„Unser zweistelliger Wahlerfolg ist ein gutes Ergebnis“

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Der AfD-Ehrenvorsitzende Dr. Alexander Gauland über die Bundestagswahl, Lehren für künftige Wahlen und die ­Positionierung seiner Partei

Herr Dr. Gauland, was ging Ihnen spontan durch den Kopf bei der ersten Hochrechnung zum Ergebnis der Bundestagswahl am Sonntag-Abend des 26. September 2021?
Alexander Gauland: Jetzt hat die CDU ihre Quittung für die Merkel-Jahre bekommen!

Was waren die stärksten Hemmfaktoren im Wahlkampf 2021, warum fiel das Ergebnis mit insgesamt 10,3 % für die AfD doch eher mager aus?
Gauland: Das Ergebnis ist nicht mager. Wir sind zweistellig geblieben, haben jedoch Stimmen verloren, keine Frage. Aber, bedenken Sie, dass nicht nur die mediale Öffentlichkeit in einer Weise gegen uns Front gemacht hat, dass dieses Ergebnis sozusagen unter heftiger Belagerung aller so genannten „demokratischen Kräfte“ schon ein gutes Ergebnis darstellt. Fakt ist, dass von allen etablierten Parteien, vom Verfassungsschutz, von den öffentlich-rechtlichen Medien – also von allen relevanten Gruppen des politisch-medialen Establishments – deutlich gefordert wurde, die AfD-Präsenz im Deutschen Bundestag zu beenden. Der CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet rief uns noch bei seinem letzten Auftritt im Bundesparlament zu: „Euch kriegen wir wieder raus aus dem Bundestag!“ Das ist nicht gelungen. Vor diesem Hintergrund, bei diesem Druck von allen Seiten, ist unser zweistelliger Wahlerfolg ein gutes Ergebnis!

Dr. Alexander Gauland ist Ehrenvorsitzender der AfD. Der promovierte Jurist war nach über 40-jähriger Mitgliedschaft in der CDU einer der Gründungs­väter der AfD, baute den Landesverband Brandenburg auf, war Landes- und Fraktionsvorsitzender. Er war von 2017 bis 2019 Bundessprecher, und von 2017 bis 2021 Vorsitzender der AfD-Bundestagsfraktion. (Bild: AfD)

Erneut sticht ein starker Ost-West-Unterschied bei der Wählergunst ins Auge: Der Osten überflügelt mit seinem AfD-Stimmenanteil von fast 20 Prozent den Westen eindeutig. Welche Schlüsse sollten aus diesem Präferenzgefälle gezogen werden, darüber wird ja auch bei Ihnen parteiintern heftig diskutiert – was meinen Sie?
Gauland: Wahlkämpfe müssen immer regional auf die Länder zugeschnitten sein, das ist völlig klar. Sie können aber einen Mentalitätsunterschied nur schwer überwinden. Im Osten stört es die wenigsten unserer Landsleute, dass der Verfassungsschutz die AfD auf dem Kiecker hat. Das kennen sie ja von früheren geheimdienstlichen Nachstellungen der Stasi aus alten Zeiten der SED-Diktatur. Im Westen gibt es davor eine stärkere Angst, und die Kampfbereitschaft ist geringer. Wir haben es im Westen mit einer Art Wohlfühl-Demokratie zu tun. In dieser Gesellschaft werden alle sofort skeptisch angesehen, die sich nicht in diesem Schonraum aufhalten. Wenn dann noch dazu ein parteipolitisch instrumentalisierter Verfassungsschutz Ausgrenzungsberichte über unsere Partei verbreitet, zucken viele Westler angstvoll zusammen. Die mitteldeutsche Bevölkerung reagiert da auf Grund ihrer leidvollen „DDR“-Erfahrung gelassener, sie lässt sich nicht so leicht einschüchtern. Und von daher, ja, wir müssen den Wahlkampf in Zukunft stärker regionalisieren, aber die Mentalitätsunterschiede wird man nicht vollständig beseitigen können.

