Autor: E.K.-L. Bilder: Wikipedia/roland zh Lizenz: CC BY-SA 4.0
Am 23. August erscheint in der NZZ (Neue Zürcher Zeitung), prominent auf der Titelseite angekündigt, unter der etwas holprigen Überschrift „Österreich wagt nicht, mit Putin zu brechen“ ein Kommentar von Meret Baumann. Der Untertitel lautet: „Wien unterhält aus historischen Gründen ein enges Verhältnis mit Moskau. Auch die Beziehung zum Kremlherrn war jahrelang seltsam innig. Heute ist das der Regierung unangenehm – trotzdem importiert sie russisches Gas für Milliarden von Euro“.
Darin zeichnet die linksgrün orientierte Verfasserin – vor Jahren als NZZ-Korrespondentin in Wien stationiert, wo sie mit höchst sparsam dosierter Sympathie über Österreich und Ungarn berichtet – ein wenig schmeichelhaftes Bild über die Stellung unseres Landes im Ukraine-Konflikt. Österreich sei, so die Schweizer Journalistin, ein Staat, der sich von Wladimir Putin für dessen Politik einspannen lasse.
Der Kommentar beginnt mit nachstehender Passage: „Als ‚nützlichen Idioten‘ bezeichnet man, wer im Westen die Propaganda des Kremls verbreitet. Es ist unbestritten, dass diese Rolle unter den europäischen Regierungen derzeit am ehesten Ungarn zukommt. Ministerpräsident Viktor Orbán verweigert trotz Nato-Mitgliedschaft Waffenlieferungen an die Ukraine über sein Territorium, blockiert immer wieder Sanktionen und wiederholt bereitwillig die Standpunkte Moskaus zum Krieg im Nachbarland. Der britische ‚Economist‘ führt Ungarn deshalb an erster Stelle seiner Anfang Juli veröffentlichten Auflistung von Wladimir Putins ‚nützlichen Idioten‘. Überraschender mag für viele sein, dass das Magazin als zweitwichtigsten Handlanger Österreich nennt …“ Der Umstand, wonach Österreich den Einmarsch in die Ukraine verurteilt und die EU-Sanktionen mittträgt, mag offenbar daran nichts zu ändern.
Baumann erwähnt wenig überraschend als „besonders peinliches Beispiel für ein seltsam inniges Verhältnis“ den Hochzeitstanz der ehemaligen Außenministerin Karin Kneissl mit Putin, dessen Besuche in Österreich (Treffen mit Bundespräsident Heinz Fischer in Wien, gemeinsamer Skiurlaub mit Wolfgang Schüssel am Arlberg) sowie den, wie sie meint, „verheerenden“ Besuch Nehammers in Moskau vor gut einem Jahr. Weshalb die Visite so verheerend gewesen sei, verschweigt die NZZ-Kommentatorin ihren Lesern. Denn in Wahrheit ist des Kanzlers Abstecher in den Kreml so gut wie unbemerkt geblieben.
Dann verbreitet „bam“, so ihr Kürzel bei der NZZ, ein eigenartiges Geschichtsbild: Österreich sei Russland dankbar für dessen Truppenabzug im Jahr 1955, die Beziehungen zu Russland seien traditionell eng, deshalb fülle man mit der Abnahme von Erdgas die Kriegskasse Putins. Meret Baumann zeichnet das Bild eines kriegsbegeisterten und antisemitischen Landes: „Ein wesentlicher Grund für die anscheinend unerschütterliche Verbundenheit liegt in der Geschichte. Österreich hatte sich 1938 gegen den sogenannten Anschluss an Nazi-Deutschland kaum gewehrt, viele unterstützten danach sowohl Hitlers Feldzüge wie die Judenverfolgung aus Überzeugung.“
Natürlich darf ein Seitenhieb auf den Lieblingsfeind nicht fehlen: „Vielleicht muss man in Brüssel ohnehin froh sein, solange Wien das Moskauer Regime nur so verschämt unterstützt. Bei der Parlamentswahl in einem Jahr könnte die FPÖ erstmals stärkste Kraft werden und wieder in die Regierung oder sogar ins Kanzleramt einziehen. Es ist gut möglich, dass sie Ungarn den Platz als ‚nützlichster Idiot‘ des Kremls würde streitig machen wollen.“
Sicher, ein Kommentar widerspiegelt die persönliche Sicht des Verfassers. Es wäre schön, würde die NZZ auch jemanden zu Wort kommen lassen, der unserer Heimat mehr Wohlwollen entgegenbringt als Meret Baumann