Philosoph Liessmann über das „Ibiza-Video“
Der Philosoph Konrad Paul Liessmann gilt als einer der scharfsinnigsten Denker Österreichs. In der Ausgabe der NZZ vom 29. Mai wird aus seiner Feder ein ausgewogener Kommentar unter dem Titel Hämische Heuchler veröffentlicht. Liessmann hebt an wie folgt: „Die Selbstverständlichkeit, mit der die von dubiosen Hintermännern gestellte Videofalle zu einem legitimen Akt zivilgesellschaftlichen Engagements hochstilisiert wird, verwundert dann doch etwas.“ Der Autor spricht in der Folge von einem „kompromittierenden Video, mit dem jemand fast zwei Jahre lang ohne nennenswerte Resonanz hausieren ging“. Liessmann findet es auch seltsam, dass „die sonst so gern ausgesprochene Warnung vor einer manipulativen Präsentation von Videomaterial in diesem Fall keine Beachtung fand.“
Wer, so der kluge Denker weiter, aus einem siebenstündigen Gespräch einige wenige Sätze herausschneide und so zusammenfüge, dass sie ein kompaktes Ganzes zu ergeben scheinen, müsse sich die Frage nach dem Zusammenhang gefallen lassen. Der Philosoph schließt messerscharf: „Wird diese mit den Hinweis, dass alles andere für die Öffentlichkeit uninteressant sei, nicht zugelassen, beschleicht einen doch der leise Verdacht, dass sich auf Ibiza zwar zwei Politiker entblößt und blamiert haben, die politische Dimension dieser heißen Nacht aber überschätzt wird. Der Anlass und die Folgen geraten in ein zunehmendes Missverhältnis.“
Eine weitere bemerkenswerte Passage aus dem Kommentar: „Und noch eines: So schnell wie die Minister der FPÖ hat noch kaum jemand eine Regierung verlassen. Da klammerte sich niemand an die Macht …“
[Autor: E. K.-L. Bild: SPÖ Presse und Kommunikation Lizenz: CC BY-SA 2.0]