Geht den Amerikanern das Geld aus?

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Gegen den Trend: US-Kreditkartenzinsen auf 20-Jahres-Hoch

Während die Kapitalmarktzinsen dank der Geldschwemme der Zentralbanken und deren massiven Anleiheankaufprogrammen in den USA und in Europa so niedrig sind wie nie zuvor, befinden sich die Zinsen für Kreditkarten in Amerika in einem langfristigen Aufwärtstrend. Aktuell kostet es den amerikanischen Verbraucher, durchschnittlich gute Bonität vorausgesetzt, im Mittel 14,6 % Zinsen, wenn er seine Kreditkarten-Schulden in Raten abstottern will. Vergleichbar hohe Niveaus gab es zuletzt um die Jahrtausendwende, kurz bevor die Dotcom-Blase an den Aktienmärkten platzte.

Dazu muss man wissen, dass in den USA, anders als in Deutschland oder Österreich, die Kreditkarte häufig zur kurzfristigen Finanzierung des privaten Konsums dient. Sie ist dort nicht nur Zahlungsinstrument, sondern auch Mittel zur Kreditbeschaffung. „Living on Plastic“ ist in Amerika ein geflügeltes Wort, vor allem, wenn alle anderen Quellen bereits ausgeschöpft sind. Kreditkarten werden dort nicht nur von den Banken, sondern von unzähligen unabhängigen Gesellschaften ausgegeben. Ein neues Stück Plastik ist ruck-zuck besorgt, und damit auch ein neuer Kreditrahmen von ein paar Tausend Dollar, jedenfalls solange der persönliche „FICO Score“, das allgegenwärtige Kreditrating, nicht völlig in den Keller gerauscht ist. Es ist für den Durchschnittsamerikaner durchaus normal, zehn oder mehr verschiedene Kreditkarten in der Geldbörse zu haben.

Anders als bei unseren Bankomat- oder Debit-Karten, wo jede Ausgabe sofort vom Konto abgebucht wird, sind die US-Karten „echte“ Kreditkarten, bei denen die Ausgaben erst nach Monatsfrist abgerechnet werden. Und auch dann ist nicht sofort der volle Betrag fällig. Es reicht in der Regel, wenn man nur 5 % des Monatssaldos zahlt. Der Rest wird als rollierender Kredit auf den nächsten Monat übertragen, für den dann die besagten Zinsen fällig werden, mit monatlicher Verrechnung. Aufgrund der riesigen Differenz zwischen Kartenzins und Kapitalmarktkosten ist das für die Kreditkartenfirmen ein glänzendes Geschäft. Da kann man sich völlig problemlos auch einige Nichtzahler unter den Kartenkunden leisten, zumal Kreditkartenschulden in den USA durchaus „robust“ eingetrieben werden.

Was bedeutet aber nun diese Zinsdivergenz aus makroökonomischer Sicht? Der US-Kreditkartenzins ist primär eine Folge von Angebot und Nachfrage, und weitgehend losgelöst von der Zinspolitik der Zentralbank. So ist auch die Summe der Kreditkartenschulden seit 2014 um etwa ein Drittel auf derzeit rund 800 Milliarden US-Dollar gestiegen, mit einem kurzen Rücksetzer Anfang 2020, weil die Leute im Lockdown schlicht kein Geld ausgeben konnten. Auffällig ist, dass die letzten wesentlichen Anstiege der Zinsen jeweils vor bzw. im Umfeld von platzenden Blasen auftraten: 2001 die Dotcom-Blase, 2007/2008 die US-Immobilienblase samt Finanzkrise (in der Grafik orange markiert). Von daher ist es etwas beunruhigend, dass der derzeitige Zinsanstieg mit einer massiven Preisbeschleunigung im US-Häusermarkt zusammentrifft.

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[Autor: U.K. Bild: benesteem.com Lizenz: -]

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