Sternekoch Heinz Winkler ist tot

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Autor: U.K. Bilder: Privat von U.K. Lizenz: –


Ein Großmeister der Kochkunst hat uns verlassen

Am vergangenen Freitagabend ist der Koch und Hotelier Heinz Winkler aus dem oberbayerischen Aschau im Chiemgau plötzlich und unerwartet verstorben. Das ist uns eine Meldung wert.

Denn Heinz Winkler war nicht irgendwer. Er war einer der letzten lebenden Großmeister der „Nouvelle Cuisine“. Jener Kochphilosophie, die seit Ende der 1970er Jahre die Art und Weise revolutioniert hat, wie Kochkunst im obersten Qualitätssegment zu interpretieren sei, und die bis heute die Art des Kochens im gesamten westlichen Kulturkreis entscheidend beeinflusst. Der legendäre Paul Bocuse aus Lyon war sein prägender Lehrmeister, beim ebenso legendären Eckart Witzigmann im Münchner Gourmettempel „Tantris“ erkocht er sich seine ersten 3 Michelin-Sterne, vergleichbar einer olympischen Goldmedaille, 1981 als damals jüngster 3-Sterne-Koch aller Zeiten. Seitdem hat er sich im höchsten Zenith der Kochkunst gehalten, bis zu seinem tragischen Tod vor wenigen Tagen im Alter von 73 Jahren.

Ein Bild aus glücklichen Tagen: Heinz Winkler (li.) und Sohn Alexander

Geboren am 17. Juli 1949 in Brixen in Südtirol als elftes Kind einer Bergbauernfamilie wurde er nach der Volksschule mit 14 Jahren in die Lehre geschickt, etwas anderes war damals für das Kind aus einfachsten Verhältnissen nicht denkbar. Der glückliche Zufall wollte es, dass Winkler 1963 eine Lehrstelle als Koch beim Parkhotel Laurin in Bozen bekam, damals eines der ersten Häuser der Region. Das Kochhandwerk sagt ihm zu, und nach bestandener Lehre zieht es Winkler auf die – für zukünftige Top-Köche obligatorische – Wanderschaft nach Deutschland, Frankreich, Italien und die Schweiz.

Der Sprung in die Spitzengastronomie gelang im Winter 1973, als er mit nur 24 Jahren Chefkoch im Schlosshotel Pontresina bei St. Moritz wurde. Hier konnte er aus vollen Stücken Kochkunst auf höchstem Niveau zelebrieren, denn Geld spielte bei den Wintergästen einer solchen Nobelherberge nur eine sekundäre Rolle. Aber die „Grande Cuisine“, die klassische französische Hochküche mit ihren schweren Soßen, üppigen Zutaten und kalorienreichen Zubereitungen, die damals als Maßstab aller Dinge galt, befriedigte den Kochrebell aus den Bergen nicht mehr. Denn Heinz Winkler wollte Neues entdecken, Neues gestalten.

Winklers „Cuisine Vitale“ – Heilkraft der Kräuter und Sterneküche, auch fürs Auge ein Genuss

So ging er, quasi nochmals als Lehrbub, zu Paul Bocuse, der in der “ L’Auberge du Pont de Collonges“ im kleinen Dorf Collonges-au-Mont-d’Or nahe Lyon die Ideen der Nouvelle Cusine propagierte und perfektionierte. Das war damals nicht nur revolutionär, sondern heftig umstritten, sowohl bei Feinschmeckern wie auch in den Medien. Mit dem Gelernten ging er dann zu Witzigmann nach München und kochte sich dort endgültig in den Olymp der Küchengötter.

