Chinas Yuan – Eine neue Weltwährung entsteht

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Autor: U.K. Bilder: moerschy from Pixabay Lizenz: –


Als Folge der US-Sanktionen steigt der Yuan-Anteil im internationalen Zahlungsverkehr unaufhaltsam an

Langsam, aber sicher wächst der Yuan, wie Chinas Währung Rénmínbì im Ausland genannt wird, zu einer ernstzunehmenden Alternative zum US-Dollar im internationalen Waren- und Rohstoffhandel heran. Auch dies eine direkte Folge der westlichen Sanktionen gegen Russland, bei denen der Dollar das wichtigste wirtschaftspolitische Kampfinstrument darstellt. Denn die Drohung, bei Zuwiderhandlung vom Dollar-basierten Zahlungsverkehr, der von den USA dominiert und auch weitgehend kontrolliert wird, ausgeschlossen zu werden oder gar den Zugriff auf seine Fremdwährungsreserven zu verlieren, hat viele Staaten, Banken und große Handelshäuser davon abgehalten, allzu offen gegen die US- und EU-Restriktionen aufzubegehren. Zumindest am Anfang.

Denn China hat die Verhängung der Wirtschaftssanktionen gegen Russland als historische Chance begriffen, seine eigene Währung als weltweite Dollar-Alternative aufzubauen, und diese auch entschlossen genutzt. Eine Entwicklung, die der Autor hier bei ZurZeit schon im vergangenen Frühjahr korrekt vorausgesagt hatte, und die damals von westlichen Politikern und Mainstream-Ökonomen völlig falsch eingeschätzt, ja verlacht, wurde.

Heute, nur ein Jahr später, sprechen die Fakten eine andere Sprache. In diesem März hat die VR China erstmals mehr Außenhandelszahlungen in ihrer eigenen Währung Yuan abgerechnet als in US-Dollar. Gemäß Daten des Staatlichen Chinesischen Devisenamts SAFE in Peking wurden grenzüberschreitende Yuan-Transaktionen im Gegenwert von 549,9 Milliarden US$ ausgeführt, während es im Februar zuvor noch 434,5 Milliarden waren. Anteilsmäßig macht das 48,4 % in Yuan gegenüber 46.7% in Dollar, der geringe Rest waren Transaktionen in Euro, Yen und anderen Drittwährungen.

Global gesehen betrug der Yuan-Anteil am Welthandel diesen März 4,5%. Das ist zwar immer noch nur ein Bruchteil der 84,3%, die in Dollar abrechnet werden, aber verglichen mit den Vorkriegszahlen vom Februar 2022 fast eine Verdreifachung. Und da der Aufwärtstrend anhält, dürfte der Yuan demnächst die weltweite Bedeutung des Euros überflügeln, dessen globaler Transaktionsanteil seit Jahren um die 6 Prozent stagniert.

Grund dafür ist nicht nur der immense Anstieg des Handelsvolumens zwischen China und der Russischen Föderation, das mittlerweile praktisch vollständig in Yuan abgewickelt wird. Laut Angaben der Moskauer Börse MOEX, die inzwischen nach Hongkong, Singapur und London der viertgrößte internationale Handelsplatz für Yuan-Geschäfte ist, hat sich der Devisenhandel in der chinesischen Währung binnen Jahresfrist verachtzigfacht(!) und macht jetzt knapp die Hälfte des gesamten russischen Devisenhandels aus. Russische Firmen, aber auch Privatpersonen, können bei russischen Banken jetzt günstig und problemlos Fremdwährungskonten in Yuan eröffnen. Und das nutzen sie auch, um den notorischen Kursrisiken der eigenen Landeswährung Rubel zu entgehen. Dank des Yuan können sich nun auch russische Großfirmen wieder ausländisches Fremdkapital beschaffen. Der weltgrößte Aluhersteller Rusal, der Goldminenkonzern Polyus und Russlands Ölriese Rosneft haben im letzten Herbst Anleihen im Wert von 42 Milliarden Yuan (ca. 6 Milliarden Euro) begeben und sich damit frisches Geld am internationalen Finanzmarkt besorgt. Etwas, dass West-Sanktionen ja angeblich verhindern sollten.

Aber auch andere Staaten in Asien, Afrika und vor allem Lateinamerika springen jetzt auf den ins Rollen gekommenen Yuan-Zug auf. Prominentestes Beispiel ist Saudi-Arabien, das im letzten Herbst mit großem Pomp die Einführung von Yuan-Zahlungen für seine Öllieferungen nach China verkündete, und das Ölland Malaysia zog kurz darauf nach. Bei den Saudis wünscht man ganz klar mehr Unabhängigkeit vom Petrodollar, denn man fürchtet, bei nächster Gelegenheit ein ähnliches Schicksal wie die Russische Zentralbank zu erleiden, weil man nicht brav nach Washingtons Pfeife getanzt hat. Und bei Malaysia ist es ein offenes Geheimnis, dass in den dortigen Lagertanks russisches Embargoöl in eigenes umetikettiert und dann mit Profit am Weltmarkt weiterverkauft wird. So macht schon das Wort vom „Petroyuan“ die Runde.

