Bild: Parlamentsdirektion / Raimund Appel Lizenz: –
FPÖ-Obmann Herbert Kickl stellte sich den Fragen internationaler freier Medien
El Correo de España (Spanien)
Bundeskanzler Kurz hat sich auf die Seite Ungarns gestellt, das die Kontingente für afghanische Flüchtlinge ablehnt. Glauben Sie, dass die konservative österreichische Regierung diese Position beibehalten kann, wenn die Grünen ihre Verbündeten sind?
Herbert Kickl: Vorweg ist festzuhalten, dass Österreich derzeit keine konservative Regierung hat. Während Bundeskanzler Sebastian Kurz in Österreich eine vermeintlich harte Linie in Bezug auf afghanische Zuwanderer verkündet, stimmt seine ÖVP im Europäischen Parlament unter anderem für die Neuansiedlung von afghanischen Flüchtlingen, die Einführung eines Verteilungsmechanismus, die Ausstellung humanitärer Visa, den Stopp aller Rückführungen und die Neubewertung aller negativen Asylbescheide. Dieses Abstimmungsverhalten entspricht auch der Pro-Zuwanderungs-Linie der Grünen und hier ist auch kein Unterschied zwischen der ÖVP und den Grünen bemerkbar.
Was bringt eine solche Koalition für Österreich, und was halten Sie von der Klimahysterie in den Medien?
Kickl: Diese Bundesregierung hat sich bislang bei allen wesentlichen Herausforderungen als handlungsunfähig erwiesen und das zeigt sich auch in den jüngsten Umfragen, wo die Regierungskoalition mittlerweile die Mehrheit in der Bevölkerung verloren hat.
Die alarmistische Berichterstattung in den Medien zum Klimawandel lässt darauf schließen, dass nach der Corona-Hysterie als nächstes die Klima-Hysterie folgen wird.
Ist die Kampagne der Regierung gegen den politischen Islam real oder nur eine Imagekampagne? Was will die FPÖ gegen die Islamisierung tun?
Kickl: Genauso unglaubwürdig wie die Zuwanderungsdebatte ist auch die Diskussion rund um die Bekämpfung des politischen Islam. Die FPÖ hat mit ihrem damaligen Innenminister Herbert Kickl gezeigt, dass sich Islamismus nur dann effektiv bekämpfen lässt, wenn dagegen auch restriktive Maßnahmen gesetzt werden. So hat Herbert Kickl etwa zahlreiche Imame ausweisen lassen. Vom derzeitigen ÖVP-Innenminister Nehammer ist das nicht zu erwarten. Ganz im Gegenteil hat sein Ministerium im Vorfeld des Terroranschlages in Wien im November 2020 katastrophal versagt, weil dieses Attentat zu verhindern gewesen wäre.
Die Umfragen zeigen, dass die FPÖ in der Wählergunst steigt. Glauben Sie, dass die FPÖ bei den nächsten Wahlen wieder eine Schlüsselrolle bei der Regierungsbildung einnehmen wird?
Kickl: Durch die konsequente und unmissverständliche Haltung der FPÖ zu den Corona-Maßnahmen der Bundesregierung und zu den völlig überzogenen Einschränkungen der Bürgerrechte ist es der FPÖ gelungen, ihre Zustimmungswerte wieder um die 20 Prozent zu stabilisieren. Wir werden unseren Weg beharrlich fortsetzen und unser Ziel ist es, mittelfristig wieder zu einer bestimmenden Kraft in Österreich zu werden.
Die Fragen stellte Álvaro Peñas, El Correo de España (Spanien)
Vokativ (Kroatien)
Die Freiheitliche Partei Österreichs führte in den späten 1990er Jahren die Kampagne gegen die Einführung des Euro an, während sie Anfang der 2010er Jahre den Vorschlag unterbreitete, in der EU eine nördliche und eine südliche Euro-Währung einzuführen. Welche Position vertritt die FPÖ heute zum Euro?