1991 erfüllt sich Winkler seinen Lebenstraum: ein eigenes Restaurant mit einem kleinen Hotel dazu, natürlich auch letzteres in absoluter Spitzenqualität. Im malerischen Aschau in den Chiemgauer Alpen, einem damals eher verschlafenen Dörfchen unweits des Chiemsees, wird er fündig. Die Tafernwirtschaft im Ortskern, ein imposanter Bau aus dem 15. Jahrhundert, steht seit Jahren leer, ist zu verkaufen und auch nicht allzu sehr verfallen. Mit 14 Millionen D-Mark Kredit und der Unterstützung von Freunden und Gönnern aus der Münchner Szene wagt er das Risiko, baut aus dem historischen Gemäuer ein opulentes Restaurant im venezianischen Stil, dazu rund 20 luxuriöse Zimmer und Suiten für Übernachtungsgäste und, damals keineswegs selbstverständlich, großem Wellnessbereich und einer Beauty-Farm mit den besten Produkten, die am Markt verfügbar waren.

Und das Konzept ging auf. Bereits nach einem Jahr hatte das neue Restaurant, die „Residenz Heinz Winkler“, seine drei Michelin-Sterne erkocht und florierte auch wirtschaftlich. Winkler erwies sich nicht nur als exzellenter Koch, sondern auch als umsichtiger Hotelier. „Es bringt nichts, Sterne zu haben, aber wirtschaftlich nicht überlebensfähig zu sein.“ ist von ihm überliefert.

Die Residenz In Aschau – Gourmet-Refugium in historischen Ambiente

Der Autor, selbst bekennender Feinschmecker und von Beginn an Stammgast in der Residenz, denkt an nun drei Jahrzehnte kulinarischer und geselliger Genüsse zurück, die ihm Winkler und sein Team bereitet haben. Unvergessen die opulent-bukolischen Sylvesterparties in den Neunziger Jahren, ungetrübt von grüner Verbotshysterie, Feinstaubpanik oder Political Correctness-Zwängen. Da feierte große Welt, ja, und auch Halbwelt, einfach das neue Jahr mit Austernbuffet, Champagner und riesigem Brilliantfeuerwerk. Unvergessen auch die grandiose Gourmet-Gala zum 25-jährigen Betriebsjubiläum am 11. September 2016, wo acht der besten Köche der Welt nach Aschau pilgerten, um dem Altmeister und seinen Gästen ein achtgängiges Festmenü zu kreieren, jeder Gang von einem anderen Sternekoch zubreitet. Unvergessen aber auch die vielen romantischen, harmonischen, deliziösen Ess-Erlebnisse, ob als großes Dinner zu Abend oder vitales Mittags-Lunch im Restaurant-Garten mit Blick auf das Kampenwand-Massiv. Denn bei den Winklers fühlte man sich familiär aufgehoben, daran hatten auch Lebenspartnerin Evi als „Seele des Hauses“ und Sohn Alexander als Maitre de Service entscheidenden Anteil.

Bei all dem soll nicht vergessen werden, dass Heinz Winkler auch viel für die kulinarische Weiterentwicklung des gesamten Chiemgaus und die Ausbildung des gastronomischen Nachwuchs in der Region getan hat. Er galt als strenger Lehrherr, aber mit einem Abschlusszeugnis der Residenz in Aschau stand einem danach die Welt offen. Auch erkannten viele alteingessene Köche und Wirte durch sein Beispiel, dass es jenseits von Schweinsbraten und Forelle Müllerin auch eine Welt gibt, in der man Gäste beglücken und dabei gutes Geld verdienen kann.

Winklers „Cuisine Vitale“, die er damals als Weiterentwicklung der Nouvelle Cuisine verstand, ist heute fast eine Selbstverständlichkeit zeitgemäßen und guten Kochens. Die Nutzung regionaler, frischer Saisonprodukte, geschmacklich klare Zubereitung und altes Wissen um die Heil- und Wirkkraft von Kräutern und Gewürzen gilt heute als anzustrebender Standard. Vor dreißig Jahren war das keinesfalls selbstverständlich.

„Essen soll beflügeln und nicht belasten“ war das Credo von Heinz Winkler. Noch am Donnerstag hatte er in der Küche gestanden. Sein plötzlicher Tod, an den Folgen eines Herzinfarkts, hat eine Ära beendet. So hoffen wir aber, dass Familie und Team in der Residenz Heinz Winkler <link: https://www.residenz-heinz-winkler.de/ > sein Erbe in diesem Sinne nicht nur verwalten, sondern weiterführen und weiterentwickeln werden.