Brennende „Notre Dame“ als abendländisches Sinnbild?

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Der Brand der Kathedrale Notre Dame des Paris ist gelöscht. Spitzturm und Dach überstanden leider nicht das Feuer. Die beiden Haupttürme, die Struktur und zahlreiche Kunstschätze konnten durch ebenso beherzten wie mutigen Einsatz der Pariser Feuerwehr gerettet werden. Nun ist eine Spendenflut in bisheriger Höhe von 750 Millionen Euro angelaufen. Das Land steht offiziell geeint. Präsident Macron verspricht einen Wiederaufbau innerhalb von fünf Jahren. Beileidskundgebungen kommen aus der gesamten Welt.

Trotz Bestürzung, Trauer, Anteilnahme sowie gesundem Trotz und Willen zum Wiederaufbau dürfen kritische Fragen und Anmerkungen nicht unerwähnt bleiben. Bei einem Blick auf die Schlagzeilen und Meldungen der vergangenen Tage bekommt der Abendländer, wie es der Schriftsteller Michel Houellebecq formulierte, gepaart mit der Betrachtung der Pressebilder des brennenden französischen Nationalheiligtums ein gelinde gesagt mulmiges Gefühl.

Die deutsche Feuerwehr beklagt die Unbesetzung von 3.000 Planstellen. Es mangelt nicht an Bewerbern, jedoch mangelt es an Bewerbern, welche den Tauglichkeitserfordernissen genügen. Ähnliche Meldungen erhält man von Polizei, Militär, Justizwache europaweit.

Die französische Feuerwehr meldet eine zehnprozentige Unterbesetzung, Dauerbelastung sowie Überstunden. Bei der französischen Polizei führt die Überbelastung bereits zu einer ungeheuerlich, erschütternden Suizidrate. In Großbritannien warnen Abgeordnete vor der Dauerbaustelle Westminster Palace. Stromleitungen hängen vom Dach des Kellers neben Heizungs- und Gasrohren.

Deutsche Schulen haben einen Sanierungsbedarf von 50 Milliarden Euro angehäuft. Die Flugbereitschaft der Bundeswehr muss über eine Milliarde Euro in Neubeschaffungen investieren nach einem Beinaheabsturz sowie zig peinlicher Pannen bei Minister- und Kanzlerflügen.

In den Kärntner Kasernen fehlen 300 Millionen Euro zur Nachrüstung, da andernfalls nicht einmal mehr der Katastrophenschutz gewährleistet ist.

Kirchen in Deutschland und Frankreich werden hundertfach geschändet, welches die Frage nach Brandstiftung nicht sensationslüstern bzw. verschwörerisch erscheinen lässt. Lediglich die Art und Weise, wie man mit dieser Frage umgeht.

Algerien und Sudan erleben einen Umbruch, wo sich nicht abzeichnet ob dieser so enden könnte wie der „Arabische Frühling“ 2011 oder die Stabilität noch einmal obsiegt. In Libyen ist der Bürgerkrieg neu entfacht. Alles andere als günstige Umstände um Fluchtmigranten in Kooperation mit nordafrikanischen Regierungen fernzuhalten.

Die ältere Dame Europa wird metaphorisch repräsentiert durch Notre Dame. Eine Vielfronten-Herausforderung, deren generelle Sanierung einen gewaltigen Kraftakt erfordern würde. Die Wiederrichtung von Notre Dame scheint möglich, wenn vielleicht auch nicht in fünf Jahren.

Im Hinblick auf die übrigen Brandherde, Demographie, Rückgang der Bevölkerungsgruppe aus der das Personal für die sprichwörtlichen Schutzmauern rekrutiert werden kann, Investitionsversäumnisse, gescheiterte Integration etc. ist gesunder Skeptizismus angesagt, trotz gesundem Trotz.

[Autor: G.B. Bild:  www.wikipedia.org/Waterced Lizenz: CC-BY-SA-4.0]

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