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Kürzlich hat das EU-Parlament dem Migrations- und Asylpakt zugestimmt. Wird sich in Bezug auf die Massenzuwanderung nach Europa etwas ändern?
Roman Haider: Da wird sich gar nichts ändern, in Wirklichkeit handelt es sich um ein Placebo. Das wirkliche Problem wird nicht angegangen, das ein effizienter Außengrenzschutz wäre. Es gab in Bezug auf diesen Migrationspakt insgesamt zehn Teilabstimmungen, wobei die Kernstücke das gemeinsame Asylverfahren und die Asyl- und Grenzmanagementverordnung sind. Hier wird überhaupt nichts verbessert, ganz im Gegenteil, mit den gemachten Änderungen nimmt man jede Möglichkeit von Zurückweisungen, auch wird sichergestellt, dass trotz illegaler Einreise ein Asylantrag zulässig sein soll. Interessant ist, dass hier die ÖVP neben SPÖ und NEOS auch zugestimmt hat, dass man sich in Wirklichkeit die Möglichkeit eines effektiven Grenzschutzes nimmt.
Dann wäre noch der Solidaritätsmechanismus, der die Mitgliedstaaten zwingt, entweder aufzunehmen oder zu bezahlen, wenn man das nicht will. Das ist ein absoluter Eingriff in die Souveränität der Mitgliedstaaten und allein schon deshalb abzulehnen. Auch hier haben ÖVP, SPÖ und NEOS zugestimmt. In Wahrheit ist das eine Verschlimmerung des derzeitigen Zustands.
Der fehlende Außengrenzschutz ist ja nicht die einzige Baustelle in der EU. In der letzten Zeit konnte man eine Politik der Deindustrialisierung beobachten. Können Sie Näheres dazu berichten?
Haider: Die Deindustrialisierung findet mindestens seit 2019 statt, als Frau von der Leyen als Kern und Herzstück ihrer Präsidentschaft den Green Deal verkündet hat und alle Mitgliedstaaten diese völlig abstruse Verpflichtung eingegangen sind, Europa bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent zu machen, d.h. CO2-Reduktion um jeden Preis. Und in Österreich hat die schwarz-grüne Regierung diesem Wahnsinn noch eins draufgesetzt und sich in der Regierungserklärung verpflichtet, das schon bis 2040 zu machen.
Alle diese Maßnahmen, die gesetzt wurden, um dieses widersinnige Ziel zu erreichen führen dazu, dass die Industrie aus Europa abwandert. Das fängt mit dem Emissionszertifikatehandel an, wo vor allem die Energie-, aber auch die Zement- und, für Österreich besonders wichtig, die Stahlindustrie, für jede Tonne ausgestoßenes CO2 Emissionszertifikate kaufen müssen, die in Wirklichkeit eine Strafsteuer sind. Und der Preis für diese Zertifikate ist von fünf Euro pro Tonne im Jahr 2017 auf über 100 Euro im Jahr 2023 erhöht worden. Wenn sich die Preise verzwanzigfachen, dann wissen wir, warum wir in Europa seit zwei Jahren eine derartige Teuerung erleben.
Die EU hat einerseits eine Renaturierungsverordnung beschlossen und andererseits ein Verbot von Verbrennermotoren. Will die EU Europa in eine mittelalterliche Agrargesellschaft zurückverwandeln?
Haider: Genau diesen Eindruck muss man haben. Der Fetisch CO2-Reduktion um jeden Preis, koste es, was es wolle, wird gnadenlos auch um den Preis der Zerstörung unseres Wohlstands durchgezogen. Ab 2035 sollen im Privat-Pkw-Bereich und Klein-Nutzfahrzeug-Bereich keine Neufahrzeuge mit Verbrennungsmotor mehr zugelassen werden dürfen. Insgesamt 15 Prozent des europäischen CO2-Ausstoßes soll damit reduziert werden. Allerdings hat Europa nur acht Prozent Anteil am weltweiten CO2-Ausstoß und wenn man davon 15 Prozent reduziert, dann geht es um 1,2 Prozent. Und die bis 2035 zugelassenen Fahrzeuge mit Verbrennermotor werden weiterfahren, sogar lange weiterfahren. Schauen Sie nach Kuba: Dort werden die uralten US-Autos jahrzehntelang repariert, weil es keine neuen vernünftigen Autos gibt. Wenn das Aus des Verbrennermotors kommt, wird das auch das Schicksal Europas sein. Es wird also für eine minimale CO2-Reduktion die europäische Automobilindustrie, die die sauberste der Welt ist, gekillt oder zum Abwandern gezwungen. Man ruiniert zwölf Millionen Arbeitsplätze in Europa, 400.000 alleine in Österreich mit der Automobilzulieferindustrie, man ruiniert den Wohlstand und die Zukunft unserer Kinder uns es bringt nichts.