Kickl: Durch die Corona-Krise ist die volkswirtschaftliche Debatte zum Euro zwar momentan ein wenig in den Hintergrund getreten – aber die hohe Verschuldung der Union genau wegen dieser Krise sowie die massive Überschuldung der einzelnen Mitgliedstaaten werden die Frage nach der Zukunft der Einheitswährung in Kürze wieder brandaktuell machen. Die Position zum Euro ist untrennbar mit der Frage unserer Position zur Europäischen Union verbunden. Und hier hat die jüngste Entwicklung einmal mehr gezeigt, dass die Union nicht in der Lage ist, Krisenmanagement zu betreiben. Die FPÖ tritt für die Zusammenarbeit souveräner europäischer Staaten ein, die gemeinsame Währungsunion sollte jedoch nur von jenen Staaten gestaltet werden, die vergleichbaren Volkswirtschaften angehören.
Da Österreich Mitglied der Drei-Meere-Initiative ist, was ist die Position der FPÖ bezüglich der zukünftigen Richtung der Initiative und der Rolle Österreichs darin? Was halten Sie außerdem von den jüngsten Andeutungen aus Deutschland über eine mögliche deutsche Mitgliedschaft in der Initiative?
Kickl: Jede Stärkung der mitteleuropäischen Zusammenarbeit im wirtschaftlichen Bereich ist sinnvoll und wünschenswert. Eine Einbindung der Bundesrepublik Deutschland wäre grundsätzlich wünschenswert. Angesichts der (außen-)politischen Ausrichtung in Berlin würde so eine Einbindung jedoch vor allem Unruhe bringen und gemeinsame Positionen, wie sie unter den derzeitigen Mitgliedern durchaus gefunden werden, massiv erschweren oder gar hintertreiben.
Die FPÖ gehörte zu den wenigen europäischen Parteien im sogenannten national-populistischen Lager, die sich mutig gegen die Korona-Diktatur aussprachen und konsequent gegen repressive epidemiologische Maßnahmen vorgingen. Was sind Ihrer Meinung nach die Gründe für die unterschiedliche Herangehensweise der verschiedenen europäischen national-populistischen Parteien an dieses Thema, und was wird das Ergebnis sein?
Kickl: Es hat sich in den vergangenen Monaten gezeigt, dass jene Staaten, deren Präsidenten bzw. deren Kanzler als besondere „Musterschüler“ im europäischen Konzert wahrgenommen werden möchten, ganz besonders restriktiv gegen die eigene Bevölkerung vorzugehen bereit sind. Hier sind etwa die deutsche Kanzlerin Angela Merkel oder auch der österreichischen Bundeskanzler Sebastian Kurz zu nennen. Kurz etwas hat ohne mit der Wimper zu zucken auch Verfassungsbrüche in Kauf genommen und diese dann mit „juristischen Spitzfindigkeiten“ abgetan.
Tatsächlich hat jede Regierung Interesse daran, möglichst genau über die Aktivitäten der einzelnen Bürger Bescheid zu wissen und Proteste auf der Straße hintanzuhalten. Dass es heute zur „neuen Normalität“ gehört, dass unbewaffnete und friedliche Pensionisten bei Demonstrationen niedergeknüppelt werden, zählt zu den Besonderheiten dieser „Corona-Krise“, die sich mehr und mehr zu einer „Demokratie-Krise“ entwickelt.
Die Fragen stellte Leo Marić, Vokativ (Kroatien)
Breizh-Info (Frankreich) und Lionel Baland (Belgien)
Der konservative Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) führt eine Regierung mit seiner Partei und den Grünen, nachdem er zuvor eine Koalitionsregierung mit der patriotischen FPÖ geführt hat.
Kurz verfolgt eine harte Einwanderungspolitik. Wie erklären Sie sich, dass die Grünen diese Position akzeptieren? Kann die FPÖ vor diesem Hintergrund noch wachsen, indem sie ihre Punktezahl erhöht?
