„Die Situation in Italien ist unter Kontrolle“

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Stefano Mazzolini, Vizepräsident des friula nischen Regionalrates, über die Entwicklung des Tourismus in Italien und die geplanten Maßnahmen der EU

Herr Vizepräsident, im Frühling führte wir mit Ihnen ein Gespräch, wie die Lage rund um Corona in Italien sei. Sie haben damals auch einen Ausblick auf die Tourismussaison gegeben. Wenn Sie dieser Tage auf den Sommer zurückblicken, wie hat sich denn die Saison entwickelt?
Stefano Mazzolini: Wir haben im Frühling über das Coronavirus geredet und wir haben mit Mühe und Angst wieder aufgesperrt. Die Menschen haben wieder Mut gewonnen und die Monate Juli und August waren ähnlich wie dieselben Monate von vorigen Jahr. Jetzt aber geht die Sorge über die Winter Saison um. Wir hoffen, dass wir unsere Schigebiet ohne strenge Maßnahmen öffnen können, da es sonst ein enormer Schaden für die Wirtschaft wäre.

Stefano Mazzo lini ist Vizepräsident des friulanischen Regionalrates und Besitzer eines Tourismusbetriebs in Friaul (Quelle: Privat)

Die österreichische Bundesregierung hat sehr überraschend eine komplette Reisewarnung für Kroatien ausgegeben – ganz im Gegensatz etwa zu Deutschland, das nur eine partielle Warnung ausgegeben hat. Wie bewerten Sie denn diese überfallsartige Warnung davor, in das Adria-Land zu fahren?
Mazzolini: Ich bin nicht einverstanden mit der Einreisewarnung für Kroatien. Das Coronavirus übertragt sich durch Versammlungen von Menschen. Außerdem sind die Kroaten wichtige Gäste für die Wintersaison sowohl für Italien als auch für Österreich. Deswegen finde ich, dass diese Maßnahmen unangemessen sind.

Sind solche Reisewarnungen nicht ein Akt von mangelnder Solidarität unter europäischen Partnern?
Mazzolini: Ich lebe im Kanaltal, ein ehemaliges österreichisches Territorium, und deswegen kann ich sagen, dass wir immer miteinander gearbeitet haben. Die Grenzen waren immer offen, sogar in Kriegszeiten und nach dem Krieg haben wir auch miteinander kooperiert, in Bereichen wie Tourismus oder Industrie. Diese Maßnahmen heute könnten unsere Beziehungen zwischen den Ländern nur schädigen.

Sind weitere solcher Reisewarnungen – etwa zwischen Italien und Österreich – zu erwarten?
Mazzolini: Die Situation in Italien ist unter Kontrolle. Vor allem in Friaul haben wir wenig Fälle, die könnte man auf einer Hand zählen. Deswegen fi nde ich, dass eine weitere Sperrung der Grenzen komplett zu vermeiden ist, da die Österreicher nach Italien fahren möchten und auch umgekehrt.

Wie bewerten Sie denn die aktuelle Lage in Sachen Corona in Italien und wie glauben Sie, ist die Stimmung in der italienischen Bevölkerung gegenüber weiteren strikten Maßnahmen, die eventuell Herbst kommen könnten?
Mazzolini: Trotz der wenigen Fälle hat diese Regierung von Mitte/Links die meiner Meinung nach nicht fähig ist, die Bevölkerung in Panik versetzt. Viele Personen fürchten sich aufgrund der unnötigen Panikmache der Medien. Es ist nicht gerechtfertigt aufgrund der aktuellen Fälle, und wie die Wissenschaftler sagen, hat sich der Virus geändert und ist nicht mehr so stark wie vor ein paar Monaten. Ich hoffe, dass es nicht zu einer anderen Sperrung kommen wird.

In Österreich erfreut sich die Regierung nach wie vor hoher Beliebtheitswerte, weil offensichtlich die Panikmache in Sachen Krise bei vielen Menschen fruchtet. Wie lange kann das weltweit noch gut gehen?
Mazzolini: Wir haben sehr wenige Coronafälle in den Krankenhäusern und auf den Intensivstationen aber trotzdem passen wir sehr genau auf, vielleicht weil auch die Panikmache weiter betrieben wird. Diese konstante Panikmache ist vielleicht eine Methode der inkompetenten Regierung, damit es zu keiner Wahl in September kommen kann.

Wie sehr hat nicht nur der friulanische, sondern der italienische Tourismus überhaupt unter der Krise gelitten, und wie lange wird es dauern, bis der Schaden wiedergutgemacht ist?
Mazzolini: Was Friaul anbetrifft, es hat Schwierigkeiten gegeben mit der Sperrung der Wintersaison und dadurch hat auch die Sommersaison gelitten.

Kommen wir zur Europäischen Union: Der deutsche Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble hat gemeint, dass durch die Krise Dinge in der EU möglich werden, wie etwa die Schuldenunion oder auch eine weitere Zentralisierung, die sonst nicht möglich gewesen wären. Wie bewerten Sie diese Aussage?
Mazzolini: Ich bin gegen das Verschulden von den Staaten, die schon hohe Schulden haben, wie z. B. Griechenland . Ich fi nde, dass man einander helfen muss, dass man die Wirtschaft unterstützen muss. Man braucht Maßnahmen, um die Wirtschaft zu fördern und nicht noch mehr Schulden. Ich bin und war immer ein Optimist, aber was Deutschland macht, ist ein Gefahr für die Demokratie. Deutschland will die Demokratie durch Erpressungen an den anderen Staaten zerstören. Ich hoffe nur, dass die EU nicht das, was Deutschland will, machen wird, weil sonst alle Staaten der EU in große Schwierigkeiten geraten würden.

Wo sehen Sie eine Perspektive für ihre Nation, in Anbetracht der Krise, wo glauben Sie, wird Italien – auch politisch – in den nächsten Jahren stehen?
Mazzolini: Ich bin mir sicher, dass, wenn wir in Italien wählen könnten, würde eine Mitte-Rechts Regierung gewinnen, welche die italienische Bevölkerung unterstützen kann.

Das Gespräch führte Friedrich-Wilhelm Moewe

[Autor: Bild: Wikipedia/Dipartimento Protezione Civile from Italia Lizenz: CC BY 2.0]

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