Ungarn: Freudentag mit düsterem Schatten

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Autor: E.K.-L. Bild: Wikipedia/Elekes Andor Lizenz: CC BY-SA 4.0


Ein Gesetz überschattet den sportlichen Triumph

Der gestrige Dienstag (14. Juni)  ist ohne jeden Zweifel ein Freudentag für unseren östlichen Nachbarn: Die ungarische Fußball-Nationalmannschaft besiegt in England die dortige Elf mit sensationellen 4 : 0 Toren. Einen Sieg der Magyaren über die Gastgeber hat es seit 69 Jahren (!) nicht gegeben. Ganz Ungarn – sogar Zeitgenossen, die es nicht so mit dem als Sport der Unterschicht geltenden Fußball haben – jubeln.

Leider, und das sei kritisch angemerkt, erhält der Tag des Sieges durch eine Maßnahme der besonderen Art einen bitteren Beigeschmack – durch einen Beschluss der Fidesz-KDNP-Mehrheit in der Volksvertretung, der für die Opposition eine Steilvorlage ist. Die Landesväter erhöhen nämlich die Bezüge des Ministerpräsidenten Viktor Orbán und weiterer Kabinettsmitglieder.

Beispielsweise erhält der Regierungschef statt wie bisher 1,5 Millionen Forint (3.750 Euro; Kursverhältnis derzeit: 1 Euro entspricht 400 Forint) nunmehr 3,5 Mio., was ungefähr 8.750 Euro entspricht. Damit erhält der Premier für seine Tätigkeit dasselbe wie der Präsident des Parlaments. Darüber hinaus findet Orbán auf seinem monatlichen Kontoauszug weitere 1,3 Mio. Forint (3.250 Euro) für seine Tätigkeit als Abgeordneter. Im Vergleich zu den Gehältern österreichischer Minister und Abgeordneter ist das eine durchaus schmale Gage.

Das neue Gehaltsgesetz räumt dem Ministerpräsidenten überdies die Befugnis ein, unter Berücksichtigung des Sachlichkeitsgrundsatzes über die Bezüge der Minister und Staatssekretäre im eigenen Wirkungsbereich zu entscheiden.

Angesichts der auch in Ungarn herrschenden Inflation (Preissteigerung zwischen Mai 2021 und dem heurigen Mai 10,67 %) wird sich die Volkstümlichkeit des neuen Gehaltsgesetzes in engen Grenzen halten. Die Bürger müssen den Gürtel enger schnallen. Solcherart wird die Gehaltserhöhung für Politiker als Affront betrachtet. Bereits in der Parlamentsdebatte meinte die oppositionelle Mandatarin Tímea Szabó, die Bezüge hätte eher um zwanzig Prozent gekürzt gehört.

Es bleibt zu hoffen, dass der kürzliche Wahltriumph Orbáns nicht zu weiteren unbedachten Schritten führt. Davon würde bloß die EU-hörige Opposition profitieren.

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