Autor: Fritz Simhandl Bild: Parlamentsdirektion / Thomas Topf
Türkis-grünes „Covid-19-Impfpflichtgesetz NEU“ spaltet Österreich
Wer in der politischen und medialen Öffentlichkeit seit Beginn des Begutachtungsverfahrens zum „Covid-19-Impfpflichtgesetz“ den Eindruck gewonnen hatte, dass die türkis–grüne Bundesregierung die Stopptaste drückt, ist spätestens seit dem 16. Jänner, 12.00 Uhr Mittag, eines Besseren belehrt worden. Für rund 200.000 Bürgerinnen und Bürger, die ihre großteils kritischen Stellungnahmen gegen den Gesetzesentwurf abgegeben haben, ist die nunmehr ausgelobte Vorgangsweise nichts anders als ein weiterer Schlag ins Gesicht. Mit Demokratie und Rechtsstaatlichkeit hat das wenig zu tun. Vielmehr setzt sich hier ein Politik- und Staatsversagen konsequent fort. Schwarz–Grün haben sich zumindest in Gestalt ihrer Spitzenrepräsentanten in der österreichischen Bundesregierung in ein selbstverordnetes „Stockholmsyndrom“ gemeinsam mit dem Corona-Virus begeben.
Kollektiver Impfzwang
Bundeskanzler Karl Nehammer, Verfassungsministerin Karoline Edstadler (beide Neue Volkspartei) und der grüne Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein ziehen den kollektiven Impfzwang gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern in Österreich ohne Wenn und Aber durch. Einzig und allein kosmetische verfahrensrechtliche Änderungen wurden zum ursprünglichen Gesetzesentwurf aufgenommen, die aber nur der tatsächlichen „zeitnahen“ Undurchführbarkeit des Covid-19-Impfpflichtgesetzes geschuldet sind. So soll die Corona-Impfpflicht statt mit dem 14. Lebensjahr erst mit dem 18. Lebensjahr eingeführt werden. Die faktische Uneinbringlichkeit von „Kontrollstrafen“ bis zu 2.400 Euro und Verwaltungsstrafen von bis zu 3.600 Euro bei einem Großteil der Betroffenen, die als Schüler bzw. Lehrlinge über kein oder nur ein geringes Einkommen verfügen, steht bei diesem „Liberalisierungsschritt“ Pate. Das jetzt als jugendschutzrechtliche Innovation zu verkaufen, bedeutet die Betroffenen, vor allem aber deren Eltern und Familienangehörigen nicht ernst zu nehmen. Vielmehr scheut man den verwaltungsrechtlichen Aufwand, wenn man dann womöglich gegenüber hundertausenden Elternteilen verwaltungsstrafrechtliche Haftungsbescheide ausstellen müsste.
„Sanfter Weg“ – ein Hohn für Bürger
Und das als sanften Weg ausgelobte „3-Phasen-Modell“ bei der Einführung der Corona-Impfpflicht ist ebenso ein einziger Propagandatrick. Einerseits ist aus den unzähligen Stellungnahmen aus dem Begutachtungsverfahren die faktische Undurchführbarkeit der zeitnahen Umsetzung der Impfpflicht ableitbar, andererseits befürchtet man eine Flut von Verwaltungsgerichtsverfahren. Die für die datenmäßige Implementierung des Impfstatus zuständige ELGA-GmbH sieht sich frühestens im April 2022 in der Lage, das Corona-Impfpflichtgesetz vollziehen zu können. Und die Verwaltungsgerichte gehen davon aus, dass nur eine massive Aufstockung der Mittel bei Personal und Infrastruktur zu einer Bewältigung der Gerichtsverfahren führen könnte.
Wieder einmal kann der Gesundheitsminister durch Verordnungen agieren.
Liest man sich die Sonderbestimmungen in den Verwaltungsgerichtsverfahren zum Covid-19-Impfpflichtgesetz durch, dann schneidet man allen jenen Bürgerinnen und Bürgern, die die Verfassungswidrigkeit des Gesetzes im Verfahren geltend machen, den Anspruch auf eine mündliche Verhandlung vor den Verwaltungsgerichten einfach ab.
Auch die von Verfassungsministerin Karoline Edstadler angekündigte „Flexiklausel“ im Covid-19-Impfpflichtgesetz betreffend Umfang und Geltung ist in Wahrheit ein Trojanisches Pferd für Demokratie und Rechtsstaat. Wieder einmal werden umfangreiche Teile der Gesetzgebung durch Verordnungsermächtigungen in die Hände des Gesundheitsministers gegeben. Dass der Hauptausschuss des Nationalrats hier bei einzelnen Punkten zustimmen muss, hat sich bisher bereits als Damoklesschwert erwiesen, da dieser Ausschuss nicht öffentlich ist, und es im Gegensatz zu Gesetzesinitiativen kein parlamentarisches Begutachtungsverfahren und keine öffentliche Plenardebatte dieser sensiblen Materien geben wird. Diese bürger- und demokratiefeindliche Methode soll jetzt auf das Covid-19-Impfpflichtgesetz ebenso ausgeweitet werden. Beim Covid-19-Maßnahmengesetz hat man hier bereits negative Erfahrungen, etwa im Zusammenhang mit dem Lockdown für alle bzw. insbesondere auch für Ungeimpfte gemacht.
Unter anderem wird im Fall einer Änderung der Rechtslage hinsichtlich der Zulassung von Impfstoffen oder einer Änderung des Standes der Wissenschaft, insbesondere hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit einer Weiterverbreitung von SARS-CoV-2 durch bestimmte Personengruppen eine Verordnungsermächtigung vorgesehen. Das umfasst etwa die brisante gesundheitspolitische Frage, ob es „neue Ausnahmen“ von der Impfpflicht gibt bzw. ob man von bestehenden Ausnahmen etwa im Hinblick auf Voraussetzungen oder Dauer abzuweichen gedenkt. Darüber hinaus soll auch die Festlegung der anerkannten Impfstoffe per Verordnung festgelegt wird. Eine weitere Generalklausel hat noch mehr Brisanz. Denn „im Fall der Nicht-Verfügbarkeit von Impfstoffen, einer wesentlichen Änderung des Standes der Wissenschaft hinsichtlich der Wirksamkeit der Impfstoffe, der sonstigen Eignung der Impfpflicht zur Verhinderung einer Überlastung der medizinischen Versorgung, wie insbesondere bei Auftreten neuer Virusvarianten oder einer durch die Eigenschaften des Virus bedingten Veränderung des infektionsepidemiologischen Geschehens“ kann der Gesundheitsminister ebenfalls mit Verordnung unter Einbindung des Hauptausschusses jederzeit agieren. Damit ist aber dem Gesetzgebungsverfahren im Resultat eigentlich materiell das gesamte Impfpflichtgesetz entzogen, und an den Hauptausschuss delegiert. Im Resultat also ein weiteres Corona-Regime-Gesetz, das in die falsche Richtung führt, und die Bürger der machtpolitischen Willkür aussetzt.