Autor: U.K. Bilder: Wikipedia/Manfred Werner Lizenz: CC BY-SA 3.0
Gericht verurteilt New Yorker Operhaus zu Kompensationszahlung an die russische Opern-Diva wegen politisch motivierter Programmabsage
Weil die russische Opern-Diva Anna Netrebko, die zu den absoluten Top-Stars der klassischen Musik zählt, ihr Heimatland nicht deutlich genug kritisieren wollte, hatte die New Yorker Metropolitan Opera, kurz „Met“ genannt und ebenfalls einer der Top-Orte der Klassik-Welt, kurzerhand ihr gesamtes Engagement für die Spielsaison 2022 gekündigt. Denn nach Ansicht der Met-Manager war es nicht genug, dass Netrebko sich gegen den Krieg in der Ukraine ausgesprochen hatte. Sie hätte auch Präsident Putin persönlich verdammen müssen. Außerdem wurde ihr vorgeworfen, dass sie in 2014 [sic!] Geld für den Aufbau eines Opernhauses in der Industriestadt Donzekh gespendet hatte, welches in einer der jetzt von Russland beanspruchten und umkämpften Regionen der Ostukraine liegt.
Laut Vertrag hätte Netrebko, die seit 17 Jahren auch die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, einen Wohnsitz im Wiener ersten Bezirk hat und der 2017 von Bundespräsident Van der Bellen der Ehrentitel „Kammersängerin“ verliehen wurde, in der vergangenen Saison unter anderem die Titelrollen in Verdis Meisteropern „Don Carlo“ und “La Forza del Destino” singen sollen.
Doch die politisch motivierte Absage der New Yorker ging, wie die meisten der aktuellen Russland-Sanktionen, als Schuss in eigene Knie. Denn die Netrebko hat sich diesen Affront natürlich nicht bieten lassen und zog vor Gericht. Erfolgreich, wie die New York Times letzten Freitag berichtete (Originaltext hier https://www.nytimes.com/2023/03/17/arts/music/met-opera-anna-netrebko.html ). Ein New Yorker Schiedsgericht unter Richter Howard C. Edelman verurteilte jetzt das Opernhaus, Netrebko die Summe von 200.000 US-Dollar als Entschädigung für entgangene Gagen zu zahlen, auf der Basis von 15.000 $ je Auftritt, dem Standard-Honorar der Met für Spitzenkräfte.
Denn Netrebkos Vertrag beruhte auf der in den USA üblichen „Pay or Play“-Klausel. Danach müssen Veranstalter Künstler auch dann bezahlen, wenn der Veranstalter die Aufführung absagt oder anderweitig besetzt. Richter Edelman stellte ausdrücklich fest, dass selbst eine Unterstützung für Putin zwar für manche moralisch verwerflich, aber trotzdem Netrebkos persönliches Recht sei. Und infolgedessen kein Grund, einen rechtsgültigen Vertrag aufzukündigen. Ausdrücklich begrüsst wurde die Entscheidung von der „American Guild of Musical Artists“, der amerikanischen Musiker-Gewerkschaft, die Netrebko unterstützt hatte.
Nicht erfolgreich war Netrebko allerdings mit ihrer Forderung nach weiteren 400.000 Dollar Entschädigung für geplante Engagements in der Spielzeit 2023/2024. Hier hätte es nach Ansicht des Gerichts bisher nur Vorgespräche, aber keine rechtsverbindliche Vereinbarung gegeben. Nun, Frau Netrebko wird’s verkraften. Denn ihr Terminkalender ist eh schon praktisch voll, mit Auftritten in der Mailänder Scala, in Monte Carlo, Verona, Wien und geplant auch bei den Salzburger Opernfestspielen kommendes Jahr.