Bild: GFDL 1.2
Lizenz:Frau Dr. Weidel, welche Bedeutung für Deutschland hat die Bundestagswahl am 23. Februar? Handelt es sich um eine Richtungsentscheidung?
Alice Weidel: Natürlich ist für Politiker immer die nächste Wahl die wichtigste, aber bei der jetzt anstehenden Bundestagswahl stehen wir in der Tat vor gleich mehreren grundlegenden Richtungsentscheidungen. In der Migrationspolitik, in der Energiepolitik, in der Sozialpolitik und in der Wirtschaftspolitik müssen jetzt die richtigen politischen Weichen gestellt werden. Denn vieles von dem Schaden, der jetzt gerade von den Regierenden angerichtet wird, wird irreparabel sein. Ist etwa die deutsche Industrie einmal zerstört, kann man das nicht in vier oder acht Jahren einfach rückgängig machen. Also ja, diese Wahl ist eine Richtungswahl: Rasen wir weiter sehenden Auges in den Abgrund oder kriegen wir mit gesundem Menschenverstand nochmal die Kurve und bringen unser Land wieder auf den Pfad von Wohlstand, Sicherheit und Wachstum?
Zuletzt gab es in den Systemmedien eine regelrechte Hysterie, weil der US-Milliardär und Trump-Vertraute Elon Musk seine Sympathien für die AfD bekundet hat. Wie sehen Sie es?
Weidel: Musk ist kein typischer Rechter oder Konservativer, sondern ein im Kern progressiver Visionär. Über seinen Zuspruch freuen wir uns natürlich. Denn er hat erkannt, dass der allgegenwärtige links-woke Mainstream in der gesamten westlichen Welt das Gegenteil von Fortschritt bedeutet: Es handelt sich um eine zutiefst unmenschliche, zerstörerische Ideologie, die längst kultisch-totalitäre Züge angenommen hat. Musk sieht zu Recht in den freiheitlich-konservativen Kräften das nötige Gegengewicht zu dieser Entwicklung.
Lügen, schmutzige Tricks und Verleumdung gehören zum Werkzeugkasten unserer Gegner.
Im Wahlprogramm der AfD wird als erstes sehr ausführlich der Bereich Wirtschaft und Infrastruktur behandelt, außerdem heißt es, es sei „Zeit für Wohlstand“. Wie ist es um den Wirtschaftsstandort Deutschland bestellt?
Weidel: Alle relevanten Kennzahlen geben die gleiche Antwort auf diese Frage: katastrophal. Wir sind seit Jahren in der Rezession; die Zahlen der Firmenpleiten erreichen immer neue Rekorde ebenso wie die Höhe von Steuern und Abgaben; immer neue Bürokratie würgt die wirtschaftliche Aktivität zusätzlich ab. Aber auch die Innere Sicherheit, das Bildungsniveau und die Verkehrsinfrastruktur sind maßgebliche Standortfaktoren. Sie alle sind in desolatem Zustand, Tendenz: weiter fallend.
Und wie wollen Sie den Wirtschaftsstandort stärken und der Entidustrialisierung entgegenwirken?
Weidel: Einige Dinge können sofort gemacht werden, anderes braucht Zeit und konsequente Umsetzung. Die Baustellen sind bekannt: Wir müssen eine verlässliche und preiswerte Energieversorgung sicherstellen.
Dazu gehört die Kernenergie genau wie moderne Kohle- und Gaskraftwerke. Steuern insbesondere auf Energie müssen radikal gesenkt werden. Die nutzlose CO2-Abgabe ist – anstatt jährlicher Erhöhungen – ersatzlos zu streichen. Unsinnige Bürokratie wie das Lieferkettengesetz wird abgeschafft ebenso wie der dazugehörige Wasserkopf in den Behörden. Umverteilung wird reduziert und ideologiegetriebene Subventionen in unwirtschaftliche Projekte streichen wir gänzlich.
In Umfragen liegt die AfD bei 20 Prozent, und die Tendenz ist weiter steigend. Rechnen Sie bis zur Wahl und in der Zeit danach mit einer Verstärkung der Gehässigkeiten durch die Altpartien?
