FPÖ-Justizsprecher und Notar Harald Stefan im Gespräch
Wir hatten eine Debatte über die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, eine über die Einführung eines Bundesstaatsanwalts und eine Debatte über Sicherstellungen bei Behörden. Bei all diesen Debatten: Funktioniert unsere Justiz überhaupt noch?
Harald Stefan: Die Justiz funktioniert weitgehend ausgezeichnet wie in nur wenigen Ländern auf der Welt. Aber es gibt auch gewisse Missstände, und diese muss man aufzeigen: Ein großer Missstand ist die Durchlässigkeit der Justiz insofern, als aus Ermittlungsakten Informationen in die Öffentlichkeit geraten. Dadurch werden Beschlagnahmungen und ähnliches besonders heikel, weil wenn man wüsste, dass die beschlagnahmten Daten bei der Justiz gut aufgehoben sind, würde man das zur Kenntnis nehmen, es würde ausgewertet und dann in einem Verfahren verwendet werden. Aber muss leider davon ausgehen, dass bei all derartigen Maßnahmen in Wirklichkeit Informationen gesammelt werden, die den Weg in die Öffentlichkeit finden. Das ist eines Rechtsstaates nicht würdig.
Ist es nicht ein Problem, dass es im Justizapparat wegen einzelner Personen undichte Stellen gibt?
Stefan: Das muss so sein, weil wir das Thema schon seit vielen Jahren ansprechen. Wir erinnern uns, dass aus den Akten von Grasser Kabarett gemacht wurde. Es ist bis heute nicht gelungen, die undichten Stellen zu finden. Ich persönlich glaube, dass man dem nicht ausreichend nachgeht. Immerhin gelangen die Informationen aus der Justiz
immer zu einem bestimmten Personenkreis.
Zuletzt hat ein Expertenpapier aus dem Justizministerium für Aufsehen gesorgt, in dem unter anderem Bewährungsstrafen für Sexualstraftäter gefordert wurden. Justizministerin Zadic hat dem mittlerweile eine Absage erteilt. Aber könnte es sich dabei nicht um einen Versuchsballon handeln – irgendwer muss die Experten ja ausgewählt haben?
Stefan: Die Strafen in diesem Bereich wurden gerade erst von der früheren Bundesregierung verschärft und damit festgestellt, dass Sexualstraftaten ein gesellschaftliches Problem darstellen. Daher halte auch ich es für möglich, dass es sich um einen Versuchsballon handelt, um auszutesten, wie die Öffentlichkeit reagiert, ob man hier vielleicht doch etwas „liberalisieren“, also verwässern könnte. Das wäre sehr problematisch, weil der Täter wieder schneller in die Nähe seiner bisherigen oder potentiellen künftigen Opfer kommt. Hier sollte man eher in die Gegenrichtung agieren und diese Menschen nicht so schnell wieder in die Gesellschaft zurücklassen, und schon gar nicht in Bereiche wie Jugendbetreuung, Bildung oder Sport.
Das Gespräch führte Bernhard Tomaschitz.
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