Ungarn hat, wie viele andere EU-Länder auch, mit dem demographischen Wandel zu kämpfen. Mit großzügigen finanziellen Anreizen und steuerlichen Entlastungen will Viktor Orban für höhere Geburtenraten der einheimischen Bevölkerung sorgen.
Durch niedrige Geburtenraten und alternde Bevölkerung sind die Bevölkerungszahlen nahezu aller EU-Länder rückläufig. Während die meisten der betroffenen Staaten diesem Problem durch Zuwanderung entgegenwirken wollen, setzt Ungarn auf eine sinnvollere Strategie zur Lösung dieses Problems.
Nun verabschiedete die Regierung von Viktor Orban ein Maßnahmenpaket, um ungarischen Paaren das Kinderkriegen schmackhaft zu machen. In diesem Maßnahmenpaket gibt es finanzielle Anreize wie günstigere Kredite, steuerliche Entlastungen und ein Belohnungssystem für Geburten. Und das lässt sich die Regierung einiges kosten: Vier Prozent des BIP wendet Ungarn für das familienunterstützende Maßnahmenpaket auf. Woran erinnern uns diese Maßnahmen? An Bruno Kreisky, dem man gewiss nicht Rechtspopulismus unterstellen konnte, wie man es bei Orban tut. Er hatte in den 70er Jahren, Prämien auszahlen lassen für Hochzeiten und Geburten, die Schülerfreifahrten eingeführt und für Gratisschulbücher gesorgt.
In Ungarn muss man nun, um Teil an jener Familienunterstützung haben zu können, müssen gewisse Grundvoraussetzungen mitbringen. Das sind eine gute Ausbildung und ein entsprechendes Einkommen der Eltern. Böse Zungen behaupten, dass darin eine gezielte Ausgrenzung von Minderheiten wie Roma und Sinti zu sehen sei.
In dem neuen Familienschutzgesetz, welches „Familienschutzplan“ getauft wurde, kommt der Frau eine zentrale Rolle zu: Sie ist jene, ob alleinerziehend oder Ehefrau in erster Ehe, die den Antrag auf die Hilfeleistung zu stellen hat. Gut ausgebildete Frauen zwischen 18 und 40 Jahren erhalten ein zinsfreies Darlehen über 10 Millionen Forint (ca 30.600 Euro). Wird innerhalb von fünf Jahren ab Antragstellung ein Kind geboren, bleibt das Darlehen zinsfrei und die Rückzahlung für 3 Jahre ausgesetzt. Bei der Geburt eines zweiten Kindes werden 30 Prozent der Schulden erlassen und die Rückzahlung für weitere 3 Jahre ausgesetzt. Bei der dritten Geburt werden die Schulden komplett erlassen. Bringt die Frau aber innerhalb von fünf Jahren nach Antragstellung kein Kind zur Welt, hat sie den Gesamtbetrag zuzüglich marktüblicher Zinsen zurückzuzahlen.
Zudem sollen Familienkredite auch für den Erwerb von Immobilien zur Verfügung gestellt werden. Familien, welche bereits zwei Kinder haben oder bei Vertragsunterzeichnung vereinbaren, mindestens zwei Kinder zeugen zu wollen, können 10 Millionen Forint zu staatlich subventionierten Bedingungen beantragen. Wer drei oder mehr Kinder hat, oder vereinbart noch bekommen zu wollen, kann dafür einen Familienkredit von über 15 Millionen Forint (ca. 46.000 Euro) beantragen. Zudem gibt es nicht rückzahlbare Boni beim Kauf von Immobilien, die entsprechend der vorhandenen oder geplanten Kinderzahl bis zu 2,75 Millionen Forint (€ 6.400) ausmachen.
Frauen, die mindestens vier Kinder haben, werden laut dem neuen Gesetz ab dem 1. Januar 2020 bis zur Erreichung ihres Rentenalters von der Einkommenssteuer befreit.
Zusätzlich sollen ab diesem Zeitpunkt auch Großeltern, die noch nicht in Rente sind und auf ihre Enkel aufpassen eine finanzielle Entschädigung geboten werden. Sie sollen somit Anrecht auf das Kindergeld erhalten, welches normalerweise den Eltern zustehen würde. Mit diesem Beschluss erhofft sich die ungarische Regierung, Großeltern wieder aktiver in das Familienleben einzubeziehen und sie einen größeren Beitrag bei der Erziehung der Kinder leisten zu lassen.
Zugang zu diesen staatlichen Finanzhilfen unter den genannten Bedingungen wird nicht nur in Ungarn lebenden Ungarn angeboten, sondern auch allen ethnischen Ungarn in Kroatien, Serbien, in der Slowakei, Siebenbürgen und der Ukraine. Sie sollen mit diesen finanziellen Anreizen stärker an ihr Heimatland gebunden werden und angeregt, Teil der ungarischen Nation bleiben zu wollen. Dementsprechend wird das Programm von der Regierung als Maßnahme zur „Bewahrung der ungarischen Nation für die Zukunft“ beschrieben, mit welcher „die Nation und Familie gerettet“ werden sollen.
[Autor: A.P. Bild: www.wikipedia.org/ Lizenz: CC BY 2.0]