Der Journalist und Publizist Andreas Unterberger über NGOs, deren Verbindungen zu Politik und Medien und die Notwendigkeit, ihre Finanzierung mit Steuergeld zu kontrollieren
Herr Dr. Unterberger, in Ihrem Internet-Tagebuch beschäftigen Sie sich auch kritisch mit NGOs. Woher kommt Ihre
kritische Haltung?
Andreas Unterberger: Die kommt aus jahrzehntelanger Beobachtung des Verhaltens der NGOs, der fast völlig fehlenden Kontrolle, des unkontrollierten Fließens von Steuergeldern an die NGOs und der Entwicklung einer mächtigen Struktur im Staate, die völlig an allen demokratischen und rechtsstaatlichen Regeln vorbeigeht.
Kann man das so zusammenfassen, dass der NGO-Sektor fast schon ein Staat im Staate geworden ist?
Unterberger: Es ist ein großer Bereich geworden, der zum Teil sogar in den Staat hineinregiert, wo sich die Regierung auf Ratschläge von NGOs beruft, ohne dass es eben eine demokratische und rechtsstaatliche Kontrolle gibt. „Staat im Staat“ ist eine verkürzte Bezeichnung dafür. Natürlich unterliegen die NGOs theoretisch allen Gesetzen, aber die Art und Weise, wie sie funktionieren, gehen völlig am Rechtsstaat vorbei.
Inwiefern am Rechtsstaat vorbei?
Unterberger: Weil hier Gelder auch aus Steuermitteln unkontrolliert fließen können und sich für die NGOs eine Struktur entwickelt hat, die wie bei Teilorganisationen von Parteien funktioniert – großteils ideologisch in der Nähe der Grünen, aber nicht nur. Es ist natürlich kein Zufall, dass eine Ministerin (Umweltministerin Leonore Gewessler, Anm. d. Red.) direkt von einer NGO-Funktion in die Regierung hüpfen kann. Darüber hinaus haben die NGOs im Gegensatz zu den Parteien auch in den Medien ein unglaublich positives und völlig unhinterfragtes Image. Es vergeht wohl kein Tag, wo nicht ein Greenpeace- oder Global 2000-Aktivist in einem Medium als sogenannter „Experte“ zu Wort kommt.
Diese „Experten“ sind meistens in keiner Art und Weise durch echte wissenschaftliche Qualifikation ausgezeichnet und agieren oft im Interesse von bestimmten finanziellen Vorteilen. So gibt es immer wieder starke Hinweise, dass Unternehmen unter Druck gesetzt werden, zu spenden und dafür im Gegenzug von Kritik verschont bleiben. Das geht von Unternehmen, die viel Energie verbrauchen und die sich irgendwelche Zertifikate ausstellen lassen, bis hin zu NGOs, die angeblich die Herkunft von tropischen Hölzern kontrollieren. All diese NGOs sind ein Riesenwirtschaftsfaktor geworden, die sowohl in die Wissenschaft hinein agieren, ohne Wissenschaftler zu sein, die in die Politik hinein agieren, ohne jemals demokratisch legitimiert worden zu sein, und die daher einer viel stärkeren Aufmerksamkeit bedürfen, kontrolliert und beobachtet zu werden, als es derzeit geschieht.
Sie haben kurz den wirtschaftlichen Faktor angesprochen: Im Jahresbericht 2019 der Caritas Österreich steht, dass Ein- und Ausgaben von 901 Millionen Euro erzielt und rund 16.300 Mitarbeiter beschäftigt wurden. Umgelegt auf die Privatwirtschaft wäre das ein sehr ansehnliches Unternehmen, was die Caritas betrifft.
Unterberger: Bei Unternehmen im sogenannten humanitären Sektor stammen bis zu 90 Prozent der Gelder, die diese Organisationen und Strukturen ausgeben, aus Steuermitteln. Ich halte es für keinen Zufall, dass die Caritas sehr, sehr parteipolitisch agiert. Ich habe kaum Aussendungen der Caritas in Erinnerung, wo sie die Gemeinde Wien kritisiert, weil das meiste Geld, das an solche Organisationen fließt, von den Bundesländern kommt. Kritisiert wird daher nur der Bund.
