Autor: U.K. Bilder: Gerd Altmann auf Pixabay Lizenz: –
Trotz heiklem Marktumfeld dreht die EZB weiter an der Zinsschraube. Eine Strategie, die durchaus Gefahren birgt.
Die Europäische Zentralbank EZB, die satzungsgemäß über die Stabilität unseres Euro-Geldes wachen soll, hat heute ihren Referenzzinssatz, die „Deposit Facility Rate“, um 0,5 Prozentpunkze auf 3,0 % erhöht. Grund ist die durchaus berechtigte Sorge der EZB, dass anderswie der Kampf gegen die gallopierende Teuerung nicht zu gewinnen sei. Obwohl dies von Markteilnehmern überwiegend erwartet worden war, überrascht das aktuelle Verhalten der EZB doch einige Brancheninsider, den Author inbegriffen.
Denn als Folge der spektakulären Pleite der US-Bank SVB letzte Woche (ZurZeit berichtete) sind auch europäische Banken in den Abwärtsstrudel gerissen worden. Da sind Zinserhöhungen, die einerseits für die operativen Margen der Banken gut sind, andererseits die Kapitalbeschaffung verteuern, ein gefährliches Spiel.
Aber nüchtern und bei Lichte betrachtet hat die EZB im Moment gar keine Wahl, wenn sie es denn mit der Inflationsbekämpfung ernst meint. Trotz der seit letztem Juli laufenden scharfen Zinskampagne will die Inflationen in den Schlüssel-Volkswirtschaften Europas einfach nicht sinken. Nach einem kurzen Zuckern abwärts sind in Deutschland, Österreich, Spanien und Frankreich die Inflationsraten im Jänner und Februar wieder gestiegen. Wesentlicher Preistreiber, vor allem hierzulande, sind die exorbitant hohen Kosten für Strom, Gas und Heizung. Denn während die Börsenpreise für Öl, Strom und Gas seit einigen Monaten deutlich sinken, nutzen die hiesigen, meist staatsnahen, Energiekonzerne die aktuelle Situation zur Profitmaximierung. Ein nichtmonetärer Mechanismus, auf den die EZB bedauerlicherweise keinen Einfluss hat.
Die EZB sitzt nun in der Zwickmühle. Einerseits muss sie die Zinsen erhöhen, um die Teuerung zu bekämpfen. Andererseits ist das ein Vabanque-Spiel angesichts der neuen Probleme im Banken-Sektor. Denn 2008 hat der, ansonsten hoch angesehene, US-Notenbankchef Paul Volcker mit seiner letzten massiven Zinserhöhung die damalige Welt-Finanzkrise seinerzeit erst richtig angefeuert, so die Meinung vieler Ökonomen.
Verantwortlich für das aktuelle Drama ist die EZB mit ihrer Chefin Christine Lagarde allerdings höchstselbst. Denn bereits vor zwei Jahren begannen Experten, so auch der Autor hier auf ZurZeit, vor den Gefahren des sich aufbauenden Inflations-Tsunamis zu waren. Das wurde damals aber von EZB und der Mainstream-Presse als Panikmache, ja „Schwurblerei“ abgetan. Immerhin gestand EZB-Vizepräsident Luis de Guindos, der Zweite in der Hierachie hinter Lagarde, jetzt im Interview mit der Süddeutschen Zeitung am 8. Februar wörtlich: „Zentralbanken und viele andere Organisationen glaubten lange Zeit, dass der Anstieg der Inflation vorübergehend sei. Ich muss zugeben: das war ein Fehler.“
Ok, von Ökonom zu Ökonom: Lieber Luis, kaufst Du Dir bitte mal vielleicht eine Brille! Denn dann hätte Dich die aufmerksame Lektüre von ZurZeit vor dieser verhängisvollen Fehleinschätzung bewahrt.