Autor: E.K.-L. Bild:
Eine unbeabsichtigte Propaganda-Aktion für den möglichen Präsidentschaftskandidaten
Ja, auch das gibt es. Nämlich Journalisten, die Zensor spielen wollen. Diesen Eindruck legt ein Appell nahe, der am 23. Oktober in der französischen Internet-Zeitung Médiapart erscheint. Die Unterzeichner stehen dafür, bestimmten Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens sozusagen das Mikrofon abzuschalten. Das Ziel: Die davon Betroffenen gleichsam unsichtbar zu machen. Ohne ihn jemals zu nennen, befindet sich im Fadenkreuz kein Geringerer als Eric Zemmour, der sich über die höchst patscherte Vorgangsweise seiner Gegner freuen darf.
Der Appell steht unter dem Titel Journalistes, nous ne serons pas complices de la haine, auf gut Deutsch: „Journalisten, wir werden uns nicht am Hass mitschuldig machen“. Hier der Wortlaut (gerafft):
Wir, Journalisten, die demokratische Werte respektieren, sind der Ansicht, dass es nicht notwendig ist, mit Menschen zu debattieren, die faschistische, rassistische, fremdenfeindliche, sexistische, homophobe und negationistische Ideen vertreten … In diesen Zeiten des Präsidentschaftswahlkampfs, die immer ekelerregende Ideen vermitteln … distanzieren wir, Journalisten, die sich gesellschaftlich für die Verteidigung der Grundrechte einsetzen, uns von den großen Chefs der Medien, Redakteuren, Animatoren, Kolumnisten, Kollegen und Schwestern, die jubelnd Mikrofone und Kameras an Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens verteilen. die ihren Hass auf den anderen erbrechen. Persönlichkeiten, von denen einer bereits von den Gerichten wegen Aufstachelung zum Rassenhass verurteilt wurde.
Wir Journalisten sind auch der Ansicht, dass die großen Medienchefs, Redakteure, Redakteure, Kolumnisten, Kollegen und Schwestern, die diesen professionellen und ethischen Abgrund, diese Beleidigung des Berufsstandes geschaffen haben, mit voller Kenntnis der Fakten, absichtlich eine Rolle beim Aufstieg von Faschismus, Rassismus … in Frankreich spielen und dass sie dafür mitverantwortlich sein werden …
In diesem Sermon geht es seitenlang weiter. Die Erstunterzeichnerin schreibt sich Elsa Gambin, ist freie Journalistin, ehemalige Sonderpädagogin, Teilzeittrainerin in einer Schule für Soziale Arbeit. Bisher ist die Dame niemandem aufgefallen. Auch die anderen Unterzeichner sind praktisch unbekannt, sozusagen publizistische Flakhelfer, die durch ihre Beteiligung irgendwie ins Scheinwerferlicht treten möchten.
Der oben auszugsweise wiedergegebene Text stellt sich als Mischung von Herablassung und Manichäismus dar. Ein davon sichtlich unbeeindruckte Berufskollege formuliert: „… muss man glauben, dass diese Journalisten immer noch nicht verstanden haben, dass die Verachtung, die sie für bestimmte Themen – und damit für einige Franzosen – haben, keine Wirkung zeigt. Oder besser gesagt: Es erzeugt genau den gegenteiligen Effekt als erhofft.“ Denn die Forderung nach „Unsichtbarmachung“ trägt zu dem Misstrauen bei, das ein Teil der Bevölkerung gegenüber den Medien zeigt, denen vorgeworfen wird, nur jene Ideen voranzutreiben, die ihnen passen.
Nach Ansicht der Unterzeichner des Appells können Journalisten, die mit Rechten zu tun haben, in zwei Kategorien eingeteilt werden: Einerseits Journalisten, die aus Angst vor Kündigung kuschen und schreiben, was der Chef lesen will. Die andere Kategorie besteht aus jenen, die eine bewusste Rolle beim Aufstieg von Faschismus, Rassismus, Antisemitismus, LGBTQIphobie und Frauenfeindlichkeit in Frankreich spielen. Anders gesagt: Das sind rückgratlose Kollegen, die Freude daran haben, einen rechtsextremen Frankenstein zu schaffen, um die Auflage ihrer Zeitung zu erhöhen. Und damit auch ihr Salär.