D.h., Sie plädieren also bei den unterschiedlich sozialisierten Bevölkerungsgruppen in Deutschland auch in Wahlkämpfen für differenzierte Werbe- und PR-Strategien – natürlich unter Beibehaltung von Grundpositionen?
Gauland: Ja, genau das meinte ich. Wir werden in Zukunft die Feinabstimmung unserer Wahlkampfführung noch stärker auf die unterschiedlichen Befindlichkeiten unserer Zielgruppen ausrichten müssen, um noch mehr Erfolg zu haben.

Im Osten stört die wenigsten, dass der Verfassungsschutz die AfD auf dem Kiecker hat.

Ein so genanntes polit-kriminelles „Zentrum für politische Schönheit“ betrog Ihre Partei im Wahlkampf um rund fünf Millionen aufklärende Werbemittel. Tonnenweise landeten AfD-Informationen auf dem Müll. Werden Sie – gerichtlich – Schadenersatz einfordern?
Gauland: Das kann ich im Moment noch nicht sagen, wie die Aussichten dabei wären, das prüfen unsere AfD-Juristen gerade. Der Vorgang selbst ist ein handfester Skandal. Ein höchst dubiose Personengruppe maßt sich durch Täuschungsmanöver an, der Bevölkerung wichtige Informationen unserer Partei zur Bundestagswahl in
illegaler Weise vorzuenthalten…..

Wie bewerten Sie dieses eigenartige „Schönheitszentrum“?
Gauland: Absolut negativ, und wir kennen ja ähnliche Aktionen bereits aus Thüringen. Dort haben diese Leute unmittelbar in der Nachbarschaft zum privaten Wohnhaus unseres dortigen Landesvorsitzenden Höcke ihn und seine Familie in unerträglicher Weise bedrängt. Das hat mit fairer politischer Auseinandersetzung und demokratischem Meinungsdiskurs nichts mehr zu tun!

Stand heute, Anfang Oktober, sieht es ganz nach einer Ampelkoalition aus, d.h., ein Regierungs-Bündnis aus Rot–Gelb–Grün wird die Union auf die Oppositionsbänke drängen. Befürchten Sie eine wählerwirksame Scheinbelebung des von Merkel ausgegrenzten rechten Flügels der CDU/CSU auf Kosten der AfD?
Gauland: Das hängt von so vielen Faktoren ab, dass ich heute eine Voraussage nicht treffen würde. Wenn die CDU/CSU tatsächlich in der Opposition landet, wofür zurzeit eine größere Wahrscheinlichkeit besteht als für eine Jamaika-Koalition, dann kommt es ganz darauf an, wie sich die geschlagene Union aufstellt. Ob sie etwa wieder auf den konservativen Markenkern zurückgreift und welche Führungsfiguren sich zur Verfügung stellen, denn der gescheiterte Laschet ist ja dann Geschichte.

Könnte es Herr Dr. Maaßen von der Werte-Union sein, der ehemalige bundesrepublikanische Verfassungsschutzpräsident, der ja von der Merkel-Regierung deswegen gefeuert wurde, weil er im Zusammenhang Antifa-Fälschungen bei den Demonstrationen von Chemnitz die Wahrheit sagte ?
Gauland: Das weiß ich nicht, das müssen Sie ihn fragen! Warten wir es ab.

