Frankreich: Endspurt für die Präsidentenwahl am 10. April

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Autor: E.K.-L. Bild: Wikipedia/Xavier Buaillon Lizenz: CC BY 2.0


Steht Emmanuel Macron bereits als Sieger fest?

In wenigen Tagen wählen die Franzosen ihr neues Staatsoberhaupt. Da voraussichtlich kein Bewerber die absolute Mehrheit erringen wird, werden am 24. April in einem zweiten Wahlgang die beiden Bestplatzierten gegeneinander antreten.

Das Hamburger Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ ist ein bisserl nervös. Es titelt am 1. April ohne jeden Scherz – der ist einem echten Preußen ohnedies fremd – ziemlich aufgeregt: Frankreichs Rechtspopulisten stark wie nie … erfreut sich die Rechtsnationale Marine Le Pen einer historisch hohen Zustimmung. Am selben Tag ist auch die in den letzten Jahren stark ins Gutmenschentum hinuntergerutschte „Süddeutsche Zeitung“ (SZ) alarmiert. Dort ist unter dem Titel Die Extremisten legen zu unter anderem zu lesen:

„Einer neuen Umfrage des Instituts Ifop zufolge könnte die Stichwahl knapper werden als erwartet: Der amtierende Präsident liegt derzeit bei 53,5 Prozent, die rechtsextreme Marine Le Pen bei 46,5 Prozent. Auch die Prognosen für den ersten Wahlgang sahen für Macron schon mal besser aus, vor zwei Wochen hatte er noch bei 31 Prozent gelegen, jetzt ist er auf 28 Prozent gesunken. Marine Le Pen und der Linksextremist Jean-Luc Mélenchon, in der Erhebung an dritter Stelle, konnten hingegen einige Prozentpunkte zulegen.“ Konkret: 21 % für Le Pen, 15,5  % für den Linksaußen Jean-Luc Mélenchon, 11 % für Éric Zemmour und schließlich magere 10 % für die Christdemokratin Valérie Pécresse.

Naheliegende Frage: Welches Institut hat das erhoben? Die SZ informiert darüber. Es handelt sich um eine Umfrage des Instituts Ifop (Institut français d’opinion public, Paris) vom 31. 1. 2022 (wahrscheinlich ein Druckfehler und es sollte richtig „31. 3.“ heißen). Wie viele Bürger befragt worden sind, wie hoch demnach die Schwankungsbreite ist – tja, darüber lässt die SZ ihre Leser im Unklaren.

Da ist die renommierte „Neue Zürcher Zeitung“ (NZZ) weit exakter. In deren Druckausgabe vom Samstag, dem 2. April, wird von einer Umfrage des Hamburger Instituts Harris Interactiv vom 30. März berichtet; Anzahl der Befragten: 2.035; Schwankungsbreite (Fehlermarge): plus/minus 1,4 % bis plus/minus 2,9 %.

Wie liegen da die Bewerber? Emmanuel Macron verfügt über 28,5 % an Zustimmung; am zweiten Platz Marine Le Pen (21 %), dann Jean-Luc Mélenchon (15 %), Éric Zemmour (10 %) und Valérie Pécresse (9,5 %); der Grüne Yannick Jadot kann sich über 5 % Zustimmung erfreuen, Anne Hidalgo, die sozialistische Bürgermeisterin von Paris, hingegen bloß über 2,5 %.

Fazit: Auf der einen Seite, nämlich bei der SZ, eine eher schludrige, weil fehler- und lückenhafte Berichterstattung (keine Angaben für kleinere Kandidaten wie Jadot und Hidalgo; falsches Erhebungsdatum; es fehlen die Anzahl der befragten Personen wie auch die Schwankungsbreite), auf der anderen Seite (NZZ) eine vollständige Information des Lesers mit allen erforderlichen Details.

Falls die Meinungsforscher nicht ganz daneben liegen, dann gehen am 10. April die Plätze eins und zwei an Macron und Le Pen. Spannend wird es zwei Wochen später. Und da könnte Marine Le Pen durchaus für eine Überraschung sorgen, zumal viele Linkswähler – die im ersten Wahlgang für Mélenchon stimmen werden – dem Sozialprogramm von Le Pen den Vorzug geben könnten. Weil Macron unter anderem mit seinem Plan für eine Erhöhung des Pensionsalters bei minder wohlhabenden Schichten auf wenig Gegenliebe stößt.

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