Uranbrennstäbe – Russlands verdecktes Energiemonopol

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Autor: U.K. Bild: Flickr/Pressefoto TVEL/Rosatom Lizenz: –


Auch wenn in Österreich nie ein Atomkraftwerk seinen Dienst getan hat, und auch Deutschland seine letzten drei Atommeiler zum Jahresende abschalten will: Für 100 Millionen Menschen in den östlichen Staaten der EU ist Atomstrom aus Kraftwerken russischer Bauart eine unverzichtbare Energiequelle.

Vor allem in den Ländern des ehemaligen Ostblocks, aber auch in Finnland liefern Druckwasser-Atomreaktoren der noch zu Sowjetzeiten entwickelten VVER-Baureihe rund 40% der dort benötigten Stromenergie. Aber auch anderswo, wie zum Beispiel in China, der Türkei, Indien, Iran und demnächst auch Bangladesh, produzieren russische VVER-Reaktoren elektrische Energie für die Grundlastversorgung.

Aber anders als bei einem konventionellen Kohlekraftwerk, dem es egal ist, ob Brennstoff aus Polen, Russland oder Australien in den Kessel geschaufelt wird, benötigen Kernreaktoren Uran-Brennstäbe, die bis ins kleinste Detail auf den jeweiligen Reaktortyp abgestimmt sind. Diese Brennstäbe sind feinmechanische Präzisionsbauteile, in denen Keramik-Pellets von leicht angereichertem Uran in Arrays von Zirkonium-Stäben gefüllt werden, wobei Toleranzen im Hundertstel-Millimeterbereich einzuhalten sind.

Bei der Produktion sind strengste regulatorische Vorschriften zu beachten, auch um sicherzustellen, dass das spaltbare Material nicht später zu militärischen Zwecken umgenutzt werden könnte. Üblicherweise dauert der internationale Lizensierungsprozess für einen Brennstab-Hersteller rund fünf Jahre, und nur wenige Länder der Welt verfügen überhaupt über die nötige Infrastruktur und Technologie dazu.

So kommt es, dass die derzeit aktiven VVER-Reaktoren, mit Leistungen zwischen 440 und 1.200 Megawatt, nur mit Brennstäben betrieben werden können, welche die Rosatom-Tochter TVEL in ihren Werken in Elektrostal bei Moskau und Novosibirsk herstellt. Zwar stellt mittlerweile der US-Konzern Westinghouse kompatible Brennstäbe her, die auch in einigen VVER-Kraftwerken in der Ukraine eingesetzt werden. Aber selbst innerhalb einer Modellreihe können die Brennstäbe nicht beliebig getauscht werden, und die US-Nachbauten sind wesentlich teurer als das Rosatom-Original.

Von daher gibt es für die Kraftwerksbetreiber im Osten Europas keine Alternativen, will man nicht im dunkeln sitzen. Das haben sogar die verantwortlichen Politiker erkannt, und russische Nukleartechnologie bisher auf keine Bannliste gesetzt.

Übrigens macht die allgemeine Teuerung bei Energierohstoffen auch vor dem rohen Uranerz nicht halt: Der Preis für Uranerz am der Chicago Mercantile Exchange hat sich innerhalb der letzten zwei Jahre auf aktuell 63,5 US$ per US-Pound (ca. 0,45 kg) verdreifacht, nachdem er zuvor ein Jahrzehnt lang zwischen 20 und 25 Dollar vor sich her gepümpelt ist. Wobei die Hälfte dieses Preissprungs in den wenigen Wochen seit Ausbuch des Ukraine-Konflikts passiert ist.

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