Schweiz: Wahlrecht für Schimpansen?

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Autor: E.K.-L. Bild: Wikipedia/Thomas Lersch Lizenz: CC BY-SA 3.0


Über eine seltsame Forderung in der Stadt Basel

Nach Meinung von Spaßvögeln haben am 13. Februar, sohin mitten im heurigen Fasching, die Stimmbürger von Basel Gelegenheit, ihren Sinn für Humor unter Beweis zu stellen. Bekanntlich gelten ja die Eidgenossen als nüchterne Geschäftsleute, für die Sachlichkeit, Genauigkeit sowie Pünktlichkeit – Sinnbild dafür ist die weltbekannte Schweizer Uhrenindustrie – eherne Grundpfeiler ihres Wertesystems darstellen.

Weswegen sollen die Bewohner Basels ihre fröhlich-lustige Ader zur Schau stellen? Nun, am erwähnten 13. Februar gilt es über eine kantonale Initiative abzustimmen. Falls die Mehrheit das leicht jenseitige Anliegen – näheres siehe sogleich – bejaht, so wird es Teil der Rechtsordnung des Halbkantons Basel-Stadt (die andere Hälfte des Kantons nennt sich Basel-Landschaft). Mit anderen Worten: Bei Annahme der Initiative wären alle staatlichen Institutionen des Halbkantons Basel-Stadt daran gebunden.

Konkret soll darüber entschieden werden, ob in Basel nicht bloß Menschen Grundrechte (= verfassungsgesetzlich gewährleistete subjektiv-öffentliche Rechte) haben sollen, sondern auch Primaten; die bekanntesten der rund 500 Arten von Primaten sind die umgangssprachlich als Affen bezeichneten, also Schimpansen, Paviane, Rhesusaffen sowie Orang-Utans. Wobei die Spannweite recht groß ist: Während Gorillas bis zu 275 kg schwer werden können, bringt die kleinste Primatenart, der Berthe-Mausmaki, ein Körpergewicht von höchstens 38 Gramm (!) auf die Waage.

Da Affen in Europa, wenn man von den nordafrikanischen Berberaffen auf den Felsen Gibraltars absieht, bloß in Tiergärten und einzelnen Privathaushalten gehalten werden, erscheint es etwas weit hergeholt, gerade ihnen Grundrechte angedeihen lassen zu wollen. Viel plausibler wäre es doch, intelligente Haustiere wie dem treuen Hund gewisse Rechte zu geben. Rex würde das sicher freuen. Andererseits genießen Affen in manchen Religionen gottähnlichen Status; bei den alten Ägyptern wurde der Gott Thot als Pavian dargestellt, im Hinduismus gehört der affengestaltige Gott Hanuman noch heute zu den populärsten Göttern.

Ganz im Ernst: Die Baseler Gruppe Sentience Politics kämpft für das Recht von nichtmenschlichen Primaten auf Leben und auf körperliche und geistige Unversehrtheit. Vereinfacht ausgedrückt: Das Leben und die körperliche Integrität von Affen in Basel-Stadt soll rechtlich genauso geschützt sein wie das von Menschen. Gleichzeitig soll werdenden Affenmamas das Recht auf Abtreibung garantiert werden. Auch dürfen kranke, alte Affen – wenn es ihr ausdrücklicher Wunsch ist – Sterbehilfe in Anspruch nehmen.

Was die geistige Unversehrtheit angeht, so ist unklar, durch welche Grundrechte diese geschützt werden soll. Vielleicht durch das aktive und passive Wahlrecht? Auf Glaubens- und Gewissensfreiheit? Oder das Recht auf freie Meinungsäußerung? Die grün angehauchte Organisation Sentience Politics legt sich da nicht eindeutig fest. Relativ vage heißt es: Sentience Politics trägt die Interessen nicht-menschlicher Tiere in die Mitte der Gesellschaft.

Neben der durchaus achtenswerten Bestrebung zur Verbesserung des Tierschutzes ist es, so vermuten viele Beobachter, das Ziel der Initiative, schlussendlich jedem Tier einen Grundrechtsschutz zukommen zu lassen. Damit wäre die Schlachtung von Nutztieren illegal und eine vegane Schweiz in Sichtweite. Aber auch die Heranziehung von Versuchstieren bei der medizinischen Forschung würde dadurch verunmöglicht werden. 

So besehen ist die auf den ersten Blick humoresk anmutende Initiative eine ziemlich ernste Angelegenheit, wenn man die Konsequenzen bedenkt.

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