Diese Aussage einer hochrangigen AK-Funktionärin schlägt dem Fass den Boden aus und ist als Diffamierung und Diskriminierung aller Organisationen, die sich der Kultur und des Brauchtums unserer Heimat annehmen, anzusehen. Die aufwendigen und farbenfrohen Trachten sind sichtbare Anerkennung des Brauchtums und der Kultur unserer Heimat, der sich zahlreiche Österreicher und Österreicherinnen verbunden fühlen. Sie finden Bewunderung in allen Teilen der Welt und sind Bestandteil vieler Festivitäten, nicht nur im Inland. Auch sind sie unverzichtbarer Teil der heimischen Modebranche und bieten zahlreichen Beschäftigten der Modeindustrie und des Handels Arbeit und damit finanzielle Sicherheit. Sie als Dresscode illegaler Nazis zu bezeichnen, ist nicht nur bedenklich, sondern im höchsten Maße strafbar. Man kann über Tracht denken, wie man will, man kann sich weigern, sie zu tragen. Geschmäcker sind verschieden. Sie jedoch mit den Verantwortlichen der Gräueltaten des Zweiten Weltkrieges in Verbindung zu bringen, ist nicht nur im höchsten Maße bedenklich, sondern gemein und menschenverachtend.
In letzter Zeit ist vor allem bei der Jugend in unserem Land ein Hang zur Tracht oder zur „trachtigen Mode“ erkennbar. Eine Beobachtung, die man vor allem beim Villacher Kirchtag, dem größten Brauchtumsfest des Landes machen kann. Und sie sind schön, die bunten, fantasievollen, modischen Auswüchse traditioneller Trachtenbekleidung. Oder kann sich jemand eine Gruppe Schuhplattler ohne Trachtenhemd und Krachlederner vorstellen? Eine Landjugend-Tanzgruppe ohne regionsspezifische Dirndl- und Burschenbekleidung? Einen Tiroler Schützenverein mit Jeans und Schildmütze?
Nicht zu vergessen unsere Engel in der Krankenpflege. Bis vor wenigen Jahren wurde die Berufsbekleidung der Krankenschwestern als Schwesterntracht bezeichnet. Jedes Land dieser Welt hat seine Eigenheiten und seine spezifische Landestracht, welche die Menschen mit Würde uns Stolz tragen. Sind alle Trachtenträger dieser Welt illegale Nazis? Die Aussage der Arbeiterkammer-Funktionärin mag zwar ein verbaler Ausrutscher gewesen sein, spiegelt aber die derzeitige Situation bedenklich wider. Begriffe wie Heimat, Volkskultur, Tradition und vieles mehr werden von „links“, mit Nazis, Nationalsozialismus oder Hitler in Verbindung gebracht und als rechtes Wort- und Gedankengut abgestempelt.
Man kann sich des Eindrucks nicht verwehren, dass alles, was sich nicht links einordnet und nicht links mitschwimmt, der rechten Szene zugeordnet wird.
Manfred Tisal ist Kabarettist, Moderator, Autor und Journalist.