Kickl: Hier muss man vorweg widersprechen. Sebastian Kurz ist kein konservativer Politiker. Er vertritt vielmehr Beliebigkeitspositionen, die er je nach Lage anpasst. Im Jahr 2014 hat er etwa „mehr Willkommenskultur“ für Österreich eingefordert. Als dann im Jahr 2015 Millionen von Wirtschaftsmigranten und Asylforderern die Unionsgrenzen gestürmt haben, hat er erkannt, dass die Bevölkerung nicht sehr positiv auf diese Entwicklung reagiert, und hat eine vermeintlich zuwandererkritische Linie für sich entdeckt. Im Jahr 2020 hatte die Republik Österreich unter dem vermeintlich konsequenten Bundeskanzler Sebastian Kurz die höchsten Zuwandererungs- und Asylzahlen in ganz Europa, bezogen auf die Bevölkerungszahl zu verzeichnen Auch in der jüngsten Debatte rund um die Aufnahme von afghanischen Asylwerbern spricht die Volkspartei mit gespaltener Zunge. Während Kurz mit verbaler Kraftmeierei die Aufnahme von afghanischen Asylwerbern ablehnt, stimmt seine ÖVP im europäischen Parlament unter anderem für die Neuansiedlung von afghanischen Flüchtlingen, die Einführung eines Verteilungsmechanismus, die Ausstellung humanitärer Visa, den Stopp aller Rückführungen und die Neubewertung aller negativen Asylbescheide. Dieses Abstimmungsverhalten entspricht auch der Pro-Zuwanderungs-Linie der Grünen und hier ist auch kein Unterschied zwischen der ÖVP und den Grünen bemerkbar.
Die österreichischen Patrioten der FPÖ haben eines der österreichischen Bundesländer, das Burgenland, zusammen mit den Sozialdemokraten der SPÖ regiert. Können Sie sich eine solche FPÖ-SPÖ- oder SPÖ-FPÖ-Koalition auf nationaler Ebene vorstellen? Ist eine FPÖ-Grüne-Koalition auf allen Ebenen der Macht möglich?
Kickl: Es gibt innerhalb der Sozialdemokraten durchaus konstruktive Kräfte, mit denen eine Zusammenarbeit funktioniert und auch in Zukunft funktionieren kann. Um jedoch so eine Koalition künftig überhaupt möglich zu machen, müsste sich die SPÖ dahingehend besinnen, dass Politik vorrangig für die eigene Bevölkerung zu machen ist und dass Österreich nicht Einwanderungsmagnet für die ganze Welt sein kann. In Dänemark etwa haben die Sozialdemokraten diese Lektion gelernt und sind auch sehr erfolgreich damit.
Jörg Haider war einer der Führer Ihrer Partei und ist immer noch der bekannteste im Ausland. Trägt die FPÖ noch sein politisches Erbe?
Kickl:Jörg Haider war zweifelsohne ein politisches Ausnahmetalent. Trotz aller Divergenzen, die sich im Jahr 2005 ereignet haben, hat es im Jahr 2008, kurz vor dem tragischen Ableben Haiders, eine Aussprache und Annäherung gegeben. Die FPÖ des Jahres 2021 trägt nach wie vor auch die DNA von Jörg Haider in sich. Auch wenn sich die politische Welt weiterentwickelt hat.
Patriotismus und Nationalismus sind in den Visegrad-Ländern (Polen, Tschechische Republik, Slowakei, Ungarn), aber auch in Slowenien und Italien auf dem Vormarsch. Wie ist Ihr Verhältnis zu den Patrioten in diesen Ländern? Sind Sie für die Schaffung einer großen Fraktion im Europäischen Parlament, in der die patriotischen Parteien Europas vertreten sind?
Kickl: Die FPÖ tritt seit dem Jahr 2006 für eine konsequente Zusammenarbeit aller demokratischen und konstruktiven patriotischen Kräfte auf europäischer Ebene ein. Die Schaffung einer noch größeren patriotisch-freiheitlichen Fraktion im europäischen Parlament ist nicht nur wünschenswert, diese Zusammenarbeit wird schlussendlich über Fortbestand oder Untergang des Europas, wie wir es kennen, ursächlich entscheiden. Die Gründung eines großen europäischen Bündnisses mit 16 Parteien aus 15 Staaten Anfang Juli 2021 ist dafür eine hervorragende Basis.