Was bezweckt die EU mit dieser selbstschädigenden Politik?
Haider: Die totale Umgestaltung unserer Art zu leben, die Transformation, eine Umgestaltung in eine sozialistische Planwirtschaft. Offensichtlich ist es nicht das Ziel der Brüsseler Eliten, dass wir in 15 Jahren mit dem E-Auto einkaufen oder auf Urlaub fahren, wir sollen das alles überhaupt nicht mehr oder nur mehr mit dem Lastenfahrrad machen oder mit dem Bus.
Die von Ihnen angesprochene Renaturierungsverordnung ist nur ein Teilgesetz im Rahmen der Agrarstrategie farm to fork, und das Ziel ist, die landwirtschaftliche Produktion abzusenken. Herzstück dieser Strategie ist die Renaturierungsverordnung, wo 20 Prozent der Fläche der Bewirtschaftung entzogen werden soll. Das ist nicht nur ein massiver Eingriff ins Eigentumsrecht, sondern auch ein Anschlag auf unsere Nahrungsmittelsicherheit. Ziel dieser Farm-to-fork-Strategie ist, die Nahrungsmittelproduktion in Europa um mindesten 20 Prozent zu senken. Und die Zahlen, die ich Ihnen jetzt sage, stammen aus der Folgenabschätzung der EU-Kommission, die dieses Papier erarbeitet hat: Wenn Farm to fork voll durchgesetzt ist, wird der Preis für Rindfleisch um 58 Prozent steigen, der Preis für Schweinefleisch um 48 Prozent, Milchprodukte um 35 Prozent, Obst und Gemüse um 18 Prozent, Getreide um 12 Prozent. Der nächste Teuerungsschub ist also schon programmiert.
Am Allerschlimmsten dabei ist, Europa wird durch diese Produktionskürzungen vom Nahrungsmittelexporteur, der wir derzeit sind, zum Nahrungsmittelimporteur. Wir begeben uns dann auch in der Nahrungsmittelsicherheit in Abhängigkeit von Drittstaaten – von China, von Russland, von den USA. Und das alles im Namen dieses Fetischs der CO2-Reduktion.
Kann man diese Pläne noch zu Fall bringen? Im Juni finden ja Europawahlen statt und da könnten sich ja die Mehrheitsverhältnisse grundlegend ändern.
Haider: Die müssen sich grundlegend ändern, ansonsten steuert Europa auf einen wirtschaftlichen Crash zu. Es ist absolut wichtig und notwendig, dass sich die vernünftigen Kräfte europaweit durchsetzen. Das fängt beim Europaparlament an, wo wir am 9. Juni die Möglichkeit haben, alle vernünftigen Kräfte zu stärken, die diesen völlig irren Maßnahmen kritisch gegenüberstehen. Die FPÖ ist ja in einer sehr starken Allianz in der Fraktion Identität und Demokratie und wir arbeiten sehr eng zusammen mit der zweiten rechten Fraktion im EU-Parlament, mit ECR. Es wäre eine Zukunftsperspektive, wenn wir es schaffen würden, eine gemeinsame Fraktion zu bilden. Dann haben wir die Chance – die Umfragen gegen das her –, stärkste Fraktion im Europäischen Parlament zu werden und sogar die Europäische Volkspartei zu überholen. Das wäre natürlich der Super-GAU für die Bürokraten in Brüssel, aber die Chance für DIE Bürger Europas, diese Negativspirale, in der sich die EU durch den Green Deal befindet, zu beenden und dass es wieder aufwärtsgeht.
Aber die wichtigen Entscheidungen finden im Rat statt, wo die Mitgliedstaaten, die Minister aus den Mitgliedstaaten, vertreten sind. Wir müssen auch schauen, dass die Mitgliedstaaten die Minister entsenden, damit der Rat die richtigen Entscheidungen trifft. Da haben wir in Österreich im Herbst die Chance, die Weichen neu zu stellen, und da müssen wir schauen, dass nicht Bundeskanzler Nehammer Österreich im Europäischen Rat vertritt, sondern ein Bundeskanzler Kickl, und dass bei Umweltfragen nicht eine Ministerin Gewessler für Österreich abstimmt, sondern ein, sagen wir einmal, Umwelt- und Infrastrukturminister Hofer. Dann geht es wieder in die richtige Richtung, dann haben wir wieder eine Zukunft in Europa.
Das Gespräch führte Bernhard Tomaschitz.