Die Tinte war noch nicht getrocknet, da mussten sämtliche nicht-konservativen Kolumnisten und Leitartikler ihre Einschätzungen über Boris Johnson in die Papierkörbe werfen. Und das sind gute 80 Prozent. Der neue Premierminister würde die in ihn gesetzten Erwartungen nicht erfüllen. Er würde sich von einem Tag zum nächsten durchmogeln. Er würde seine Anhänger enttäuschen. Er würde eine riesige Show liefern. Ohne Substanz, ohne Ordnung, ohne Agenda.
Boris Johnson ist ein Husarenstück gelungen, welches Freund wie Feind überraschte. Anhänger sind begeistert. Wohlwollende Skeptiker sind beruhigt sowie überzeugt. Seine Gegner sahen sich gezwungen, die „Story“ über ihn umzuschreiben. Vom unentschlossen Zauderer sowie prinzipienlosen Karrieristen in der Tiefe und dem begnadeten sowie unterhaltsamen Showman an der Oberfläche hin zum Fuchs im Bärenfell.
Die umfassendste Kabinettsumbildung ohne Wahl wurde mit den Beinamen „Blutbad“, „Nacht der langen Messer“ oder „Revolution“ versehen. Kritiker sprechen von einem Kabinett bestehend aus „Thatcheristen, Libertären sowie Brexiteers“. Oder vom „schlimmsten Kabinett seit Margaret Thatcher.“ Für einen echten Tory klingt das wie ein Kompliment in der Tonalität von „Britannia rule the waves. Britons will be never slaves.“
Boris Johnson hat seinen Worten derart entscheidende Taten folgen lassen, dass er Brexiteers positiv überraschte und Remainer regelrecht schockierte. Seine Worte, das Vereinigte Königreich nicht unterschätzen zu dürfen, lassen sich nunmehr auch auf ihn selbst umlegen. Seine Worte über Optimismus sowie Zuversicht sind nun keine vagen Hoffnungen mehr, sondern von Überzeugungen getragen.
In seiner ersten Rede als Premierminister im Unterhaus sprach er davon Großbritannien bis zum Jahre 2050 zum modernsten und prosperierendsten Land Europas zu machen. Einem neuen Zentrum des weltweiten Handels. Das vorliegende Brüsseler Paket ist unakzeptabel. Es wird ohne wenn und aber einen Brexit am 31. Oktober 2019 geben.
In Brüssel ist die Botschaft entweder noch nicht angekommen oder man rechnet noch immer damit, dass die Briten durch einen No-Deal ins Chaos stürzen. Beides zeugt von Hochmut und schlechter Lagebeurteilung.
Aus Boris wurde Premierminister Johnson. Trump hatte recht: Er wird großartig sein. Und er könnte sich als 14. Premierminister von Königin Elizabeth II. in einer Reihe mit Churchill und Thatcher wiederfinden.
[Autor: G.B. Bild: www.wikipedia.org/OPCW from The Netherlands Lizenz: CC BY 2.0]