Über die vielversprechende Denkfabrik R21

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Autor: E.K.-L. Bild: Screenshot “Republik21 e.V.” Lizenz: –


Contra Wokeness: Beginn einer bürgerlichen Gegenoffensive?

Während der politisch-korrekte Furor mit Wokeness, Genderwahn, Cancel Culture und cultural appropriation (kulturelle Aneignung; so darf etwa ein Kärntner keinen Steirerhut tragen) seinen Höhepunkt und damit die Phase vor dem Niedergang erreicht, formiert sich nun – höchste Eisenbahn! – eine bürgerliche Gegenbewegung.

Am Nachmittag des vergangenen Montags (7. November) ist Berlin Schauplatz der Auftaktveranstaltung der Denkfabrik Republik 21 (kurz: Denkfabrik R21) unter dem Titel „Wokes Deutschland – Identitätspolitik als Bedrohung unserer Freiheit?“ Kernthese der darin versammelten Kulturkämpfer der Mitte ist: Die offene und freie Gesellschaft muss gegen Identitäre von links und rechts geschützt werden. Wobei die woke Linke die ungleich größere Bedrohung darstelle. Nebenbei: In den inseratengemästeten Systemmedien ist von der Veranstaltung kaum ein Wort zu lesen, bloß die ultralinke Berliner taz (Tageszeitung) berichtet darüber und insinuiert stellenweise eine Nähe zur AfD.

Leiter der Denkfabrik ist der Mainzer Historiker Andreas Rödder. Er diagnostiziert: „Längst hat ein Kulturkampf begonnen, der die demokratische Mitte in die Zange nimmt.“  Seine Fachkollegin Sandra Kostner von der Fachhochschule Schwäbisch-Gmünd verweist auf die Gefahr für die Universitäten. So habe die Deutsche Forschungsgemeinschaft, eine zentrale Institution für den Wissenschaftsbetrieb, im Sommer festgelegt, dass Anträge auf Förderung künftig einer Vielzahl an wissenschaftsfremden Kriterien wie Geschlecht und sexueller Orientierung genügen müssen. Leiser Verdacht: Ein älterer männlicher Europäer wird ungeachtet seiner Qualifikation und der Wichtigkeit seines Vorhabens gegen eine, sagen wir, junge lesbische Afro-Deutsche mutmaßlich den Kürzeren ziehen. Stichwort positive Diskriminierung.

Die bürgerliche Gesellschaft habe, so die Frankfurter Ethnologin Susanne Schröter, im Laufe des 19. und frühen 20. Jahrhunderts die Ständegesellschaft schrittweise abgelöst, dies mit dem Versprechen, in Hinkunft werde die Leistung des Einzelnen seinen Platz in der Gesellschaft bestimmen und nicht die Zugehörigkeit zu einer sozialen Schicht, ethnischen Gruppe oder Geschlecht. Heute werde dieses hart erkämpfte individuelle Recht im Namen einer sogenannten Identitätspolitik durch Kollektivrechte ersetzt. Dies stets auf Kosten der Mehrheitsgesellschaft, die strukturell rassistisch sei, was immer das auch bedeuten möge.

Auch der Journalismus, so die ehemalige „Bild“-Redakteurin Judith Basad, tanze zunehmend nach der Pfeife der Identitätspolitik; man will halt immer auf der Seite der Guten sein und fürchtet die Isolierung durch die Kollegenschaft. Die Woke-Bewegung habe die Mainstreammedien gekapert und „eine Tyrannei“ errichtet.

Einen weiteren Aspekt beleuchtet der NZZ-Mitarbeiter Alexander Kissler. Er fragt, weswegen sich Unternehmen dem Diktat der woken Ideologie unterwerfen (Beispiele liefern Werbeeinschaltungen, bei der stets Dunkelhäutige präsent sind), obwohl offensichtliche viele Kunden damit unzufrieden sind. Seine Annahme: Unternehmen könnten durch die Übernahme identitätspolitischer Forderungen – hier: bei jeder Reklame müsse die angebliche Diversität der Gesellschaft sichtbar gemacht werden – ihren moralischen Marktwert erhöhen, ohne dass sie das einen Cent koste.

Der Denkfabrik ist sich der Übermacht von identitären Linken, angepassten Journalisten und sich brav duckenden Unternehmen wohl bewusst. Die bürgerlichen Kräfte, so die FDP-Bundestagsabgeordnete Linda Teuteberg, müssten daher Mut zur Ideologie haben, denn wer keine Glaubenssätze hat, wird zum Getriebenen deren, die welche haben.

An Zuversicht mangelt es den Köpfen der Denkfabrik mitnichten. So meint der ARD-Kabarettist Dieter Nuhr, für die Guten eine Art Gottseibeiuns des politisch unkorrekten Humors, der Höhepunkt der Woke-Bewegung sei bereits überschritten. Sein Wort in Gottes Ohr!

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