Inflation geht leicht zurück

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Autor: U.K. Bild: Tumisu from Pixabay Lizenz: –


Doch billiger wirds trotzdem nicht

Seit November sinken in der Tat die Inflationsraten in der Euro-Zone, vom Höchstwert 10,6% im Oktober auf jetzt 9,2% im Dezember ist die Steigerung des Verbraucherpreis-Index laut Eurostat gesunken. Nun bedeuten zwei kleine Rückgänge noch keine klare Trendwende, wie dieses in der Mainstream-Presse derzeit gefeiert wird. Aber makroökonomische Vorlaufindikatoren wie die Erzeugerpreisindices, die internationalen Seefrachtraten und auch der mittlerweile klar spürbare Rückgang am Immobilienmarkt deuten darauf hin, dass sich der Inflationsdruck in Mitteleuropa in den kommenden Monaten etwas entspannen dürfte. Dies allerdings unter der Voraussetzung, dass keine überraschenden weltpolitischen Spannungen neu auftauchen, wie etwa eine Eskalation des schwelenden Konflikts China vs. USA.

Doch billiger wird es deswegen trotzdem nicht für Konsumenten und Wirtschaft. Denn die sogenannte Inflationsrate, die allgemein im Fokus der Öffentlichkeit steht, misst nur die Veränderung des Preisniveaus im Vergleich zum gleichen Monat des Vorjahres. Ein Rückgang der Inflationsrate um 1,4% Prozentpunkte bedeutet nicht, dass etwa die Preise von Oktober zu Dezember um 1,4% gefallen wären. Es bedeutet nur, dass die Preise im Dezember etwas weniger stark gestiegen sind als zwei Monate zuvor. Nämlich um 9,2%, was immer noch ein gewaltig hoher Wert und dementsprechend im Geldbeutel deutlich zu spüren ist.

Aussagekräftiger ist hier der Absolutwert des Verbraucherpreis-Index (VPI), im Fachjargon „Consumer Price Index“ genannt. Auch dieser wird monatlich von den Statistikämtern wie Eurostat, Destatis oder Statistik Austria veröffentlicht, und zeigt die tatsächliche Höhe der Preise eines „typischen Warenkorbs“ an. Verglichen wird der aktuelle Indexstand mit einem Referenzwert von 100, der in der Regel auf der Preissituation vor etwa 10 bis 20 Jahren aufbaut. So lassen sich langfristige Entwicklungen gut erkennen und das tatsächliche Preisniveau beurteilen. Allerdings ist der Absolutwert des VPI etwas schwieriger zu interpretieren, weniger medienwirksam als die Inflationsrate, und findet daher ausserhalb von Fachkreisen wenig Beachtung.

Und da geht es trotz sinkender Inflationsraten weiter aufwärts mit den Preisen. So ist z.B. in Österreich der VPI 2010, dessen Referenzjahr 2010 ist und der daher gut für mittelfristige Analysen geeignet ist, auch im November weiter gestiegen, nämlich von 138,5 auf 138,8. Bevor es so richtig losging mit der Inflation, im Jänner 2021, stand der VPI 2010 noch bei 120,2 Zählern.

Nur eine Deflation würde zu fallenden Preisen führen, und die ist brandgefährlich

Damit die Preise tatsächlich wieder auf das Vor-Krisenniveau zurückgehen sollten, müsste also der Index um über 18 Zähler fallen. Dies dürfte kaum passieren, und das würde eine schwere Deflation mit negativen Inflationsraten bedeuten. Die wäre nicht minder gefährlich als eine hohe Inflation, und so etwas geht in der Regel mit einer massiven Wirtschaftskrise einher. Eine Deflation in diesem Ausmaß gab es nur während der Weltwirtschaftskrise 1930 bis 1933, eine kleine Deflation mit einem VPI-Rückgang um etwa 0,3 Punkte fand in Österreich als Folge der Corona-Lockdowns im Sommer 2020 statt.

Warum nun ist eine Deflation volkswirtschaftlich so schädlich, denn auf den ersten Blick erscheint doch die Aussicht auf sinkende Preise für Konsumenten und Sparer recht verlockend? Der eine Grund liegt in der Psychologie des Menschen. Wenn Verbraucher fallende Preise erwarten, werden sie die Anschaffung hochwertiger Konsumgüter wie Autos, Fernseher oder Möbel auf den spätestmöglichen Zeitpunkt hinausschieben. Da unsere Wirtschaft aber nicht um ihrer selbst produziert (die Rüstungsindustrie mal ausgenommen), sondern um am Ende der Wertschöpfungskette Konsumbedürfnisse zu befriedigen, ist der rezessionsfördernde Effekt der Deflation leicht einsehbar.

Zum zweiten arbeiten praktisch alle Wirtschaftszweige mit Fremdkapital, sei es als Bankkredit oder per Kapitalmarktanleihe. Das lohnt sich aber nur dann, wenn unterm Strich mehr rauskommt als Produktionskosten plus Zinsen und nach Rückzahlung des Fremdkapitals auch ein angemessener Gewinn übrig bleibt. Das ist aber in einer Deflationsphase nicht gegeben. Dazu ein einfaches, und auch aktuelles, Beispiel: Ein Bauunternehmen plant den Bau von Reihenhäusern zum Stückpreis von 500.000 € pro Haus. Branchenüblich wird so etwas im wesentlichen mit Krediten finanziert, und vom Planungsbeginn bis Verkauf der Häuser vergehen leicht zwei Jahre. Sinken die Immobilienpreise in der Krise jetzt um 10% pro Jahr, was der Autor und maßgebliche Branchenexperten für durchaus möglich halten, so könnte die Baufirma am Ende nur etwa 405.000 € je Haus erlösen. Zu wenig für einen Gewinn, und womöglich sogar zu wenig, um den Kredit zurückzuzahlen.

Das Ganze ist also ein übles Dilemma, aus dem nur schwer herauszukommen ist. Der Kardinalfehler seitens EZB und Politik war, die Inflation überhaupt so hoch laufen zu lassen, obwohl unabhängige Experten und auch der Autor hier seit anderthalb Jahren vor dieser Gefahr gewarnt hatten.

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