Eine Frage zum so genannten „Richtungsstreit“ in der „gärigen“ AfD, der von Medien gerne thematisiert und hochgespielt wird. Gibt es ihn tatsächlich oder sind das nur Differenzen wie in anderen Parteien auch?
Gauland: Na ja, er ist irgendwie ein Mittelding. Natürlich sind es Differenzen wie in anderen Parteien auch. Aber bei uns besteht ein grundsätzlicher Dissens darin, dass es Kräfte in der Partei gibt – und dazu rechne ich auch den Vorsitzenden Meuthen –, die Annäherungen an Positionen der CDU mit dem Ziel verfolgen, sich möglichst kurz- oder mittelfristig für ein Mitregieren anzudienen.
Und dagegen steht die andere Gruppierung, die immer mit Namen verbunden ist, mal mit Björn Höcke, mal mit mir, die sagt, wir müssen bei dem grundsätzlichen Oppositionskurs bleiben, sonst verlieren wir unsere Wähler. Und eine solche Möglichkeit des Regierens wird es vielleicht einmal langfristig geben, setzt aber eine völlige Veränderung der politischen Gesamtlage voraus. Mit der heutigen CDU auch nur in Koalitionsverhandlungen einzutreten, selbst wenn sie es wollte, würde ich für völlig verfehlt halten.

In der Tat will bis heute seitens der etablierten Altparteien niemand mit der AfD koalieren. Könnte diese Ablehnungsfront zunächst in den östlichen Bundesländern eventuell durchbrochen werden, z. B. in Thüringen oder in Sachsen?
Gauland: Das ist schwer einzuschätzen, weil es ganz darauf ankommt, wie stark und selbständig die CDU-Landesverbände in Thüringen und Sachsen sind. Vergebliche Bestrebungen dieser Art gab es ja schon in Sachsen-Anhalt. Im Moment sehe ich jedoch für derartige Koalitionen keine Chance, denn: Die Bundes-CDU würde solche Ambitionen um jeden Preis zu verhindern suchen. Die mitteldeutschen CDU-Landesverbände wären einem solchen Druck aus Berlin nicht gewachsen.

Auch der bundesdeutsche Inlandsgeheimdienst, ein so genannter Verfassungsschutz, wird sich in absehbarer Zeit mit der AfD erneut befassen. Was erwarten Sie aus dieser Richtung?
Gauland: Ich erwarte die weitere Zunahme des politischen Drucks mit dem unerfreulichen Ergebnis, dass der von den Altparteien instrumentalisierte Geheimdienst eine Beobachtung der ganzen Partei verfügen wird …

… und Sie dagegen gerichtlich vorgehen werden?
Gauland: Ja, das ist klar!

Herr Dr. Gauland, mit welchen Veränderungsakzenten könnte Ihre Partei in der nächsten Legislaturperiode eine höhere Wähler­resonanz erzielen?
Gauland: Wie schon erwähnt, in dem wir noch stärker auf die unterschiedlichen Mentalitäten der Menschen in Deutschland Rücksicht nehmen. Im Osten ist das sozialpatriotische Element klarer ausgeprägt, im Westen sind es andere Faktoren, auf die wir genauer in der Zielgruppenansprache eingehen müssen, mit entsprechenden Folgerungen für unsere Parteiarbeit in den Parlamenten und in Wahlkämpfen. Hinzu kommt, dass wir viele Probleme, die in der nächsten Legislaturperiode auftauchen, noch gar nicht kennen können. Denken Sie an den Corona-Faktor, der plötzlich da war. Was uns z. B. im jetzt zu Ende gegangenen Bundestags-Wahlkampf vor allem zu schaffen machte war, dass das Großproblem der illegalen Masseneinwanderung zu stark aus dem Bewusstsein bei der Bevölkerung verdrängt wurde. Das hat uns geschadet, während die Klima-Hysterie mit den Grünen verbunden wurde und ihrer Partei Wahlerfolge bescherte. Kurzum: Wir werden uns als AfD, neben der bewährten Grundausrichtung der Partei, auch auf viele neue Faktoren einstellen müssen, die von außen kommen. Darauf bereiten wir uns vor!

Herr Dr. Gauland, vielen Dank für dieses Gespräch!

Das Gespräch führte Bernd Kallina.

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Merkel-Dämmerung – ZurZeit Nr. 40 - ZurZeit 7. Oktober 2021 - 8:00

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