ORF-Interview mit Ungarns Justizministerin Judit Varga
Offenbar hat sich ZIB2-Moderator irgendwie im Datum verschaut und den 1. April um einen Tag vorverlegt. Anders ist sein Interview mit Justizministerin Judit Varga am Abend des 31. März nicht zu erklären. Thema des Gesprächs war das ungarische Corona-Notstandsgesetz, das vom Budapester Parlament am Montag verabschiedet worden ist.
137 von 199 Landesvätern stimmten dafür, das sind die Fraktionen von Fidesz mit 116 sowie die der KDNP-Christdemokraten mit 17 Sitzen; außerdem Emmerich Ritter als Vertreter der Donauschwaben sowie drei Mandatare der Partei „Unsere Heimat“, die sich als patriotischer Flügel von der immer weiter nach links abtriefenden Jobbik abgespalten hat; die 53 Gegenstimmen kamen von Postkommunisten, Rest-Jobbik sowie diversen Kleinstparteien. Damit hat der Gesetzesvorschlag die erforderliche Zweidrittelmehrheit erhalten. Am späten Nachmittag desselben Tages ist das Gesetz von Staatspräsident János Áder unterzeichnet worden, es gilt ab 31. März.
Das Gesetz verleiht Ministerpräsident Viktor Orbán die Befugnis, in Zusammenhang mit der Coronakrise weitreichende Verordnungen zu erlassen. Ähnlich wie hierzulande das Epidemiegesetz dem Sozialminister Rudolf Anschober.
Armin Wolf stoßt sich im Interview daran, dass im verabschiedeten Gesetz kein Passus enthalten sei, wann es seine Gültigkeit verliere. Justizministerin Varga klärte ihn charmant auf: Das sei auch gar nicht notwendig, da einerseits niemand wisse, wann die Krise überwunden sein werde, und andererseits die ungarische Volksvertretung das Gesetz jederzeit aufheben könne. Worauf Wolf ein kabarettreifes Argument vorbringt: Da im Parlament die Regierungsparteien Fidesz und KDNP eine große Mehrheit hätten, würden die Abgeordneten so entscheiden, wie Orbán das wolle. Replik seiner Gesprächspartnerin: Viktor Orbán könne man schlecht vorwerfen, dass er in den letzten drei Parlamentswahlen jeweils eine Zweidrittelmehrheit erhalten habe.
Dann der zweite kuriose Vorstoß des Armin Wolf: Wie könne man sich erklären, dass auch die EU, der Europarat und verschiedene andere Institutionen von der Gefahr einer Diktatur sprächen? Für Judit Varga war dies leicht zu beantworten: Das sei der liberale Mainstream, wer sich da nicht anschließe, der sei schnell in eine Ecke gestellt. Zudem habe sich niemand das Gesetz in seinem genauen Wortlaut angesehen.
Danke, Frau Varga, für Ihre Geduld!
[Autor: E.K.-L. Bild: Screenshot „ORF TVThek“ Lizenz: –]