„Ich habe mich immer gegen Quoten ausgesprochen“

by admin2

Frau Rosenkranz, die Frauenbewegung feiert heuer ihr hundertjähriges Bestehen. In dieser Zeit ist einiges für die Frauen erreicht worden. Was war da für sie das wichtigste?
Barbara Rosenkranz: Der gleiche Zugang zu allen politischen Rechten, zu allen öffentlichen Ämtern, vor allem aber auch zur Bildung, zu den Universitäten. Das sind für mich drei ganz entscheidende Eckpunkte.

Man würde als Beobachter der Szene sagen, die Entwicklung der Frauenrechte ist exponentiell vor sich gegangen. Am Anfang noch schrittweise und nun geradezu explosionsartig. Wie würden Sie das sehen?
Rosenkranz: Man muss da zwei Dinge unterscheiden. Das Eine ist Gleichberechtigung, also gleiche Rechte, gleiche Chancen für alle, was voll zu unterschreiben ist. Und das andere, und das ist keine Begriffsklauberei, ist Gleichstellung. Wenn ich auf Gleichberechtigung setze, dann muss ich unterschiedliche Ergebnisse hinnehmen, wenn ich mich aber auf Gleichstellung konzentriere, dann ziele ich auf gleiche Ergebnisse ab, und das ist etwas ganz anderes. Letzteres ist in den letzten Jahren zum Dogma geworden.

Dieser Gleichstellungsanspruch, auch in beruflicher Hinsicht, scheint sich durchzusetzen. Die Diskussion in der Öffentlichkeit, es geht da um Quotenregelungen, auch um gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit, wie beurteilen Sie diese Entwicklung. Steuern wir da nicht auf eine Veränderung des Rollenverhaltens hin?
Rosenkranz: Zu gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit gibt es natürlich keine vertretbare Alternative. Sie haben aber mit dem „Rollenverhalten“ den entscheidenden Punkt angesprochen: Hinter der Gleichstellungsideologie steht der Anspruch,  das traditionelle Rollenbild vollkommen zu „überwinden“. Traditionelle Männer- und Frauenbilder werden stark behindert, auch gegen die Wünsche der Betroffenen. Männer , die sich in Frauenrollen verwirklichen wollen, wie zum Beispiel Kindergartenpädagogen, ja es gibt sogar männliche Hebammen, bekommen  viel öffentlichen Applaus, ebenso wie Frauen, die sich in Männerberufen bestätigen wollen. Dagegen erfahren die Frauen, die sich vorrangig ihren Kindern widmen wollen, als „Heimchen am Herd“ vor allem Geringschätzung.

Die Rolle des Mannes hat ja in der Entwicklung eine gegenteilige Bewegung durchgemacht. Sie ist in den letzten Jahren erheblich hinter die Frauenrolle zurückgefallen.
Rosenkranz: In gewisser Hinsicht kann man das so sehen. Der entscheidende Punkt aber ist, dass es um die Auflösung der traditionellen Rollenbilder geht. Da ist auf der einen Seite die Förderung der Frauen in typischen Männerrollen, auf der anderen Seite aber auch der Kampfbegriff der „toxischen Männlichkeit“. Auch wenn das in der Öffentlichkeit noch nicht so sehr wahrgenommen wird, geht es da dem  Selbstverständnis der meisten Männer an den Kragen.

Man gewinnt ja den Eindruck, dass es die „alten, weißen Männer“ sind, die das Böse in der Welt darstellen…
Rosenkranz: … das ist tatsächlich die propagandistische Stoßrichtung des linksliberalen Establishments.

Was halten Sie persönlich davon, dass die Gewerkschaft nun auch für die Vorstände eine Quotenregelung fordert, nicht nur, wie bereits vielfach umgesetzt, für die Aufsichtsräte?
Rosenkranz: Davon halte ich nichts. Ich bin, wie gesagt, eine Anhängerin der Gleichberechtigung, nicht der Gleichstellung. Ich habe mich deshalb immer gegen Quoten ausgesprochen. Die Lebenswirklichkeit der meisten Frauen wird davon übrigens gar nicht berührt. Man würde sich vielmehr Vorschläge z. B. dazu wünschen, wie die Altersarmut der Frauen, die ihre Erwerbstätigkeit zugunsten ihrer Kinder eingeschränkt haben, verhindert werden kann.

Die Familie mit den sich ergänzenden Rollen hat über Jahrzehnte hinweg die Gesellschaft in ihrer Struktur gestützt. Ist dieses Rollenbild nun überholt, oder hat es noch einen Sinn, sich dafür auf die Gleise zu werfen?
Rosenkranz: Die Familie war über Jahrtausende das stabile Fundament von Kultur und Zivilisation. Natürlich gibt es verschiedene Modelle. Das patriarchalische Familienmodell ist aus der Zeit und durch das partnerschaftliche abgelöst. Die auf Dauer angelegte Verbindung zwischen einem Mann und einer Frau und die Sorge um die gemeinsamen Kinder sind dagegen unverzichtbar, wenn es eine Zukunft geben soll.

Das Gespräch führte Walter Tributsch

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