Wer noch mal Heizöl braucht, sollte schnell nachtanken

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Autor: U.K. Bild: tasukaran auf Pixabay Lizenz: –


Nächste EU-Sanktionen dürften neuen Preissprung bei Diesel und Heizöl auslösen

Denn am 5. Februar zündet die nächste Knieschuss-Stufe der EU-Russland-Sanktionen, ein Importverbot für Erdöl-Destillate aus der Russischen Föderation. Und die betrifft vor allem Diesel und das technisch praktisch idente Heizöl. Beides Produkte, die bislang in großem Stil aus Putins Reich in die EU importiert wurden und gerade jetzt im Hochwinter intensiv nachgefragt werden.

Dies wird nach Einschätzungen von Rohstoffhändlern wie auch der Internationalen Energieagentur (IEA) dazu führen, dass durch die EU-Verbote für die Importe von Öl- und Ölprodukten aus Russland die Dieselpreise bei uns weiter steigen werden. Denn Russland ist nicht nur ein wichtiger Rohöl-Lieferant, sondern lieferte bisher auch rund 40% aller Diesel-Raffinate in die Europäische Union. Ab dem 5. Februar muss nun diese gigantische Menge von Drittlieferanten am Weltmarkt beschafft werden, denn die eigenen Raffineriekapazitäten in Europa reichen bei weitem nicht aus, um diesen Mangel zu kompensieren.

Deshalb füllen derzeit die Händler jeden nur irgendwie verfügbaren Tank in der ARA-Hafenregion (Amsterdam-Rotterdam-Antwerpen), wo die meisten Lagerkapazitäten für Zentraleuropa liegen, um für eventuelle Engpässe gewappnet zu sein und natürlich von den zu erwartenden Preissteigerungen zu profitieren. Aktuell liegen die Einfuhrmengen auf Höchststand, allein im November sind sie gegenüber dem Vormonat um 126% gestiegen.

Damit wird am 5. Februar abrupt Schluss sein, und dann muss die EU schauen, woher sie den Lieferausfall von 500.000 bis 600.000 Barrel, oder anders gesagt rund 100 Millionen Liter, pro Tag kompensieren kann. Dass hier die Preise erneut steigen dürften, sollte auch für Nicht-Fachleute einsichtig sein. Zumal wegen der Gaspreisexplosion aktuell auch viele Industriebetriebe ihre Wärmeproduktion wieder von Erdgas zurück auf leichtes Heizöl umgestellt hatten, durchaus auf Empfehlung der grünen Energieminister*Ininnen.

Rosneft-Hauptquartier im Palais Bakhrushin: Hier wird man sich bald über Extra-Gewinne freuen (BIld: Wikipedia/NVO/CC BY 3.0).

Alternative Quellen gibt es freilich am Weltmarkt, und die freuen sich schon auf zusätzliche, kräftige Profite. Raffinerien am Persischen Golf, in China und vor allem in Indien stehen bereit, diese Lücke zu schließen und sich dabei ein goldene Nase zu verdienen. Nach Berechnungen der Consulting-Firma WoodMac dürfte die Gewinnspanne pro Barrel Diesel für Lieferungen nach Europa im ersten Halbjahr ’23 bei rund 38 US-Dollar pro Barrel liegen, mehr als das Doppelte des bisherigen Durchschnittswertes.

Besonders die Hände reiben werden sich die indischen Großraffinerien des Reliance-Konzerns und der Nayara Energy Ltd., beide in Mumbai ansässig. Da Indien sich nicht um westliche Sanktionen schert, kaufen sie seit letztem Frühjahr billig sanktioniertes russisches Rohöl ein und verkaufen die Diesel- und Benzin-Destillate mit Riesen-Profit und teuer an europäische Abnehmer, ganz offiziell als indisches Endprodukt. Seit Beginn der EU-Sanktionen ist der Import russischen Erdöls nach Indien um mehr als das Zehnfache gestiegen, und ein wachsender Teil dieses Geschäfts wird mittlerweile ausserhalb des Dollar-Zahlungsraums abgewickelt, in Rubeln oder Rupien.

Während bei Reliance die Gewinne vor allem in den Taschen der indischen Multimilliardärsfamilie Ambani landen, lacht man sich bei Nayara vor allem in Moskau ins Fäustchen. Denn die Hälfte der Anteile an Nayara gehört direkt der russischen Rosneft OAO, die andere Hälfte einem Konsortium aus dem Schweizer Rohstoffhändler Trafigura und der, wiederum russischen, Investmentfirma UCP. Mit Aleksandr Anatolyevich Romanov (Vize-Präsident Rosneft), Alexey Lizunov (Rosneft Head of Structured Finance) und Andrey Bogatenkov (Rosneft Rohöl-Verkauf) sitzen gleich drei russische Top-Manager im Nayara-Aufsichtsrat und kontrollieren dort die Geschicke der Firma.

Da weiss man nicht, was in der Rosneft-Zentrale im klassizistischen Prunkpalais Bakhrushin am Ufer der Moskwa mehr Zeit in Anspruch nimmt: Das Totlachen über die Sanktions-Dummheit der Europäer, die Russland im letzten Jahr zu historischen Rekordeinnahmen beim Öl- und Gasexport verholfen hat. Oder das Öffnen der Vodka-Flaschen, um die neuen Zusatzgewinne zu feiern.

Um den Absatz des bisher nach Europa gelieferten Diesels braucht sich Russland keine Sorgen machen. Abnehmer in Afrika, Südostasien und Südamerika, vor allem Kuba und Ecuador, freuen sich schon.

Die Hände reiben können sich auch russische, chinesische und griechische Reedereien. Die ersten beiden, weil sie mit sanktionsegalen Tankern das Russenöl vom ostsibirischen Sachalin nach Indien und China schippern. Und die Griechen, weil sie das „indische“ Dieselprodukt dann von Indien durch den Suezkanal nach Europa verfrachten. Natürlich verteuert das alles den Endpreis und ist auch alles andere als klimafreundlich, aber die EU hat ja keine andere Wahl. Und ausserdem ist es ja für einen guten Zweck, was tut man nicht alles für die Ukraine.

Den Bürgern hierzulande, so sie einen Diesel fahren oder mit Heizöl heizen, kann man nur raten, es den Rohstoff-Profis in Rotterdam gleichzutun: Schnell noch mal Volltanken, soviel wie nur reingeht.

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