Die Mauer muss weg

... oder: Warum nur Einfältige über Stöckchen springen, die sie zum Stolpern bringen sollen

by admin2

Autor: André Hagel Bild: André Hagel Lizenz: –


„Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu bauen“, säuselte Walter Ulbricht im August 1961 in einer Pressekonferenz in Ost-Berlin. Anlass für seine Beteuerung war die Frage einer westlichen Journalistin nach einer möglichen hermetischen Abriegelung der DDR. Das war vom SED-Chef natürlich gelogen. Unmittelbar nach der fraglichen Pressekonferenz wurde gemauert.

Heute wird von Mauerbauern das eigene Tun nicht mehr geleugnet. Mehr noch, das Bekenntnis zu sogenannten Brandmauern gilt in Bundesdeutschland als Quasi-Staatsdoktrin. Was der SED einst ihr antifaschistischer Schutzwall, ist der heutigen selbsternannten demokratischen Einheitsfront ihre Brandmauer gegen Rechts. Wohlgemerkt: ausschließlich gegen Rechts. Das Faible etwa der sozialdemokratischen Bundesinnenministerin Nancy Faeser für die linksextremistische Antifa ist so gut belegt wie ihre totalitäre Tendenz, Andersdenkende von rechtsdemokratisch über rechtsradikal bis hin zu tatsächlich rechtsextrem mundtot zu machen. Auch Christdemokraten haben kein Problem mehr damit, auf Protestkundgebungen gegen die durch ihr eigenes politisches Versagen entstandene Konkurrenz von der AfD Seite an Seite mit Linksextremisten zu marschieren. Nach rechts – im ganz groben Sinne von rechts von der Mitte – wird gemauert, nach links werden alle Türen und Tore weit geöffnet, wie aktuell auch das Liebäugeln der thüringischen CDU mit dem am linken Rand operierenden Bündnis Sahra Wagenknecht zeigt.

Die bundesdeutsche Freude am Mauern verblüfft. Nicht nur weil dieser Begriff doch ansonsten eigentlich negativ konnotiert ist. Zumindest im Falle von CDU/CSU und FDP reibt man sich die Augen darüber, daß sie auf ein Konzept hereinfallen, das von Linken und Linksliberalen ersonnen wurde, um die bürgerlichen Parteien zu binden und möglichst politisch zu neutralisieren. Den Christ- und den Liberaldemokraten wird die Brandmauer vor allem deshalb aufgenötigt, damit sie sich keine Koalitionsoptionen jenseits von SPD, Grünen, Linken oder BSW schaffen. Und die Unionsparteien wie auch die FDP sind einfältig genug, über das vom Linksblock hingehaltene Stöckchen zu springen, das sie doch nur zum Stolpern bringen soll.

Bei solcher Einfalt und mangelndem politischen Selbsterhalt im sogenannten Markenkern ist es kein Wunder, daß nicht zuletzt relevante Christdemokraten das Hohelied von Koalitionen mit den Grünen trällern. Siehe etwa Ministerpräsident Hendrik Wüst im schwarz-grünen Nordrhein-Westfalen, wo die CDU in der täglichen Regierungspraxis faktisch auch einen ideologischen Durchmarsch der Grünen begünstigt – angefangen bei der Verschleppung notwendigen Straßenbaus bis hin zur Einrichtung einer Denunziationsstelle für inopportune private Meinungen unterhalb der Strafbarkeitsgrenze. Siehe Schleswig-Holstein, dessen Ministerpräsident Daniel Günther – ein Linksausleger, in dem man schwerlich überhaupt noch so etwas wie einen Christdemokraten zu erkennen vermag – zusammen mit den Grünen die Transformation der Gesellschaft im Sinne des Koalitionspartners vorantreibt – und das auch noch für einen Erfolg seiner Partei hält.

Dabei könnte der CDU mit Blick auf Programmatik und Politik der Grünen doch eigentlich ohne Zeitverzug einleuchten: Mit den Grünen gibt es nur drei Wege – in die Sackgasse, gegen die Wand, ins Aus. Grüne Politik ist eine unselige Mischung aus volkspädagogischer Bevormundung, Minderheitenkult, Befindlichkeitsgedusel statt Realpolitik, wirtschaftlicher Demontage und kultureller Auflösung Deutschlands.

Statt zu brandmauern, sollte sich die CDU perspektivisch neue Optionen erschließen. Wählerverhalten und Wahlprognosen in Deutschland und anderen Ländern zeigen an: Mitte-Rechts wird das Modell der Zukunft. In dieser Gewichtung oder in Variation. Die Mauer muß weg.

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