Der Internist und frühere Politiker Marcus Franz über die Problematik einer Corona-Impfung, die grundsätzliche Sinnhaftigkeit von Impfungen und die „Politik der Angst“ der Regierung.
Russland hat nach eigenen Angaben einen Impfstoff gegen das Coronavirus hergestellt. Was ist davon zu halten, zumal dieser Impfstoff wohl nicht ausreichend erprobt worden ist?
Marcus Franz: Wissenschaftlich weiß ich wenig bis nichts über diesen Impfstoff. Ich habe keine Studien darüber gefunden und kenne nur Berichte, dass Soldaten damit angeblich getestet wurden. Also, ich misstraue dem Ganzen ein bisschen, aber vielleicht kommen die Russen noch mit neuen Studien heraus. Aber so vorzugehen, wäre an sich der unübliche Weg, weshalb anzunehmen ist, dass es mehr ein Marketingversuch ist. Aber lassen wir ihnen Zeit – wenn valide wissenschaftliche Studien kommen, dann kann man schauen, was sie da wirklich entwickelt haben.
Wie sinnvoll ist denn generell eine Impfung gegen das Coronavirus?
Franz: Aus jetziger Sicht ist schwer zu sagen, ob eine Impfung wirklich sinnvoll ist. Die jetzigen Impfstoffe, die alle beworben werden, als ob sie die Heilung von allen Übeln darstellen würden, sind noch nicht einmal ausreichend getestet. Einige sind in Phase 3, d.h. sie werden an einigen Tausenden Freiwilligen ausgetestet. Die chancenreichsten Impfstoffe, die die besten sein sollen, sind die sogenannten mRNA-Impfstoffe. Das sind aber völlig neue Substanzen, die gentechnisch wirken und direkt in die Zelle eingreifen und das Erbgut der Zelle verändern bzw. beeinfl ussen, und da gibt es noch keine einzige Impfung für irgendwelche anderen Infektionserkrankungen. Hier wäre die Corona-Impfung die erste und einzige. Das wäre also etwas völlig Neues und hinzu kommt, dass Corona bzw. Covid ja insgesamt für die meisten Leute nicht gefährlich ist. Die Zahl der Erkrankten – nicht die der positiv Getesteten! – zeigt, dass relativ wenig Leute wirklich krank werden und da vor allem Alte und Personen aus Risikogruppen wie z. B. Leute mit schweren Vorerkrankungen – aber die haben für alles ein erhöhtes Risiko. Insgesamt werden nur ca. fünf Prozent aller Infi zierten wirklich schwer krank, und daher muss man darüber diskutieren, ob man eine Impfung, die man noch gar nicht hat und von der man noch viel zu wenig weiß, dann wirklich so vielen Leuten geben soll, die symptomlos bis symptomarm erkranken können – abernicht erkranken müssen.
Berücksichtigt werden müsste wohl auch, dass die Entwicklung von Impfstoffen Zeit braucht, oder?
Franz: Man muss wissen, dass jede Impfstoffentwicklung im Durchschnitt acht bis zwölf Jahre braucht. Man müsste ein neues Zulassungsverfahren einleiten und die wissenschaftlichen Tests da durchpeitschen. Was man auch bei wohlwollender Betrachtungaber auf keinen Fall bekommt, sind die Langzeitwirkungen dieser Impfung. Immer wieder wird gesagt, „nächstes Jahr ist eine Impfung auf dem Markt“. Das mag sein und das kann man mit legistischenKniffs, viel „guten Willen“ und Marketing hinkriegen, aber wir wissen nichts über die Langzeitnebenwirkungen und wir wissen auch nicht, wie gut die Impfung wirken wird.
Könnte man es auch so formulieren, dass die ersten Leute, die diese Anti-Coronavirus-Impfung bekommen, Versuchskaninchen sind?
