Hier ist nicht die Rede vom Gebet begeisterter junger Christen für Sebastian Kurz, geschehen in der Stadthalle zu Wien. Sondern vom Versuch einer Religionsgemeinschaft, die Besetzung staatlicher Gremien zu beeinflussen. Konkret: Darüber zu befinden, ob ein frei gewählter Volksvertreter in einer staatlichen Einrichtung tätig werden darf oder nicht.
Im Parlament existiert ein Nationalfonds für die Opfer des Nationalsozialismus. Der Fonds schüttet Steuergelder an NS-Opfer aus. Da selbige allmählich durch Tod abgehen, werden die Geldmittel – bisher 330 Millionen Euro – für Projekte verwendet. Zum Beispiel für ein Denkmal, das an die homosexuellen Opfer des Nationalsozialismus erinnert. Oder es wird einer „Arbeitsgemeinschaft der KZ-Verbände“ Spesenersatz geleistet für Fahrten zu diversen Gedenkveranstaltungen in Mauthausen oder Lackenbach im Burgenland. Das sind durchaus Unterfangen, deren Sinn kein vernünftiger Mensch in Zweifel zieht.
Im Kuratorium des Fonds sitzen die drei NR-Präsidenten sowie der Repräsentant der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG). Jüngst lässt sich die Dritte Präsidentin Anneliese Kitzmüller durch den Abgeordneten Martin Graf vertreten. Graf ist ein untadeliger Bürger, dem seinerzeit von der Mehrheit des Parlaments das ehrenvolle Amt des Dritten Präsidenten anvertraut worden ist. Doch die genannte IKG, die Vertretung der jüdischen Gemeinde, zeigt sich „entsetzt“ und versucht, die Teilnahme von Martin Graf im Fonds dadurch zu verhindern, dass sie ihr Mandat ruhend stellt. Handelt es sich hier um einen unterschwelligen Pressionsversuch? Um einen Verstoß gegen den Grundsatz der Trennung von Staat und Religion? Es scheint so. Hier gilt es den Anfängen zu wehren, den Rechtsstaat energisch zu verteidigen. Sonst landen wir in einem System wie im Iran, wo ein religiöser Wächterrat den demokratisch gewählten Amtsträgern übergeordnet ist.
[Autor: E. K.-L. Bild: www.wikipedia.org/Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres Lizenz: CC BY 2.0]