Wenn Bürgermeister ihre Position ausnützen und sich beim Impfen vordrängen, sollten sie schon aus Fairness oder ethischen Gründen zurücktreten, sagen die Einen. Bürgermeister haben aber die Pflicht, sich um ihre Gemeinde zu kümmern und Kontakt zu den Bürgern der Gemeinde in vielfacher Hinsicht zu pflegen. Beide Argumente sind, objektiv betrachtet, gerechtfertigt. Was aber zählt, ist die Meinung der Mehrheit. Genauso verhält es sich mit der Impfung. Die Einen befürworten den Stich, um sich zu schützen, die anderen verweigern ihn, um sich ebenfalls zu schützen. Und zwar vor eventuell auftretenden Folgeschäden, da die Entwicklungszeit der Impfstoffe zu kurz war, um Langzeitwirkungen oder Auswirkungen zu testen. Es sterben Menschen, die nicht geimpft wurden, aber auch Menschen, die geimpft wurden. Sowohl die Argumente der Impfbefürworter als auch jene der Impfgegner sind gerechtfertigt. Was zählt, ist aber die Meinung der Mehrheit, die nicht die Toleranz aufbringt, die Meinung einer Minderheit zu akzeptieren.
Beim verordneten Tragen der FFP2-Schutzmasken verhält es sich ebenso. Die Einen, dazu gehören auch Wissenschaftler und Ärzte, tragen sie laut Vorschrift und Überzeugung, auch weil die Regierung es verordnet hat, die anderen, dazu gehören ebenfalls Wissenschaftler und Ärzte, äußern ihre Bedenken nach dem Lesen der Packungsbeilage der vornehmlich aus China stammenden Masken. Beide, Befürworter und Gegner, haben das Recht auf eine Meinung. Beide haben recht. Die Mehrheit jedoch nimmt sich das Recht heraus, mehr Rechte auf das Recht zum Bestimmen zu haben. Das gleiche gilt für die Sinnhaftigkeit, was das Schließen oder Öffnen der Schulen, das Schließen und Öffnen der Geschäfte und vieles mehr anbelangt. Fügt sich die Minderheit der Mehrheit nicht, so wird man zum Hetzer degradiert und sogar ins rechte Lager „verfrachtet“. Andere Meinungen als die der Mehrheit dürfen doch nicht zum Krebsschaden der Demokratie verkommen. Nur mit Toleranz und Vernunft auf beiden Seiten lässt sich ein gemeinsamer friedlicher Kampf gegen das Virus bewerkstelligen. Zudem gibt es in der Geschichte viele Beweise dafür, dass Gemeinsamkeit und Einigkeit den Gegner schwächen – wer auch immer das sein mag und wo er sich gerade aufhalten mag.
Manfred Tisal ist Kabarettist, Moderator, Autor und Journalist.
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