Emirate sind Nutznießer der Sanktionen
„In Dubai gibt es einen alten Spruch: Wenn es der Region gut geht, geht es uns gut. Aber wenn es eine Krise gibt, dann geht es uns wirklich gut.“ So beschreibt Chirag Shah, der ehemalige Chefstratege des Dubai International Financial Centre, der ebenso luxuriösen wie technisch perfekten Finanz-Freihandelszone im Herzen des Emirats, die aktuelle Stimmung in den Scheichtümern am Persischen Golf.
Denn seitdem die EU, die USA und Großbritannien zur allgemeinen Jagd auf russisches Vermögen, vermeintliche Oligarchen und zunehmend sogar auch auf ganz normale Bürger mir russischer Ethnie geblasen hat, können sich Banker, Vermögensverwalter, Immobilienmakler und Wirtschaftsberater in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) vor Anfragen russischer Klienten kaum noch retten. Trotz starkem politischem Druck aus dem Western haben sich die VAE nämlich geweigert, der UN-Resolution gegen Russland zuzustimmen oder die US- und EU-Sanktionregeln gegen russische Firmen und Personen zu übernehmen.
Schon seit langem erfreuten sich die VAE, eine Föderation von sieben öl- und gasreichen Emiraten mit eben Dubai als wirtschaftichem Machtzentrum, der Gunst von Geschäftsleuten und Touristen aus Russland, und ebenso aus der Ukraine. Die Herkunft von Geldmitteln wurde von Dubais Banken und Treuhändern recht großzügig geprüft; solange der Investor nicht gerade von Interpol gesucht wurde, war alles ok.
Auch jetzt, trotz Ukraine-Krise und SWIFT-Sperre, strömen russische Touristen an die sonnigen Golfstrände. Nach wie vor verkehren 6 Flugpaare täglich zwischen Dubai und Moskau, mit Emirates und FlyDubai, und weitere nach Kazan, St.Petersburg und Ufa. Bezahlen ist kein Problem, die russische MIR-Kreditkarte wird seit letztem Jahr vielerorts akzeptiert, und die chinesische UniPay, welche die Sberbank jetzt an ihre Kunden ausgibt, ist in Dubai so präsent wie bei uns Mastercard und Visa.
Immobilienmakler in Dubai berichten jetzt einen Anstieg von Anfragen russischer Kunden um 40% bezüglich des Kaufs von Immobilien, und gar einer Verdoppelung bei Anträgen auf Daueraufenthaltsbewilligungen. Denn ein „Golden Visa“ erhält zuverlässig jeder, der in Dubai eine Immobilie für wenigstens 5 Mio. Dirhams, etwa 1,2 Mio. Euro, erwirbt. Dafür gibt es zwar keine Villa am Strand von Palm Jumeirah, da wo Roman Abramovich und seine Londoner Freunde jetzt dem Vernehmen nach etwas suchen. Aber für ein 200-m²-Luxusapartment mit unverbaubarem Meerblick, Pool und Concierge-Service reicht es allemal. Verglichen mit Wien ein wahres Schnäppchen.
Aber auch als steuersparendes Domizil für Holdinggesellschaften und Handelsfirmen rückt Dubai nun verstärkt in den Focus der Russen. Denn Dubai verfolgt sein langem die Strategie, zum beherrschenden Finanz- und Handelszentrum des arabisch-asiatischen Wirtschaftsraums zu werden und pflegt dazu beste Kontakte nach Indien, den asiatischen „Tiger-Staaten“ wie Malaysia, Indonesien und Vietnam, und verstärkt auch China.
Die Gründung einer Firma geht schnell und unkompliziert, es gibt keine Kapitalverkehrskontrollen und in den Freihandelszonen wie z.B. dem besagten Dubai International Financial Centre oder auch der Dubai Internet City für IT- und Softwarefirmen Steuerfreiheit für bis zu 40 Jahre. Zudem gilt in diesen Zonen angelsächsisches Handelsrecht mit einer eigenen Gerichtsbarkeit; die Scharia oder andere islamische Regeln finden keine Anwendung. Auch Großkonzerne wie Microsoft, IBM oder Goldman Sachs haben die Vorteile schon entdeckt und sich hier angesiedelt.
Und die Russen düften nun zuhauf folgen. Zumal auch das benachbarte Katar mit einem eigenen Freihandelsangebot, speziell für russische Firmen zugeschnitten, jetzt nachzieht.
Österreich, bisher Nutznießer von rund 21 Milliarden Euros russischer Direktinvestitionen, kann da schon mal leise Servus sagen. Denn die Sberbank, die bisher von Wien ihr gesamtes Geschäft in Europa, Nahost und Afrika abwickelte, hat sich schon verabschiedet. Lukoil, Gazprom und andere dürften bald folgen. Denn der zukunftsträchtige Eurasische Wirtschaftsblock lässt sich von Dubai aus viel besser bedienen, und am Image Österreichs als neutraler „Safe Haven“-Standort ist seit dem 26. Februar der Lack ab.