Wie sollte die österreichische Migrationspolitik angesichts der Afghanistan-Krise aussehen? Sollte Ihr Land Afghanen aufnehmen? Welche Lösungen befürworten Sie für die illegale Einwanderung?
Kickl: Die Freiheitliche Partei verfolgt seit den frühen 1980er Jahren eine konsequente Politik, wenn es darum geht, illegale Zuwanderung und den Missbrauch des Asylsystems zu bekämpfen. Auch die jüngste Entwicklung in Afghanistan zeigt, dass es vermutlich klüger gewesen wäre, nicht europäische Soldaten zur Befriedung nach Afghanistan zu schicken, sondern konsequent jene jungen, kräftigen Männer, die in Europa in den vergangenen 20 Jahren um Asyl angesucht haben, ordentlich auszubilden und für den Freiheitskampf in ihr angestammtes Land zurückzuschicken. Natürlich ist die nunmehrige Machtübernahme der Taliban nicht zu begrüßen, aber es wäre grundfalsch, jetzt die Tore Europas für alle ausreisewilligen Afghanen zu öffnen. Vielmehr muss eine innerkontinentale Fluchtalternative geschaffen werden, um den tatsächlich Verfolgten in der Region Schutz und Hilfe angedeihen zu lassen und diesen – sobald es möglich ist – die Rückkehr in ihre Heimat zu ermöglichen.
Die Fragen stellten Yann Valerie, Breizh-Info (Frankreich) und Lionel Baland (Belgien)
Centro Machiavelli (Italien)
Wie ist der Stand der Beziehungen zur Lega von Matteo Salvini? In Italien wird in den Medien häufig über den Wunsch der Partei, sich mit der EVP zu verbinden, hinter den Kulissen berichtet.
Kickl: Die Lega ist seit vielen Jahren eine befreundete Partei der FPÖ und wir haben Matteo Salvini als verlässlichen Partner kennen und schätzen gelernt.
Die Frage stellte Daniele Scalea, Centro Machiavelli (Italien)
Respublika (Litauen)
Würde Österreich strenge Sanktionen gegen Weißrussland unterstützen, weil es die illegale Migration in die EU organisiert, das Minsker Regime vom internationalen Zahlungssystem SWIFT abschneidet und das gesamte weißrussische Staatsvermögen sowie die Gelder seiner Beamten und Oligarchen auf ausländischen Banken einfriert? Oder würde eine solche Politik der totalen Isolierung von Belarus Lukaschenko nur noch weiter in die Arme Moskaus treiben?
Kickl: Die FPÖ hat schmerzlich am eigenen Leib erfahren, wie es ist, wenn sich andere Staaten in interne Angelegenheiten einmischen, und daher werden wir diesen Fehler nicht machen. Tatsächlich verurteilen wir die Einschränkung der Bürgerrechte und der Medienfreiheit in Weißrussland sehr. Wenn belastbare Beweise für die Behauptung im Raume stehen, dass das Minsker Regime illegale Einwanderung in die EU organisiert, dann muss das selbstverständlich Konsequenzen haben.
Nach dem amerikanischen Fiasko in Afghanistan ist die Invasion afghanischer „Flüchtlinge“ in Europa in vollem Gange, und die Amerikaner selbst geben bereits Milliarden von Dollar für die „Integration“ der dorthin abgeschobenen Afghanen aus. Wie steht Österreich dazu: Muss auch Europa Geld für die Integration von Menschen aus einer fremden Kultur verschwenden?
