Ein roter Jubelperser als Taufpate der Zweiten Republik
Heute, genau vor 75 Jahren, wird ein Schriftstück unterzeichnet, das es in sich hat: die Urkunde, die als „Unabhängigkeitserklärung“ bekannt ist. Hans Rauscher schreibt darüber im lachsroten Tagblatt vom Wochenende (25./26. April) unter anderem:
„Wenn man bösartig ist, könnte man sagen, die Gründung der Zweiten Republik vor 75 Jahren war die sehr österreichische Leistung eines Opportunisten, eines deutschnationalen, selbstverständlich latent antisemitischen rechten Sozialdemokraten, der geübt darin war, sich Diktatoren anzubiedern: zuerst an Hitler mit seinem begeisterten ‚Ja‘ zum ‚Anschluss‘ 1938, dann 1945 an Stalin … es war Renner, der am 15. April 1945 – die Schlacht um Wien war am 13. April zu Ende gegangen – einen unfassbar unterwürfigen Brief an Stalin richtete und sich den sowjetischen Militärs zur Verfügung stellte – und akzeptiert wurde …“
Dass der Namenszug des Wendehalses Karl Renner – gleichsam der Herr Karl unserer Republik, die fleischgewordene Allzweckwaffe des politischen Opportunismus – auf dem Dokument aufscheint, kann man als Kuriosum durchgehen lassen. Aber der eigentliche Skandal ist die Unterschrift eines Mannes, der erst wenige Tage davor aus Moskau nach Wien gekommen ist, mit dem Kreml-Auftrag, in Österreich eine bolschewistische Diktatur aufzurichten. Dieser treue Jubelperser im Solde des Massenmörders Josef Stalin schreibt sich Johann Koplenig und vertritt die Kommunistische Partei. Mit anderen Worten: An der Wiege der Zweiten Republik steht als einer der Taufpaten ein Agent, dessen Absicht es ist, unter Assistenz der russischen Besatzungsmacht die Österreicher in das „Friedenslager der UdSSR“ zu führen. Denn die KPÖ hält bereits am 14. April in Wien ihre erste Parteikonferenz ab, deren Losung nur als Drohung verstanden werden kann: Entschlossen, die Verantwortung zu übernehmen.
Gott sei Dank sind die Sowjet-Kollaborateure erfolglos geblieben. Was jedoch bleibt, ist die Unterschrift Koplenigs auf der Unabhängigkeitserklärung. Als untilgbare Schande.
[Autor: E.K.-L. Bild: Wikipedia/Bundesarchiv Lizenz: ]