Franz: Auf alle Fälle! Das muss man sogar so formulieren, weil ja die Langzeitstudien fehlen. Die Langzeitstudien werden üblicherweise gemacht, weil man wissen will, ob und welche Langzeitwirkungen und -nebenwirkungen entstehen und ob der Impfstoff überhaupt seine Effektivität hat. Der Grippe-Impfstoff hat etwa eine Effi zienz von 60 Prozent bei der Grippe-Impfung, was relativ wenig ist. Und beim Corona-Impfstoff wissen wir noch gar nichts über die Effi zienz, weil die Studien ja alle erst laufen. Wir wissen langfristig nicht, wie oft man impfen wird müssen. Die Impfspezialisten sagen alle, man wird ein, zwei Mal im Jahr impfen müssen, weil der Impfstoff nur kurz wirksam sein wird. Das sind aber alles Spekulationen, die man gerne tätigen darf, die aber keine ausreichende wissenschaftliche Grundlage haben. Wenn heute ein Gesundheitspolitiker sagt, „nächstes Jahr haben wir eine Impfung und auf das müssen wir alle hinarbeiten“, dann ist das aus meiner Sicht medizinisch unseriös. Ich selber würde keinem einzigen meiner Patienten einen Impfstoff empfehlen, der nächstes Jahr auf den Markt kommt, egal ab er aus Russland, den USA, China oder wo auch immer stammt. Ein nur so kurz ausgetestetes Arzneimittel würde es unter anderen Voraussetzungen, etwa als Blutdruckmedikament, nie auf den Markt schaffen. Der hohe Blutdruck ist übrigens für viel, viel mehr Leute gefährlicher als Corona. Man muss immer abwägen, ob es eine Infektion ist, die in kurzer Zeit viele Menschen hinraffen könnte wie z. B. Ebola. Hier gibt es eine Mortalität zwischen 70 und 90 Prozent und die Leute sterben elendiglich. Wenn ich hier die Möglichkeit habe, binnen kurzer Zeit einen Impfstoff zu entwickeln, dann werde ich natürlich viel mehr riskieren als bei einer Infektion, die bei der Hälfte der Leute asymptomatisch verläuft und nur einen kleinen Teil massiv krank machen kann.
Die Leiterin der Bioethik-Kommission hat kürzlich gesagt, eine Impfpflicht gegen das Coronavirus wäre ethisch vertretbar, wenngleich Ultima ratio. Sind hier die Weichen in Richtung Impfpflicht gestellt?
Franz: Ich fürchte, dass Druck gemacht wird Richtung Impfpfl icht, wobei man sagen muss, jede Injektion, jede Impfung, jede Blutabnahme ist eine Körperverletzung. Diese ist aber legal, weil von einem Arzt und mit Einverständnis durchgeführt und weil der Impfstoff ein Zulassungsverfahren durchlaufen und im optimalen Fall nur geringe Nebenwirkungen hat. Wenn ich aber eine nicht ausreichend getestete Substanz habe und diese für die Leute verpfl ichtend mache – vielleicht noch mit dem elektronischen Impfpass, wo jeder gläsern ist –, dann ist das aus meiner Sicht Medizin-Totalitarismus, den man überhaupt nicht unterstützen kann, sondern sogar bekämpfen muss. Aber anzumerken ist, dass es auch innvolle
Impfungen gibt. Dass es die Pocken nicht mehr gibt und dass die Kinderlähmung in unseren Breiten kein Thema ist, ist ja begrüßenswert. Franz: Man kann Impfungen nicht in Bausch und Bogen abtun. Die meisten Impfungen, die am Markt sind, sind gut bis lebensrettend. Ich bin beileibe kein Impfgegner, sondern man muss jeden einzelnen Impfstoff anschauen, was kann er, was macht er, welche Nebenwirkungen hat er, wie oft muss man wirklich impfen. Man hat die Möglichkeit, das alles zu überprüfen. Bei der Zeckenschutz- oder bei der Tetanusimpfung z. B. kann ich über einen Impftiter den Antikörperspiegel bestimmen um zu sehen, ob eine Auffrischung notwendig ist. Aber bei einer neuen Impfung, die noch dazu substanziell in ihrer strukturellen Wesensart völlig anders ist als alle bisherigen Impfungen, nämlich die sogenannten messenger RNA oder mRNA-Impfung, weiß ich, wie ich bereits gesagt habe, noch nichts über Langzeitwirkung und dergleichen. Das ist aus meiner Sicht eine Art Pandoras Büchse, die da geöffnet wird.
