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Glaubt man dem, was Piero Cipollone, Mitglied des EZB-Direktoriums, auf dem Blog der Zentralbank über den digitalen Euro schreibt, dann ist er die eierlegende Wollmilchsau: ausschließlich Vorteile, und zwar für jeden, überall und immer sowieso. Und Nachteile? Gibt es nicht, denn Daten- und Zahlungssicherheit garantieren die Euro-Banker durch einen fortschrittlichen Offline-Modus – Zurück in die Zukunft sozusagen. Dazu bräuchte man den digitalen Euro aber gar nicht. Denn offline zahlen kann man mit dem Euro seit über 20 Jahren in der gesamten Eurozone. Aktuell sind das 20 Staaten. Tatsächlich hat sich seither einiges verändert: In manchen Städten finden die meisten Transaktionen über Kartenzahlung, Handy-Bezahlfunktionen oder Apps statt. Im ländlichen Raum hingegen bleiben für viele Scheine und Münzen das Zahlungsmittel der Wahl. Insgesamt hat sich die Bandbreite der Zahlungsmöglichkeiten jedoch erweitert und damit das Leben keineswegs komplizierter, sondern leichter gemacht. Warum uns der digitale Euro nun ausgerechnet mit dem Argument, er würde diese – für Cipollone scheinbar unerträglich komplexe – Situation endlich entwirren, schmackhaft gemacht werden soll, ist aus der Lebenswirklichkeit der Menschen nur schwer zu erklären. Tatsächlich wird laut der Österreichischen Nationalbank mit Bargeld nicht nur weiterhin der größte Teil der Transaktionen vollzogen, 93 Prozent der Bürger bewerten es auch als das optimale Zahlungsmittel am Point-of-Sale. In den vergangenen Jahren ist der Zuspruch zu Bargeld sogar wieder gestiegen. So sagten im ersten Halbjahr 2020 58 Prozent, dass Bargeld seine aktuelle Bedeutung behalten sollte. Im zweiten Halbjahr 2022 stieg dieser Wert auf 64 Prozent.
Wir haben in Europa seit vielen Jahren eine Tendenz zum Überwachungsstaat, zur Einschränkung von bürgerlichen Freiheiten und Rechten, zur staatlichen Kontrolle. In diesem Zusammenhang muss man auch den digitalen Euro betrachten. Er ermöglicht im Grunde die totale Überwachung und die totale Kontrolle des Bürgers – all das ist in dieser Technologie drin. Zwar kann man das politisch durchaus kontrollieren, aber die Gefahr besteht einfach. Käme es in Folge des digitalen Euros zur Abschaffung des Bargelds, wovon zahlreiche Finanzakteure durchaus träumen, würden weitere Problemfelder hinzukommen. So könnten Währungsreformen, Enteignungen oder die Disziplinierung von Bürgern letztendlich auf Knopfdruck vorgenommen werden. Bargeld schützt also Freiheit. Bargeld schützt aber auch Privatsphäre und Eigentum. All das ist die Grundlage einer freiheitlichen, demokratischen Gesellschaft. Es lassen sich vorhandene Zahlungswege sicher noch optimieren. Den digitalen Euro benötigen wir hierzu jedoch nicht.