„Stern“-Herausgeber Henri Nannen als Lügner entlarvt

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Autor: E.K.-L. Bild: Wikipedia/Marlis Decker Lizenz: CC BY 3.0


Führen nunmehr entdeckte antisemitische Flugblätter zu einer Neubewertung der Journalisten-Ikone?

Der Name des 1996 verschiedenen Henri Nannen hat einen guten Klang. Zumindest bis heute. Die renommierte Hamburger Journalistenschule ist nach ihm benannt, man verleiht jährlich den Henri-Nannen-Preis für erstklassige journalistische Arbeit (heuer am 22. Juni), seine Heimatstadt Emden verleiht ihm die Ehrenbürgerwürde, benennt eine Straße nach ihm.

Henri Nannen, geboren 1913, ist jahrzehntelang Herausgeber und Chefredakteur des Hamburger Wochenmagazins „Stern“, das von ihm 1948 ins Leben gerufen wird. Die große Lichtgestalt wird mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Bisher bekannt war sein Vorleben in der Zeit vor dem Mai 1945: Stadionsprecher bei den Olympischen Sommerspielen in Berlin 1936, darüber hinaus Sprecher in Leni Riefenstahls zweiteiligem streifen Olympia, während des Krieges Tätigkeit als PK (Mitglied einer Propagandakompanie), sohin: Kriegsberichterstatter.

Ab 1943 ist Henri Nannen bei der Abteilung Südstern, die im Rahmen der Waffen-Schutzstaffel (Waffen-SS), konkret: in der Propagandaeinheit Kurt Eggers, gegen die in Italien Richtung Norden vordringenden Anglo-Amerikaner wirkt. Nebenbei: Den Leiter von Südstern, SS-Obersturmführer Hans Weidemann, holt Nannen nach dem Krieg zu seinem Magazin „Stern“.

Außerdem ist Nannen 1944 Verfasser von Störungsfeuer von „M 17“. Ein Flaksoldat besteht seine Feuerprobe, eine Art Landserheft, das junge Männer für den Krieg begeistern soll. Nannens Geschichte erzählt von jungen Gefreiten Hans Pleschke, der todesmutig die letzten Gegner aus dem Bunker „M17“ auf der französischen Seite des Rheins vertreibt.

Da Nannen beim Entnazifizierungsverfahren gegenüber der englischen Besatzungsmacht dartut, er sei weder Mitglied in Hitlers Partei noch bei deren Schutzstaffel gewesen, vermag er recht schnell seine journalistische Tätigkeit wieder aufzunehmen, erhält seine erste Zeitungslizenz. Seine Arbeit bei der Einheit Südstern verschweigt er.

Über die Jahre zwischen 1936 und 1945 sieht man geflissentlich hinweg, gewährt dem eitlen „Stern“-Chef einen  moralischen Rabatt, gibt er sich doch politisch linksliberal, unterstützt später die sogenannte Ostpolitik (recte: Verzichtspolitik) des Willy Brandt. Genauso wie die zweite Ikone des bundesdeutschen Links-Journalismus, Rudolf Augstein, Herausgeber des „Spiegel“. Auch die blamable Geschichte bezüglich der gefälschten Hitler-Tagebücher (1983) kann dem Renommee des „Stern“-Herausgebers wenig anhaben.

Doch nun kommt der wahre Inhalt von Nannens Tätigkeit als Kriegsberichterstatter ans Tageslicht.  Ein Rechercheteam des Norddeutschen Rundfunks stöbert in der Berliner Staatsbibliothek  Flugblätter der Propagandakompanie Südstern auf, die Nannen entweder persönlich fabriziert hat oder die unter seiner Verantwortung angefertigt worden sind. Denn für die damaligen Beteiligten war die Sache klar. „Sir Henri war der Boss“. Aber öffentlich unbekannt war bislang, was Südstern publiziert hat.

Und diese Flugschriften haben es in sich. So sieht man auf einem Flugblatt das Stereotyp eines reichen Juden, der über eine blonde Frau herfällt und ihr Strumpfband löst. Hinten, im Schaufenster seines Büros, steht „Sam Levy“. Die Botschaft: Die kapitalistischen Juden machen sich zu Hause über die Frauen der Soldaten her, während deren Männer an der Front sterben.

Ein anderes Flugblatt zeigt das Stereotyp eines dicken Juden, der sich über einen Truthahnbraten beugt, während im Hintergrund ein amerikanischer Soldat stirbt. Die zynische Botschaft: Die Juden seien Verräter. Es gibt auch ein Flugblatt, in dem ein Jude Soldaten durch den Fleischwolf dreht und zu Geld macht oder eines, das einen jüdischen Strippenzieher zeigt.

Es gibt es Dutzende Flugblätter der Propagandaeinheit Südstern mit antisemitischem Inhalt, auch in Textform. So heißt es: Nur eine Gruppe von Menschen profitiert von jedem Krieg: Die Wallstreet und die Juden! In der Berliner Tageszeitung BZ (13. Mai) ist unter dem Titel Entzauberung einer Journalisten-Legende. Der «Stern»-Chefredaktor, der die Juden hasste unter anderem zu lesen:

„Der als Publizist bis heute verehrte Henri Nannen (1913–1996) hatte auch unzählige Flugblätter verantwortet, die alle nur denkbaren antisemitischen und rassistischen Klischees bedienten. Die Juden wurden als geizig, gierig, triebhaft, kriegslüstern und die afroamerikanischen US-Soldaten als Vergewaltiger dargestellt. Henri Nannen hatte in späteren Interviews wiederholt und explizit bestritten, antisemitisch agiert zu haben. Eine weitere Lüge von ihm, wie sich heute zeigt.“

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