„Wir sind dabei, das Geflecht der schwarzen Krake zu entwirren“

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Autor: Bild: Parlamentsdirektion / Johannes Zinner Lizenz: –


FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker über die Arbeit des ÖVP-Korruptions-U-Ausschusses, erste Erkenntnisse, die WKStA und zu durchforstende Aktenberge

Warum hat sich denn dieser Untersuchungsausschuss in Sachen ÖVP überhaupt ergeben, wo liegen die Gründe dafür?
Christian Hafenecker: Es geht um nichts weniger als die „feindliche Übernahme“ des Staates und seiner Institutionen inklusive der Verwaltung durch die ÖVP und ihre Netzwerke. Ziel, die Ressourcen und letztendlich Steuerzahlergelder übervorteilt für die ÖVP einzusetzen und abzuziehen. Geschehen durch eine jahrelange Kontrolle der zentralen Schaltstellen der Republik, wie Innenministerium, Finanzministerium und Justizministerium.

Christian ­Hafenecker ist FPÖ-Fraktionsführer im ÖVP-Korruptionsuntersuchungsausschuss (Bild: Parlamentsdirektion / PHOTO SIMONIS).

Welche Erkenntnisse konnte man bis dato gewinnen?
Hafenecker: Nur um die Allerwichtigsten zu nennen: Wir wissen von Übervorteilung bei Ausschreibungen und Postenbesetzungen, ich denke da auch Frau Marek, die nur zu dem Zwecke, eine andere Kandidatin zu verhindern, installiert wurde, oder erst ganz kürzlich das Aufkommen der verdeckten Parteienfinanzierung über ÖVP-nahe Vereine, Magazine, ganz aktuell In Vorarlberg oder an die Beeinflussung von Justizermittlungen, Geheimnisverrat, Informationsweitergabe oder, oder, oder. Der Abschlussbericht wird sicher sehr umfassend.

Welche Erkenntnisse erwartet man sich überhaupt?
Hafenecker: Wir sind gerade dabei zu entwirren, wie sich das Geflecht der schwarze Krake über die Republik gespannt hat. Und da trau‘ ich mir zu orakeln, dass wir noch lange nicht alles gesehen haben, mit welchen schmutzigen Tricks die ÖVP hier zu Werke ging.

Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit den anderen Oppositionsparteien?
Hafenecker: Eigentlich recht gut und sehr professionell. Natürlich hat jeder seine eigenen Schwerpunkte, aber allen ist gemein, dass man umfassend erfahren will, was die ÖVP da alles getrieben hat – auf Kosten der Republik und damit der Staatsbürger.

Wie schätzt man die Rolle der WKStA ein?
Hafenecker: Die WKStA nimmt natürlich als befasste Behörde ganz grundsätzlich eine wichtige Rolle ein und trägt zur Aufklärung also schon per se bei. Die ÖVP lässt aber nichts unversucht, um die Glaubwürdigkeit der WKStA zu untergraben und sie anzupatzen. Ich denke, das ist schon ein fragwürdiges Verhalten, wenngleich ich der Meinung bin, dass wir uns über eine (partei-)politisch tatsächlich unabhängige Justiz ohnehin noch zu unterhalten haben.

Gibt es diesmal wieder Probleme mit Aktenlieferungen? Und wie umfangreich sind die Akten, wie kann man die große Menge überhaupt durchforsten?
Hafenecker: Es ist schon spürbar besser geworden. Aber das eigentliche Problem sind die Datenmengen, es gibt ja wortwörtliche Aktenberge, die wir hier durchzuackern haben. Das ist das sprichwörtliche Bohren dicker Bretter. Man braucht eben Geduld und den politischen Instinkt, überhaupt zu wissen, wonach man sucht. Zum Glück haben wir mit Susanne Fürst und Christian Ries, die mit mir die Fraktion bilden, hier echte Experten.

Könnte die ÖVP die parlamentarische Untersuchung wieder abdrehen?
Hafenecker: Nein. Es ginge ausschließlich über Neuwahlen. Die ÖVP versucht aber auf jeden Fall den Untersuchungsausschuss schlecht zu reden und: verschleppen, verzögern, verschleiern. Dafür steht mittlerweile das ‚V‘ in ÖVP.

Welche politischen Konsequenzen könnte man aus dem Untersuchungsausschuss ziehen?
Hafenecker: Unbedingte Macht wird, wenn man sie einmal erlangt hat wie in Teilbereichen die ÖVP, auch angewandt – damit muss Schluss sein. Wir brauchen eine Stärkung der parlamentarischen Kontrolle auf allen Ebenen. Das ist überhaupt eine wichtige Erkenntnis aus diesem Untersuchungsausschuss: Egal, wer in Zukunft versuchen wird, diee Machenschaften zu wiederholen, muss damit rechnen erwischt zu werden. Schön langsam werden wir ja in Sachen Aufklärung zu echten Profis (lacht).

Seit der Reform der Untersuchungsausschüsse im Hohen Haus sind schon einige Jahre vergangen – ist man mit der derzeitigen Ausgestaltung zufrieden oder gibt es Verbesserungsbedarf?
Hafenecker: Die Rolle der Verfahrensrichter, die aus meiner Sicht eine zu beherrschende Stellung einnehmen – Stichwort Zulässigkeit von Fragen – muss überdacht werden. Schließlich ist das kein richterliches Verfahren, sondern ein parlamentarisches Kontrollinstrument. Eine Live-Übertragung im ORF wird von der ÖVP immer noch blockiert. Die Möglichkeit, sich selbst ein Bild zu machen, wäre natürlich schon sehr wünschenswert. Ich meine vor allem Spitzenpolitiker, die vor laufender Kamera vermutlich nicht 86-Mal „ich kann mich nicht erinnern“ sagen würden. Und auch den Vorsitz müssen wir anders regeln. Es kann einfach nicht sein, dass ein Vorsitzender gleichzeitig Beschuldigter ist, wie gegenwärtig Wolfgang Sobotka. Ein tauglicher Vorschlag wäre, dass der Vorsitz wieder aus den Reihen der Abgeordneten gewählt wird – und natürlich auch wieder abgewählt werden kann.

Das Gespräch führte F.-W. Moewe.

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