Wer sich anlässlich des kürzlich verkündeten „Rückzuges“ aus der Wiener Spitzenpolitik von Maria Vassilakou schon Sorgen um einen etwaigen Aufschwung der Grünen gemacht haben sollte, darf beruhigt sein: Vassilakou bleibt uns erhalten. Wenn auch in anderer Form: „Ich werde weiterhin politisch tätig sein, in welcher Rolle auch immer.“ Sehr gut. Heißt übersetzt: Die „Grünen“ kommen auch 2022 nicht in den Nationalrat.
Dass Vassilakou auch nach ihrem Abgang für weitere sechs Monate ihr Gehalt einstreift, stört sie logischerweise kaum: „Wenn jemand jahrelang für die Stadt oder die Republik gearbeitet hat, stellt sich die Frage, wovon man in der Übergangszeit lebt.“ Aber hallo! Wenn sich bei jemandem, der über acht Jahre hinweg 14-mal jährlich über 16.000 kassiert hat, die Frage stellt, wovon er in seiner „Übergangsphase“ leben soll, erübrigt sich eigentlich jede weitere Frage.
Auf die nächste Frage, wann denn der „Moment“ kam, in dem sie sagte: „Es reicht mir, ich will nicht mehr“, antwortet die Wiener Mary gewohnt kühl: „Nie! Ich könnte ewig weitermachen.“ Tja, da hat wohl jemand die Rechnung ohne den Wähler gemacht. „Ich liebe meinen Job.“ – Wer nicht, bei diesem Gehalt!
Den Vogel aber schießt die Vassilakou mit einer bescheidenen Selbsteinschätzung ihres zukünftigen Platzes in der Geschichte der Stadt Wien ab: „Ich denke, in der Politik ist es wie in der Malerei. Wenn man tot ist, ist man am meisten wert. Der Preis steigt über Nacht.“ Und auch für die eigenen politischen Erben hält Mrs. Mary ein klar strukturiertes und sukzessive umsetzbares Konzept parat: „Es braucht neue Ideen, Konzepte, frisches Blut, jüngere Menschen, neue Denkweisen und Visionen.“ Na endlich wissen wir konkret, woran’s in Wien seit einiger Zeit fehlt. Zu ergänzen wäre: Neue Investoren, neue Hochhäuser und neue Fußgängerzonen, großzügige Parteispender, eine City-Maut, Maßnahmen gegen den Klimawandel und eine kleine Finanzkrise samt Börsencrash gegen die böse Automobilindustrie.
Bis zum endgültigen Rückzug – sofern es diesmal ausnahmsweise auch wirklich dabei bleiben sollte –plant Vassilakou folgendes: „Mein Plan ist es, meine Arbeit bis zum letzten Tag unverändert weiterzumachen.“
Doch Mary wäre nicht Mary, hätte sie nicht auch exklusiv für ihren Nachfolger einen heißen Tipp parat: „Die Politik ist immer eine Gruppenangelegenheit, Einzelkämpfer kommen nicht weit. Die Kunst besteht darin, dass man andere eint und begeistert.“ Richtig Mary, wie damals, als die Mehrheit der Grünen den Hochhausturm beim Heumarkt abgelehnt hatte, und Sie dennoch vorbildlich trotz heftigstem Gegenwind die Interessen der Parteispitze mit jenen des Inverstors Michael Tojner „geeint“ haben – das nennt man integres, diplomatisches Geschick!
„Meine Leistungsbilanz finden sogar meine Gegner beachtlich.“ In der Tat, es ist wirklich beachtlich, wie ein einziger Mensch in so kurzer Zeit so großes Unheil anzurichten im Stande ist. Von der Mariahilfer Straße über die Asylantenheime bis hin zum Heumarkt. Aber Mary ging es schließlich nicht „nicht unbedingt darum, Everybody’s Darling zu sein.“ Ersetzt man „everybody‘s“ durch „anybody‘s“, wäre der Satz sogar inhaltlich korrekt. „Aber vielleicht gelingt mir das ja (…) noch im letzten Drittel meines Lebens“. Auf die Frage nach dem größten politischen Fehler antwortet Vassilakou übrigens, sie hoffe, „dass keiner dazukommt.“ Oh, ja. Das hoffen wir alle – für Wien!
[Text: A.L.; Bild: Wikipedia/GuentherZ; Lizenz: CC BY 3.0]