Kritiker der Corona-Impfung sagen auch, es würde maßgeblich die Pharmaindustrie bzw. Pharmalobby dahinterstehen. Ist das aus Ihrer Sicht Verschwörungstheorie oder ist doch etwas Wahres dran?
Franz: Das Ziel der Pharmaindustrie ist ja, dass sie Profi t macht. Das ist auch legitim und gut, weil die Pharmaindustrie Medikamente für alle möglichen Erkrankungen produziert, die wir ja für die Medizin brauchen. Man darf die Pharmaindustrie nicht pauschal als kriminell oder als mafiös hinstellen, denn sie macht sehr viele gute Sachen. Natürlich ist es bei einer neuen Infektion oder einer neuen Erkrankung aber schon so, dass der Markt potentiell riesengroß ist. Da gibt es natürlich Krisengewinnler und da muss man aufpassen. Wir hatten ja schon diverse Pharmaskandale, auch mit Todesopfern. Ich sage als Beispiel nur Lipobay. Und ich sage auch WHO, wo vor einigen Jahren hohe Manager in Korruption verwickelt waren. Da passieren schon Sachen, wo man genau hinschauen muss, ob da nicht Geldkoffer die Besitzer wechseln, um etwa ein Zulassungsverfahren zu beschleunigen, damit eine Substanz schneller auf den Markt kommt. Wie in jeder anderen Branche gibt es leider auch im Gesundheitswesen Korruption.
Einerseits steigen wieder die Infektionszahlen mit dem Coronavirus und andererseits nimmt die Zahl der Hospitalisierungen ab und gleichzeitig werden von der Bundesregierung Reisewarnungen für Kroatien und für die Balearen verhängt. Soll eine neue Hysterie geschürt werden, sollen die Leute in Angst versetzt werden?
Franz: Meine Überzeugung ist, dass nach wie vor eine Politik der Angst betrieben wird, auch wenn der Gesundheitsminister immer sehr kalmierend auftritt und ruhig spricht wie der Pfarrer von der Kanzel. Aber durch die tägliche Veröffentlichung der „Infektionszahl“ etc. soll das Bewusstsein wachgehalten werden. Das ist die Ausrede der Regierung, aber in Wirklichkeit geht es darum, Angst zu schüren. Wir wissen das ja aus den Protokollen vom März, die geleakt worden sind, dass es definitiv der Entschluss der Regierung war, die Bürger über die Angst zu erreichen. Man war der Ansicht, dass man Bewusstsein nur schaffen könne, wenn man Angst erzeugt, was natürlich psychologisch stimmt. Nur halte ich es in einem modernen Staat, wo man immer vom mündigen Bürger und vom mündigen Patienten redet, für absolut kontraproduktiv, wenn man mehr als 200 Jahre nach der Aufklärung jetzt sagt, man muss die Leute in Angst und Schrecken versetzen, denn nur dann werden sie gescheiter. Das ist letztlich ein Trugschluss, denn damit produziert man nur abhängige Leute, die den Führern hinterher trappen. Wenn dann am Ende gesagt wird, wir müssen uns alle impfen lassen, dann wirddas natürlich geglaubt. Da gibt es übrigens psychologische Untersuchungen: Wenn man ständig mit Informationen buseriert wird, die Schrecken erzeugen – und Infektionszahlen erzeugen nun einmal ein ungutes Gefühl beim Laien – dann werden die Leute irgendwann einmal weich und sie stimmen der neuen Impfung zu oder sie werden sogar die Zwangsimpfung haben wollen. Derzeit liegt die Zustimmung zu einer Zwangsimpfung bei nur 25 Prozent, aber das kann ja noch steigen.
Das Gespräch führte Bernhard Tomaschitz.
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