Kickl: Die FPÖ spricht sich konsequent gegen den Import von afghanischen Flüchtlingen nach Europa aus, da die Integration von Menschen aus archaischen Kulturen ins Abendland massive Probleme mit sich bringt. Wesentlich sinnvoller erscheint uns die Schaffung einer innerkontinentalen Fluchtalternative in der unmittelbaren Nähe zu Afghanistan, damit die Rückkehr der Asylwerber in ihr eigentliches Heimatland so schnell wie möglich vonstattengehen kann.
Warum ist es Europa in den letzten 50 Jahren nicht gelungen, die muslimische Diaspora zu integrieren, und warum schaffen sie weiterhin geschlossene Ghettos in den EU-Ländern, in denen die nationalen Gesetze de facto ungültig sind, die „Scharia“ aber vollkommen gültig ist?
Kickl: Diese Fragestellung geht von der Voraussetzung aus, dass der Islam in Europa integrierbar ist. Wesentliche Wissenschaftler wie etwa Bassam Tibi oder Hamed Abdel-Samad sehen hier prinzipielle Probleme und die Erfahrungen aus den europäischen Ballungszentren zeigen uns, dass unsere abendländische Kultur Zuwanderung aus islamischen Ländern nur in homöopathischen Dosen verträgt. Daher werden wir die Probleme mit islamischen Gegenkulturen auch mit weiteren Integrationsbestrebungen nicht in den Griff bekommen.
Würde Österreich einen strengen Schutz der EU-Außengrenzen und den Bau von unüberwindbaren Barrieren für illegale Migranten unterstützen?
Kickl: Das offizielle Österreich des Jahres 2021 mit Bundeskanzler Sebastian Kurz und seinem Grünen Vizekanzler würde solche Maßnahmen nicht unterstützen. Die FPÖ fordert sowohl bauliche Maßnahmen als auch die Bereitschaft, die Grenzen nachhaltig zu schützen. Als Innenminister habe ich etwa eine eigene Grenzschutztruppe installiert, deren Aufgabe es gewesen ist, sich nur mit diesem Schutz zu befassen. Eine der ersten Maßnahmen in der neuen Bundesregierung von Sebastian Kurz war es, diese Grenzschutztruppe aufzulösen.
Die Frage stellte Algis Klimaitis, Respublika (Litauen)
Magyar Hírlap (Ungarn)
Welche Art der Zusammenarbeit schlagen Sie zwischen Ungarn und Österreich bei der Bewältigung der illegalen Migration vor, wie sehen Sie die ungarische Migrationspolitik?
Kickl: Die FPÖ hat die Zusammenarbeit zwischen Österreich und Ungarn – gerade im Bereich der Migration – immer sehr forciert und steht der migrationskritischen Politik von Ministerpräsident Orbán sehr positiv gegenüber. Es wäre etwa sinnvoll, wenn es gemeinsame Überwachungen – mit österreichischen und ungarischen Sicherheitsbeamten – an den EU-Außengrenzen gäbe, damit Ungarn diese finanzielle Last nicht alleine tragen muss.
Welche Auswirkungen könnte Merkels Abgang auf die österreichische und europäische Politik haben?
Kickl: Angesichts jener Personen, die sich bei der deutschen Bundestagswahl Hoffnungen machen, Angela Merkel nachzufolgen, ist unsere Erwartungshaltung eher gering, dass es zu einer merkbaren Verbesserung der deutschen Politik kommen könnte.
Die Frage stellte Mariann Őry, Magyar Hírlap (Ungarn)
Democracija (Slowenien)
Ihre Partei befürwortet die Einführung eines „harten nördlichen“ und eines „weichen südlichen“ Euro. Wie wollen Sie dies tun (Kriterien, Parität…), werden zwei Zentralbanken benötigt, was bedeutet dies für die Stabilität der Union?
