Unter Investoren gibt es das geflügelte Wort: An der Börse ist 2 plus 2 niemals 4. Sondern 5 minus 1. Man muss nur die Nerven haben das minus 1 durchzuhalten.
Dies hält die Mainstreamvertreter natürlich nicht davon ab, über die aktuellen Ereignisse in London und Rom mit selbstgefälliger Genugtuung zu schmunzeln. Schließlich gilt es die Klatsche der Landtagswahlen von Sachsen und Brandenburg zu verdauen. Also sieht man Johnson und Salvini gescheitert.
Ebenso oft wurde US-Präsident Trump als gescheitert abgeschrieben. Nun verkündete Verteidigungsminister Esper die Freigabe von 3,6 Milliarden Dollar aus dem Pentagon-Budget für den Bau von 280 Kilometern Grenzmauern zu Mexiko. Trump scheiterte mit dem Shutdown. Trump scheiterte mit der Notstandsverordnung. Trump scheiterte in erster Instanz vor Gericht. Trump siegte in letzter Instanz vor Gericht.
Politik ist das Bohren dicker Bretter, sagte schon Max Weber. Für gewöhnlich verwenden Politiker diesen Ausspruch, um verschleppte Verwaltungsreformen, verzögerte Steuerreformen oder gescheiterte Integrationspolitik zu kaschieren. Diesmal ist es an den Rechten. Aber nicht aus Zögerlichkeit und Unentschlossenheit, sondern an den Widerständen des Systems.
General Petraeus musste im Zuge der Truppenaufstockung im Irak und gestiegener Verluste die Nerven der Politiker stärken, indem er beteuerte, dass es immer erst schlimmer werden müsse, bevor es besser werden kann. Petraeus behielt recht.
Die Koalition aus PD und Cinque Stelle hat erfolgreich ihre erste Hürde genommen. 80 Prozent der Parteimitglieder votierten per Online-Abstimmung für die Fortsetzung der Regierung mit der linken PD. Unter Wählern der Cinque Stelle ist der Zuspruch weitaus geringer. Dort steht es 40:60. Friedrich Peter bemühte in solchen Situationen gerne den Satz: Funktionärsmeinung ist nicht Wählermeinung.
Die Sollbruchstellen finden sich im Regierungsprogramm der neuen Regierung. Ein „Green New Deal“ soll auf der Klimawelle mitschwemmen. Ob das Land mit der zweitgrößten Industrie in der Eurozone – Frankreichs Volkswirtschaft ist zwar größer, jedoch ist der Industriesektor geringer – mit Ent-Industrialisierungsmaßnahmen Freude haben wird, darf bezweifelt werden. Wie der „Green Deal“ mit der Ablehnung der Hochgeschwindigkeitstrasse zwischen Turin und Lyon zusammengehen soll, wird sogar Grünen schwer zu erklären sein.
Die Migrationspolitik soll durch strukturelle Reformen in den Griff gebracht werden. Verhandlungen mit der EU über eine Reform des Dublin-Abkommens sollen Italien entlasten. Eine altbekannte Phrase aus vielen europäischen Ländern, vertont durch viele europäische Politiker. Ob damit Salvinis Politik der geschlossenen Häfen ausreichend kompensiert werden kann, ist der nächste große Zweifel über das neue Bündnis in Rom.
Mindestlöhne statt Steuersenkungen werden Zweifel ob der ökonomischen Kompetenz auch nicht zum Verstummen bringen.
Die Einsätze bleiben am Tisch. An den strategischen Voraussetzungen hat sich nichts geändert. Man muss nur taktische Bewegungen durchhalten.
[Autor: G.B. Bild: www.wikipedia.org/Antoine Taveneaux Lizenz: CC BY-SA 3.0]