Autor: U.K. Bild: Screenshot „Der Spiegel“ Lizenz: –
Bildauswahl will Lesern russische Sabotage suggerieren
„Putins Überfall kostet die Weltwirtschaft 1600 Milliarden Dollar“, so titelte Spiegel Online, die Internet-Ausgabe des deutschen Nachrichten-Magazins „Der Spiegel“, am 21. Februar vormittags in seiner Top-Story an vorderster Stelle. Direkt unter der fettgedruckten Schlagzeile, als sogenanntes „Teaser-Image“, ein Foto, das jedem tagespolitisch interessierten Leser sogleich bekannt sein dürfte: Methangas-Strudel, die aus der gesprengten russischen Nord Stream 2 Pipeline austreten, aufgenommen von einem Flugzeug der schwedischen Küstenwache Kustbevakningen am 22. September letzten Jahres.
Ein Teaser-Image, zu Deutsch „Reiz-Bild“, soll im Online-Journalismus dem Leser den Hauptinhalt des dahinterliegenden Artikel visualisieren und, für werbefinanzierte Medien wie Spiegel Online besonders wichtig, ihn zum Anklicken des Artikellinks und der damit verbundenden Inserate veranlassen.
Und durch die Kombination von Schlagzeile und Schadensbild wird dem Leser bei erster Betrachtung intuitiv suggeriert, dass Putin selber seine beiden wichtigsten Gasleitungen in Westen in die Luft gesprengt hätte. Ein mittlerweile überholte Behauptung, die aber fest im deutschen Mainstream-Narrativ verankert ist.
Zwar findet sich im eigentlichen Artikeltext (Original siehe hier) kein einziges Wort über Nord Stream. Und in der Bildunterschrift, die allerdings auf der Hauptseite nicht angezeigt wird, steht in lichtgrauer, schwerlesbarer Kleinstschrift, dass die Pipeline „von Unbekannten gesprengt wurde“.
Egal, der erste Eindruck bleibt haften, ohne dass explizit eine textliche Aussage gemacht werden musste, wegen derer man womöglich später vor den Presserat gezerrt werden könnte. Eine Technik, die als „Framing“ bezeichnet und speziell im deutschen Öffentlich-Rechtlichen Fernsehen gerne angewandt wird. Die ARD hatte seinerzeit sogar extra ein „Framing-Handbuch“ bei der Sprachwissenschaftlerin Elisabeth Wehling dafür in Auftrag gegeben. „Komplexe Informationen werden dadurch selektiert und strukturiert aufbereitet, sodass eine bestimmte Problemdefinition, Ursachenzuschreibung, moralische Bewertung und/oder Handlungsempfehlung im Sinne des Framing-Erstellers in der jeweiligen Thematik betont wird.“, so beschreibt Wikipedia diese perfide Methode.
Auch die behaupteten 1600 Milliarden Dollar Wirtschafts-Schaden, die der böse Putin verursacht haben soll, sind Framing vom Feinsten. In der vom Spiegel, über drei Ecken, zitierten Studie des Kölner Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), werden nämlich auch die Eigenschäden der westlichen Russland-Sanktionen mitgezählt, die uns selber bekanntlich mehr treffen als den „Feind“ in Moskau…
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