Autor: A.R.
Acht Kandidatinnen und Kandidaten wollen Johnson als Tory-Chef und Premier beerben. Die Auswahl treffen zunächst die 358 Abgeordneten der konservativen Fraktion im Unterhaus, und zwar in geheimer Wahl.
Im ersten Wahlgang muss der potenzielle Nachfolger 30 Unterstützungserklärungen vorweisen. Anschließend wird bei jeder weiteren Runde der Letztplatzierte ausgesiebt – bis nur noch zwei übrig sind. Dann entscheiden die Parteimitglieder per Brief in einer Stichwahl.
Unklar ist bisweilen, wie viele viele Tories stimmberechtigt sind. Schätzungen gehen von 100.000 bis 200.000 aus. Bis spätestens 5. September soll Johnsons Nachfolger feststehen.
Auf der Bewerberliste stehen sowohl hochrangige, bekannte Kabinettsmitglieder als auch bis dato unbekanntere Außenseiter. Als gesetzt für die finale Runde gilt Ex-Finanzminister Rishi Sunak. Der 42-Jährige hat zahlreiche prominente Unterstützer um sich geschart. Allerdings hat er nicht nur Freunde. Nachdem Sunak für die größte Steuererhöhung seit Jahrzehnten verantwortlich gemacht wird und als Johnson-Gegner gilt, polarisiert er die Tory-Fraktion.
Erwartet wird, dass sich Außenministerin Liz Truss und Handels-Staatssekretärin Penny Mordaunt ein Duell um den zweiten Platz liefern. Truss gilt als Favoritin der Johnson-Getreuen, Mordaunt als Liebling der konservativen Basis. Der 42-Jährige wurde zudem, wie Johnson, für Verstöße gegen Lockdown-Auflagen bestraft.
Die Kandidaten ähneln sich allerdings generell in ihren Themen. So versprechen alle etwa Steuererleichterungen. Wer den Brexit anzweifelt oder zurück will in den EU-Binnenmarkt, hat keine Chance. Auch im Streit mit der EU um Sonderregeln für Nordirland steht die Partei geschlossen hinter Johnsons Plänen. Einige Kandidaten haben bereits angekündigt, Großbritannien auch aus der Europäischen Menschenrechtskonvention zu führen. Auch beim Thema Migration halten die Bewerber an umstrittenen Vorhaben fest. Illegal Eingereiste sollen ohne Prüfung ihres Asylantrags und unabhängig von ihrer Nationalität ins ostafrikanische Ruanda gebracht werden.
Aktuell sehen Umfragen die Labour-Partei weit vor den Tories. Viele konservative Abgeordnete haben kein Interesse an einer baldigen Wahl, weil sie ihren Sitz verlieren könnten. Einen gesetzlichen Zwang für eine Neuwahl nach einem Wechsel in der Downing Street gibt es nicht, doch der Druck dürfte wachsen. Regulärer Termin für die nächste Parlamentswahl ist 2024. Die Neuwahlforderung der Opposition wird den neuen Premier damit gleich unter Rechtfertigungsdruck stellen.