Weidel: Lügen, Verleumdung und schmutzige Tricks gehören zum Werkzeugkasten unserer Gegner. Auf Fairness können wir kaum hoffen. Aber trotz aller Propaganda können sie die Realität nicht dauerhaft vor den Menschen verstecken.
Nehmen wir an, die AfD erreicht am 23. Februar ein Ergebnis deutlich über 20 Prozent: Würde dann das Thema AfD-Verbot wieder aktueller werden, um den Erfolgslauf Ihrer Partei zu stoppen?
Weidel: Dieses Unterfangen ist völlig absurd und wirft ein äußerst schlechtes Licht auf das Demokratieverständnis derer, die es vorantreiben. Es ist bar jeder rechtlichen Grundlage und von vornherein zum Scheitern verurteilt. Das heißt aber nicht, dass es nicht dennoch fanatisierte und von der Realität entkoppelte Politiker gibt, die weiter verzweifelte Versuche in dieser Richtung unternehmen werden.
Was ist im nächsten Bundestag von einer gestärkten AfD zu erwarten?
Weidel: Je stärker wir werden, desto mehr Druck können wir ausüben und Einfluss geltend machen. Mit ausreichend vielen Abgeordneten können wir etwa gegen grundgesetzwidrige Vorhaben der Regierung vor dem Bundesverfassungsgericht klagen oder Untersuchungsausschüsse einsetzen. Auch wenn die übrigen Fraktionen größte Verrenkungen unternehmen, um uns und damit auch unsere viele Millionen Wähler gegen alle demokratischen Regeln auszugrenzen, werden wir den Druck weiter erhöhen.
Anders als beim politisch-medialen Komplex stürzt – wie die Umfragen zur Bundestagswahl, aber auch die Landtagswahlen im vergangenen Jahr zeigen – bei den Bürgern die Brandmauer gegen die AfD zunehmend ein. Was sind die Gründe dafür?
Weidel: Immer mehr Deutsche sehen und spüren am eigenen Leib, dass die Märchen von Vielfalt und dem reichen Land Deutschland, die ihnen aufgetischt werden, nicht stimmen. Und das Gleiche gilt auch für die Schauergeschichten, die man ihnen über die AfD erzählt. Die Realität gibt uns Recht und das ist am Ende stärker als jede konstruierte Erzählung.
Wie wird es nach der Bundestagswahl weitergehen? Ist mit einer Art Neuauflage der Ampel unter CDU-Führung zu rechnen?
Weidel: Derzeit sieht es stark danach aus.
Was ist eigentlich von einem Bundeskanzler Merz und einer Unions-geführten Bundesregierung zu erwarten? Was die sogenannte Energiewende betrifft, will die CDU im Wesentlichen ja alles beim Alten lassen.
Weidel: Mit Friedrich Merz als Bundeskanzler steuern wir im Großen und Ganzen auf ein „Weiter so!“ zu. Das ist nicht, was die Mehrheit der Deutschen will. Wer wirklich einen Wechsel will, darf sich daher nicht von markigen Wahlkampfsprüchen von CDU und CSU täuschen lassen, sondern muss die AfD so stark machen, dass an ihr kein Weg vorbeiführt.
Wahrscheinlich noch vor dem 23. Februar wird in Österreich die neue Bundesregierung unter Führung von Herbert Kickl stehen. Welche Schlüsse aus der politischen Entwicklung in Österreich ziehen Sie für die AfD sowie für Deutschland?
Weidel: Wir wünschen Herbert Kickl alles Gute und eine glückliche Hand für die anstehenden Herausforderungen zum Wohl Österreichs. Sein Erfolg und der der FPÖ zeigen, dass ein Kurswechsel hin zu einer vernunftgeleiteten Politik realistisch möglich ist. Beharrlichkeit gepaart mit den richtigen Konzepten führt auch gegen einen mehrheitlich feindseligen politisch-medialen Mainstream schließlich zum Erfolg.
Das Gespräch führte Bernhard Tomaschitz.