Die allermeisten, vor allem die großen NGOs, sind themenmäßig und politisch links der Mitte angesiedelt. Woher kommt das Ihrer Meinung nach?
Unterberger: Das ist sicherlich auch zum Teil auf die bürgerliche Trägheit zurückzuführen, dass die bürgerlichen Menschen mit den staatlichen Strukturen mehr oder weniger im Reinen sind. Sie denken, diese Strukturen funktionieren, während aktivistisch denkende Menschen über NGO-Strukturen arbeiten. Dort arbeiten andererseits auch durchaus humanitär organisierte Menschen. Um eine NGO zu nennen: Bei „Ärzte ohne Grenzen“ arbeiten sicherlich viele aus echtem humanitären Interesse, aus echter Nächstenliebe. Aber in der Zwischenzeit ist diese NGO eine extrem politische Agitationsplattform geworden, die insbesondere im Migrationssektor aktiv ist, wie etliche andere Organisationen auch, die dort in sehr negativem Sinne Agitation für noch mehr illegale Migration nach Europa betreiben.
Ein anderer Faktor, warum NGOs vor allem auf der linken Seite blühen, ist die Tatsache, dass etwa konservative oder bürgerliche Organisationen wie beispielsweise der CV (Österreichische Cartellverband), der behauptet, er sei die größte Studentenorganisation, von den Medien total totgeschwiegen werden. Der CVer hat ein negatives Image, während ein NGO-Aktivist von den Medien a priori als etwas Gutes angesehen wird. Das ist natürlich ein ganz wildes Wechselspiel zwischen den linksorientierten Medien, wo weit links der Mitte stehende Journalisten eine scheinbar unabhängige Bestätigung ihrer eigenen Auffassungen und Meinungen von solchen NGO-„Experten“ holen. Das ist ein Ping-Pong-Spiel zwischen linken Mainstreamjournalisten und den NGOs, das perfekt funktioniert. Die Journalisten bekommen die Bestätigung ihrer Auffassungen und die NGOs Gratis-Propaganda, die beim Spendenaufkommen hilft, wobei sich das Spendenaufkommen durch echte Spenden sehr in Grenzen hält. Das Allermeiste ist ja budgetäres Spendenaufkommen, also aus Steuermitteln.
Die Meinungsfreiheit und die Vereinigungsfreiheit sind verfassungsrechtlich geschützt und das soll auch so bleiben. Sie haben aber Gefahren für die Demokratie geschildert, die von den NGOs und dem NGO-Wildwuchs ausgehen. Was könnte man Ihrer Meinung nach unternehmen, damit dieser Wildwuchs und diese Entwicklung gestoppt werden können?
Unterberger: Meiner Meinung nach kann das nur über den Geldfluss gehen. Es darf auch nur über den Geldfluss gehen, denn ich bin ein radikaler Anhänger der Meinungsfreiheit – alles, was nicht direkt oder indirekt mit Gewalt- oder Putschintentionen zu tun hat, soll in deren Rahmen möglich sein.
Aber sobald auch nur ein Cent oder ein Euro – heute sind es aber sehr, sehr viele, in Summe Milliarden Euro – in solche Vereine fließen, braucht es eine viel, viel stärkere Kontrolle, und in vielen Bereichen, wo diese Kontrolle und Transparenz nicht gegeben ist, braucht es ein striktes Verbot der Budgetfinanzierung von solchen NGOs.
Hier müsste eine totale Kontrolle stattfinden, das würde die NGOs einerseits zwingen, sich wirklich nur durch Spenden zu finanzieren und würde andererseits eine viel, viel größere Transparenz herstellen.
Das Gespräch führte Bernhard Tomaschitz.
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