„Unser europäisches Erbe verteidigen“

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Europaabgeordneter Ernö Schaller-Baross (Fidesz) im ZZ-Gespräch

Ihre Partei hat die Deklaration für die Zukunft Europas mitunterzeichnet. Welche Bedeutung messen Sie dieser Deklaration bei?
Ernö Schaller-Baross: Wie auch schon die Frage andeutet, die primäre Bedeutung dieses Dokuments besteht darin, eine gemeinsame Grundlage für den Beitrag der unterzeichnenden Parteien zur Diskussion über die Zukunft Europas darzustellen. Im Europäischen Parlament wird an der Zusammenarbeit der konservativen, christlich-demokratischen, bürgerlichen und patriotischen Parteien und Abgeordneten gearbeitet. Die Deklaration vom 2. Juli setzt das Thema der nationalen Souveränität in den Mittelpunkt. Dadurch wollen die unterzeichnenden Parteien einmal mehr bekräftigen, dass das gemeinsame Europa von morgen nur durch die im Dokument stehende Werten wie Freiheit, nationale Selbstbestimmung, die tief verwurzelten Traditionen der europäischen Völker und die Familie als Grundlage der Gesellschaft verwirklicht werden kann.

Ernö Schaller-Baross ist Abgeordneter zum Europäischen Parlament (Bild: Fidesz)

Könnte diese Deklaration den Auftakt bilden für die Gründung einer großen rechten Fraktion, vielleicht nach der nächsten EU-Wahl 2024?
Schaller-Baross: Wir sehen, dass die europäische Politik die Prozesse beim Entstehen einer konservativen Allianz mit äußerst großer Aufmerksamkeit verfolgt. Wir müssen die guten Beziehungen zu den Abgeordneten und politischen Würdenträgern in der Europäischen Volkspartei, die den christlich-konservativen Werten weiter treu bleiben, aufrechterhalten. Die Abgeordneten der Fidesz üben ihr Mandat zur Zeit fraktionslos aus, aber die Größe unserer Delegation sowie die starke, demokratische Legitimation der ungarischen Regierungsparteien bedeutet für uns eine starke Basis, um Verhandlungen über die gemeinsame Zukunft auf der Grundlage unserer Prinzipien zu führen.
Wir haben sehr gute und sich ständig entwickelnde Beziehungen zu den europäischen, konservativen Kräften und zu ihren Abgeordneten im Europaparlament wie die Delegation der Freiheitlichen Partei Österreichs, und ich freue mich besonders, dass die patriotisch-konservative Seite einen Gegenpol zu dem linksliberalen Flügel der EVP bilden will, der seine Bündnispartner ausschließlich im linken Spektrum des Parlaments sucht. Übrigens, in der parlamentarischen Versammlung des Europarates sind wir der konservativen Fraktion auf eine Einladung unserer britischen und polnischen Freunde beigetreten, was uns auch als Vorsitzender im Ministerkomitee des Europarates in diesem Halbjahr Tatkraft gibt.

Die patriotische Seite will einen Gegenpol zum links­liberalen EVP-Flügel bilden.

Wie schätzen Sie die Zusammenarbeit der patriotischen Parteien im Europaparlament ein?
Schaller-Baross: Die konservative Seite Europas wird trotz mancher Meinungsverschiedenheiten immer wieder durch die Verteidigung der Nationalstaaten und der traditionellen Werte, wie z. B. die Familie als Grundlage einer Gesellschaft und die Besinnung auf unsere jüdisch-christlichen Werte vereint. Wir müssen gemeinsam im Namen einer stillen Mehrheit der Europäerinnen und Europäer auf dem Boden der bürgerlichen Tugenden sprechen.

Das Kindesschutzgesetz gehört eindeutig in die Kompetenz Ungarns.

Zuletzt wurde Ungarn wegen der Novelle des Kindesschutzgesetzes von der EU heftig kritisiert, und auch in der Migrationspolitik gibt es Konfliktstoff zwischen Budapest und Brüssel. Warum gelangen die Beziehungen zwischen der EU und Budapest von einem Tiefpunkt zum nächsten?
Schaller-Baross: Die europäischen Linksliberalen versuchen, Druck auf Ungarn und die Nationalstaaten auszuüben. Wir sehen auch immer öfter Beispiele dafür, dass sich die EU-Institutionen nicht an die Verträge halten und sich in die inneren Angelegenheiten sowie das politische Leben der Mitgliedstaaten einmischen wollen. Wir stehen für mehr Toleranz und Achtung der nationalen Zuständigkeiten, die in den Verträgen garantiert werden. Das in der Frage angesprochene Gesetz gehört eindeutig in die Kompetenz des ungarischen Parlaments. Brüssel redet dagegen von Kompromissen, die durch schleichende Kompetenzerweiterung zur Geltung gebracht werden. In den nächsten zwanzig Jahren werden die Konflikte in der Europapolitik demgemäß über die Frage der Kompetenzen der einzelnen europäischen Institutionen ausgetragen. Dabei muss betont werden, dass die EU-Kommission die Hüterin der Verträge und keine Regierung, aber sicherlich keine politische Kommission ist, und dies birgt Konfliktpotential. Wenn die EU die andauernden Konflikte meiden will, müssen wir gemeinsam zum Prinzip „In Vielfalt geeint“ zurückkehren und wieder Respekt auf der gleichen Augenhöhe gegenüber allen durch Wählerzustimmung und demokratischer Legitimation verstärkten Meinungen zeigen.

Das Gespräch führte Bernhard Tomaschitz.

[Autor: Bild: PxHere Lizenz: -]

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