Kein Aschbacher-Bericht in ZIB 1
Ein Blick in die Bundesrepublik – Stichwort Guttenberg – ließe erahnen, welche Wellen eine plagiierte Dissertation schlägt. Im Falle Aschbacher wiegt die Sache allerdings noch etwas schwerer. Zum Ersten ist nicht nur ihre FH-Diplomarbeit, mit der sie ihren Magister erlangt hatte, zu über 20 Prozent plagiiert (vom sprachlichen und inhaltlichen Niveau des unrühmlichen Rests ganz zu schweigen), sondern auch ihre in Pressburg/Bratislava (!) eingereichte Doktorarbeit rangiert auf ähnlichem Niveau. Letztere hatte sie übrigens im Sommer dieses Jahres in der Slowakei verteidigt. Dass eine Arbeitsministerin, während tausende Menschen in Österreich wegen der Coronakrise ihren Arbeitsplatz verlieren, nichts Besseres zu tun hat, als sich um ihre Titel zu kümmern, steht auf einem anderen Blatt.
Ein nicht minder großer Skandal jedoch ist das Verhalten des österreichischen Türkisfunks (vormals: Rotfunk) in der Causa. Die Sache wurde am Freitag vor Mittag im Netz zum Thema des Tages. Dennoch fühlte sich der ORF nicht bemüßigt, die abendliche ZIB-Zuseherschaft von der Nachricht in Kenntnis zu setzen – nicht einmal mittels Kurzmitteilung. Erst in der ZIB 2 kam dann ein dreiminütiger Bericht.
Fassen wir also zusammen: Ein Skandal, der am nächsten Tag zum Rücktritt der Ministerin führt, ist dem ORF in den Hauptnachrichten (vorzugsweise von ÖVP-nahen Pensionisten gesehen, die nicht im Netz surfen) des Vortags keine Meldung wert. Damit bestätigt er eindeutig sein Image als „Lückenpresse“. Auch im Teletext war nur ganz klein auf einer Seite, nämlich auf Seite 118, vom ministerlichen Plagiat zu lesen.
Erst am Tage des Rücktritts kam man im Kurz-Funk nicht mehr umhin, vor der allabendlichen pflichterfüllenden Pandemieberichterstattung ein paar Minütchen der nunmehrigen Ministerin a. D. zu widmen.
Herr Fleischmann, der „Medienbeauftragte“ von Kurz, und seine vom Steuerzahler finanzierte „Message-control“-Truppe dürften also wieder einmal gute Arbeit geleistet haben. Mittlerweile feiert man Kurz ja sogar schon für die angeblich so kompetente Neubesetzung des Postens. Glücklich ist, wer vergisst.
[Autor: A.L. Bild: Wikipedia/SPÖ Presse und Kommunikation Lizenz: CC BY-SA 2.0]