Bei Ländern wie Argentinien, Brasilien oder Pakistan, die in letzter Zeit bilaterale Zahlungsverkehrsabkommen mit China geschlossen haben (ZurZeit berichtete < https://zurzeit.at/index.php/good-bye-dollar-argentinien-zahlt-jetzt-mit-chinesischen-yuan/ >), kommt hinzu, dass die Währungs-Swaps mit der chinesischen Notenbank PBOC ihre eigenen klammen Dollarreserven schonen und damit den Kurswert der Heimatwährung stützen. Außerdem werden Außenhandelsgeschäfte prinzipbedingt billiger, wenn keine Drittwährung involviert ist. Durch den Wegfall von Umtauschkosten ergeben sich Kostenvorteile von bis zu drei Prozent, je nach Währungspaar.

Doch damit eine Währung als weltweite Handelsdevise anerkannt wird, braucht es mehr als nur gegenseitige Zentralbankkonten. Und hier hat China schon seit Jahren Vorabeiten geleistet, von deren Früchten es jetzt rasant profitiert. So hat China mit dem „Cross-Border Interbank Payment System“ (CIPS) seit 2015 eine funktionale Alternative zum westlichen SWIFT geschaffen, über das grenzüberschreitende Zahlungen zwischen Banken vorwiegend abgewickelt werden. CIPS, beheimatet in Shanghai, war bis zum Rauswurf russischer Banken aus dem SWIFT-System ein unbedeutender, regionaler Exot. Jetzt sind aber praktisch alle russischen Banken an CIPS angebunden und damit ist elektronischer Geldverkehr mit Russlands Handelspartnern technisch wieder problemlos möglich; es muss nur anders geroutet werden. Auch hier bringt die Nutzung des Yuan Kostenvorteile.

Die nächste Voraussetzung ist die Möglichkeit zum Termin- und Optionshandel mit der entsprechenden Währung. Das ist nicht nur etwas für Spekulanten, sondern eine unabdingbare Voraussetzung zur Risikoabsicherung für Ex- und Importeure. Denn wenn ich heute in China 10.000 Smartphones für je 1.000 Yuan zur Lieferung fürs Weihnachtsgeschäft bestelle, möchte ich natürlich wissen, was mich das später in Euro kosten wird. Genau dafür gibt es eben besagte Devisentermingeschäfte, die über Spezialbanken oder an der Börse abgeschlossen werden können. Terminhandel in Chinas Währung gibt es schon seit Einführung des „Offshore-Yuan“ im Jahre 1999. Aber erst seit letztem Jahr schießen hier die Handelsvolumina wirklich in die Höhe, sowohl in Hongkong und Singapur wie eben auch in Moskau.

Ganz entscheidend ist aber die Möglichkeit, in Yuan denominierten Rohstoffhandel an der Börse zu treiben. Denn die überwältigende Mehrheit von Rohstoffgeschäften bei Erdöl, Metallen und Agrarrohstoffen findet über die großen Rohstoffbörsen in den USA und in London statt. Die Chicago Merkantile Exchange CME, die NYMEX in New York und in London die LIFFE für Metalle und die ICE für Brent-Öl und CO2-Zertifikate bestimmen die weltweiten Leitpreise. Und die werden dort nun mal in Dollar notiert. Mit Ausnahme der in Euro abgerechneten CO2-Zertifikate, für die sich aber ausserhalb der EU ohnehin kaum jemand interessiert.

Damit dies auch in Yuan funktioniert, wurde im Jahre 2013 die „Shanghai International Energy Exchange“, kurz INE, gegründet. Auch die war bis vor kurzem ein absoluter Exot im Rohstoffgeschäft und selbst vielen Insidern kaum bekannt. Das hat sich aber im letzten Jahr radikal geändert, allein in den letzten 6 Monaten hat sich das Handelsvolumen an Rohöl-Kontrakten rund verdreifacht.

Dank CIPS und dem Erstarken des Börsenhandels in Yuan-notierten Rohstoffen düfte in Bälde der Yuan nicht nur als bilaterale Handelswährung zwischen China und seinen Wirtschaftspartnern genutzt werden, sondern auch bei multilateralen Transaktionen wie z.B. zwischen Malaysia und Brasilien. Das wird einen Schneeball-Effekt auslösen, meint Michael Pettis, Senior Fellow bei Carnegie China in Peking, dem China-Ableger des amerikanischen Carnegie Endowment Think-Tanks, gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. „Je mehr von uns es nutzen, desto billiger wird es und desto effizienter wird es. Durch den Versuch, einen immer größeren Teil seines Handels in Rénmínbì zu erzwingen, versucht Peking, Netzwerkeffekte zu schaffen, die die Nutzung des Rénmínbì für den Handel viel einfacher und mit geringeren Reibungskosten machen.“

Was zu einer echten Reservewährung allerdings noch fehlt, ist die Möglichkeit zur unbegrenzten und freien Konvertierbarkeit des Yuan. Zwar können Offshore-Guthaben beliebig in fremde Währungen umgetauscht werden. Für Firmen und Privatpersonen innerhalb China gelten aber nach wie vor strenge Kapitalverkehrskontrollen, die einen unkontrollierten Abfluss von Geld ins Ausland verhindern sollen.

Doch früher oder später wird, und muss, China diese restriktive Währungspolitik aufgeben, wenn es seine Position im Devisenmarkt weiter ausbauen will. Dazu zitieren wir Chi Lo, leitender China-Stratege bei BNP Paribas Asset Management: „Die Chinesen nutzen die Salami-Taktik zur Internationalisierung des Rénmínbì. Sie sind nicht in Eile.“

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