Eine integre Persönlichkeit durch und durch. Jüdische Vorfahren. Karriere beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Wechsel in die Politik für eine konservative Partei. Zunächst Karriere in Brüssel. Später Karriere in der Lokalpolitik. Events, Shows, Steuergeldvernichtung etc. wurden als rotes Tuch betrachtet.
Der Wähler goutierte das Festhalten an altehrwürdigen Prinzipien und angeblich altmodischen Tugenden immer wieder aufs Neue. Die Persönlichkeit verortete sich rechts der Mitte. Konservativismus im ureigensten Sinne. Die Stellungnahmen waren geprägt von langen, jedoch durchdachten sowie vielsagenden Sätzen. Gespickt mit Fremdwörtern, die früher durchaus geläufig waren.
Der Mainstream rückte unterdessen immer weiter nach links. Aus dem Rechten oder Nationalen wurde ein Faschist oder Nazi. Aus dem Konservativen wurde ein Reaktionär. Ohne dass sich die Positionen und die Werte verändert hätten. Ohne eigenes Zutun fand man sich plötzlich außerhalb des gesellschaftlich Anerkannten wieder. Während Asoziale, Sozialbetrüger, Illegale, Kriminelle etc. in die Mitte der Gesellschaft rückten.
Auf dieses Verrücken bzw. Verrücktwerden des politischen Koordinatensystems kann man mit viererlei Reaktionen begegnen: Man geht mit der Zeit aus Bequemlichkeit und Opportunismus. Man zieht sich ins Biedermeier 2.0 zurück. Man wird zum Unbequemen und Querulanten im eigenen Lager. Man wechselt die Partei, aber nicht die Prinzipien. Wie seinerzeit Churchill.
Hans Georg Maaßen wählte den dritten Weg. Das Verhalten der Union ihm gegenüber spricht Bände. Ursula Stenzel wählte den vierten Weg. Das Verhalten der Volkspartei ihr gegenüber spricht Bände.
Dies wäre eigentlich nichts besonders Berichtenswertes, da der Waschbärkonservative nicht zu einer bedrohten, sondern zu einer überhandnehmenden Art zählt.
Jedoch erzählt die ÖVP soeben im aktuellen Wahlkampf Version Nummer 3 über ihren Spitzenkandidaten. Der Unbequeme. Der Querulant. Der Prinzipienfeste. Der Wertetreue. Der die Partei nicht gleichsam dem Koordinatensystem nach links rutschen lassen wollte. Der die schwachen Kapitäne absetzte, die unfähigen adeligen Offiziere entmachtete und gemeinsam mit Mannschaft und Unteroffizieren volle Segel Richtung Steuerbord setzte. Aus der abgetakelten, sperrigen, schwarzen Galeone wieder ein schnittiges, kampfkräftiges, türkises Linienschiff machte.
Wie die meisten Erzählungen handelt es sich um Wunschdenken. Die abgesetzten Kapitäne grollen. Die unfähigen Offiziere sticheln und stacheln zum Ungehorsam an. Dem neuen Schiffsführer fehlt der Mut Exempel zu statuieren. Im Unterschied zu Boris Johnson, der die alte System-Garde mit ausreichend Proviant auf ein Beiboot setzte und ihr alles Gute wünschte.
Die blähenden, türkisen Segel können nicht über den morschen, schwarzen Rumpf hinwegtäuschen.
Frau Stenzel, eine konservative, prinzipientreue, bürgerliche Dame durch und durch, nach ihren wohlgesetzten Worten bei der Kundgebung zum Sieg über die Osmanen 1683 als rechtsextrem, faschistisch und rücktrittsreif darzustellen, entlarvt die rein kosmetische Überholung der Galeone ÖVP.
[Autor: G.B. Bild: www.wikipedia.org/Franz Johann Morgenbesser from Vienna, Austria Lizenz: CC BY-SA 2.0]