangenheit an. Die Zubuße für den Führerschein, das Moped, die Ausbildung oder das Auto der Kinder oder Enkelkinder kann man womöglich ebenfalls vergessen. Fehlt nur mehr eine persönliche Registriernummer auf der Bankomatkarte, anhand derer das Finanzamt Zugriff auf alle Daten bekommt.
Muss man dann ein schlechtes Gewissen haben, wenn man etwas für Notzeiten gespart hat? Und wer entscheidet dann, wieviel man von dem wenigen, das man sich verdient hat, überhaupt ersparen kann? Man darf auch die soziale Komponente nicht vergessen. Wird man den Postboten, den Rauchfangkehrern oder dem Servierpersonal eine Bankomatkarte vor das persönliche Lesegerät halten? Werden dann Bettler oder Straßenmusikanten ebenfalls damit ausgestattet? Müssen Schüler nach Erhalt des Zeugnisses auf ihren Lohn für Fleiß und schulische Leistung verzichten? Muss ich dann zwei Frühstückssemmeln mit der Karte kaufen und mehr Buchungsgebühr bei der Bank bezahlen, als die zwei Semmeln wert sind? Fällt der EU nichts Besseres ein, als der Masse die Freiheit zu nehmen, selbst zu entscheiden, was, wo und wie sie etwas einkaufen möchte und wem und was sie etwas geben möchte?
Weder die EU noch die Bonzen an der Spitze haben etwas zum Ersparten der Bewohner dieses Kontinentes beigetragen. Jetzt darauf zuzugreifen, wäre ein verachtenswerter Schritt in Richtung totalitäre Massenkontrolle, die George Orwell in seinen Science-Fiction-Romanen prophezeit hat. Mögen diese Prophezeiungen nie Wirklichkeit werden.
Ich jedenfalls will weiter in die Geldbörse greifen und das herausholen, womit ich fast sieben Jahrzehnte meine Bedürfnisse, welcher Art auch immer, gestillt habe.
Manfred Tisal ist Kabarettist, Moderator, Autor und Journalist.
[Autor: – Bild: PxHere Lizenz: -]
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