Kickl: Angesichts der aktuellen Corona-Krise hat die Verschuldung der europäischen Staaten massiv zugenommen. Die ursprünglich als unumstößlich geltenden Konvergenzkriterien sind das Papier nicht mehr wert, auf dem sie geschrieben sind. Kaum ein Staat erfüllt die Auflagen bezüglich Defizit, Schuldenstand und Inflationsrate. Seit Monaten wird hinter den Kulissen die Debatte um die immer stärkere Einschränkung des Bargeldes und die Einführung eines digitalen Euros geführt. All diese Entwicklung führen darauf hinaus, dass die Nettozahler einmal mehr die Schulden der Nettoempfänger-Staaten übernehmen sollen. Diese Rechnung kann nicht aufgehen, zumal bereits nach der Euro-Krise 2008/2009 die Nordstaaten die Schulden der Südstaaten übertragen bekommen haben. Wir treten daher dafür ein, dass eine Währungsunion nur solche Staaten umfassen soll, die vergleichbare Volkswirtschaften haben und daher auch gemeinsam wirtschaften können.
Wie sollte die Union Ihrer Meinung nach auf die neue Migrationswelle reagieren, mit der wir konfrontiert zu sein scheinen?
Kickl: Die FPÖ tritt seit Jahren konsequent dafür ein, dass es in Europa endlich zu einem Einwanderungsstopp kommt. Neben dem politischen Bekenntnis ist es dazu auch notwendig, den Mitgliedstaaten jene Instrumente in die Hand zu geben, die notwendig sind, einerseits die Grenzen zu schützen und andererseits jene illegalen Zuwanderer, die jetzt schon hier sind, außer Landes zu schaffen.
Tatsächlich hat sich die Union seit Jahren gerade im Mittelmeer absolut lächerlich gemacht, da sie als Shuttledienst für Bootsflüchtlinge die Zuwanderung noch zusätzlich forciert hat.
Wie stehen Sie zu den Zensurversuchen (insbesondere im Internet), die die globalistischen Eliten im Bunde mit der Brüsseler Eurokratie durchzusetzen versuchen?
Kickl: Das Internet könnte die demokratische Kultur massiv bereichern, wenn nicht permanent von autoritär angehauchten Regimen mittels Zensurverfahren die freie Meinungsäußerung massiv verfolgt würde. Daher lehnen wir alle Versuche der Einflussnahme, der Zensur und auch des Drucks auf die einzelnen Nutzer auf den diversen Plattformen ab. Die großen digitalen Plattformen vollziehen diese Einschüchterungswünsche der Regierungen nur zu gerne, da deren Steuerprivilegien auch von ihrer Zusammenarbeit mit den einzelnen Regierungen und dem Rat der Europäischen Union abhängen. Daher ergibt sich eine unheilige Allianz zwischen den Tech-Giganten und der Union.
Die Fragen stellte Bogdan Sajovic, Democracija (Slowenien)
Wochenmagazin ZurZeit (Österreich)
Wie wichtig ist Ihnen aus österreichischer und freiheitlicher Sicht eine Zusammenarbeit mit gleichgesinnten Kräften in anderen europäischen Ländern?
Kickl: Die FPÖ tritt seit dem Jahr 2006 massiv für eine Zusammenarbeit mit den europäischen Rechtsparteien ein. Wem die Zukunft Europas am Herzen liegt, der muss danach trachten, dass die patriotisch-freiheitlichen Kräfte an einem Strang ziehen. Nationale Eigenbrötelei ist hier fehl am Platz, da die Herausforderungen mannigfaltig sind und viele davon nur in einem europäischen Gleichklang zu lösen sein werden.
Wo sehen Sie die Stärken der FPÖ in Europa, was können die Freiheitlichen zu einem besseres Europa abseits des Zentralismus beitragen?
Kickl: Die Freiheitliche Partei hat – im Gegensatz zu vielen Neugründungen – eine lange Tradition im Parteienspektrum und daher auch innerhalb der europäischen Rechten eine große Akzeptanz. Durch die geopolitische Lage der Alpenrepublik kommt Österreich eine wesentlich wichtigere Rolle zu, als dies auf Grund der Einwohnerstärke der Fall wäre. Durch die föderalistische Struktur der Republik Österreich kommt diesem Aspekt in der politischen Debatte in Österreich eine große Bedeutung zu. Und mehr Föderalismus täte auch der Union sehr gut.