Autor: A.R. Bild: Wikipedia/L izenz: CC BY 2.0
Christine Lambrecht (SPD), die Verteidigungsministerin Deutschlands, hat dem Druck nicht länger standgehalten und entschied sich am Montag offiziell dafür, zurückzutreten. In der Zwischenzeit waren schon viele Gespräche über einen möglichen Nachfolger geführt worden, aber eine Entscheidung hierüber soll erst getroffen werden. Unklar ist jetzt allerdings, welchen Weg die Diskussion über eventuelle Panzerlieferungen an die Ukraine nehmen wird.
Am Montagvormittag verkündete Lambrecht ihren Entschluss, den deutschen Kanzler Olaf Scholz (SPD) um Entlassung zu bitten. Ihrer Meinung nach behinderte die lang andauernde, intensive Berichterstattung in den Medien eine sachliche und produktive Diskussion der Fragen der Bundeswehr. Aus diesem Grund entschied sie sich dazu, ihr Amt zur Verfügung zu stellen. Denen, die für unsere Sicherheit arbeiten, wünschte sie alles Gute für die Zukunft. Scholz hat der Rücktritt von Lambrecht laut einem Sprecher akzeptiert. Der Kanzler respektiert die Entscheidung und bedankt sich bei ihr für die Arbeit, die sie getan hat. Auch nach dem Ministerinnentausch soll das Kabinett weiterhin gleichermaßen mit Frauen und Männern besetzt bleiben.
Seit ihrem Amtsantritt hagelte es Kritik und Spott auf Ministerin Lambrecht. Als die Wahlerfolge der SPD stark anzweifelbar wurden, entschied sie sich dazu, nicht mehr für den Bundestag zu kandidieren – so kam sie im Dezember 2021 ins Kabinett. Dass Lambrecht überhaupt im Kabinett blieb, war schon eine Art Notlösung. Erst als die Chancen für die SPD stiegen, wurde Lambrecht in den Mittelpunkt gerückt. Bei ihrem Amtsantritt vor etwa einem Jahr äußerte sie: „Für viele kommt es überraschend, dass ich als Verteidigungsministerin nominiert wurde“. Die Regierung hatte es sich zur Aufgabe gemacht, die Sparsamkeit der Merkel-Ära zu beenden und mit den versprochenen 100 Milliarden Euro aus einem Sondertopf die Bundeswehr neu aufzustellen. Doch statt zu Erfolgen kam es in diesem Ressort vor allem zu Misserfolgen, Pannen und Unfällen.
Vor Kurzem wurde bekannt, dass der Puma Schützenpanzer gravierende Mängel aufweist. Eine Schießübung der Bundeswehr im Rahmen der VJTF-NATO-Interventionsstreitkräfte machte deutlich, dass alle 18 eingesetzten Panzer nicht funktionierten. Obwohl er erst 2021 für gefechtstauglich erklärt wurde, plagt ihn eine Vielzahl technischer Probleme.
Als Reaktion auf die Kritik entschied Lambrecht, dass die Bundeswehr-Soldaten nicht mit dem neuen Puma-Gefechtsfahrzeug für die NATO-Eingreiftruppe ausgerüstet werden sollten, sondern stattdessen mit dem bekannten Schützenpanzer Marder. Dies erregte einiges Unverständnis in der Opposition und veranlasste Lambrecht, Aufklärung über ihre Entscheidung zu geben.
Als Ende Dezember fast zehn Milliarden Euro für 35 hochmoderne US-Kampfflugzeuge des Typs F-35 ausgegeben wurde, blieben viele Fragen unbeantwortet. Experten des Verteidigungsministeriums hatten zuvor vor möglichen Risiken und Kostensteigerungen gewarnt, etwa beim Umbau von Flugplätzen für die F-35 oder bei technischen Problemen mit der Zulassung der Kampfjets für den Flugbetrieb. Die Medien spekulierten, dass diese rasche Bestellung Lambrechts Image aufpolieren sollte.
Im April des letzten Jahres gab es für Bundesverteidigungsministerin Lambrecht weiters schlechte Schlagzeilen: Sie nahm ihren 21-jährigen Sohn mit im Regierungshubschrauber zu einem Truppenbesuch in Norddeutschland, obwohl er nicht an dem Militärtermin teilnahm. Am nächsten Tag und nach einer Hotelübernachtung brachen sie mit Auto und Personenschutz auf die Insel Sylt auf. Lambrechts Sohn postete Fotos von sich im Helikopter auf Instagram, was viel Kritik auslöste.
Später gab Lambrecht zu, dass sie heute anders entscheiden würde. Sie hielt ihr Verhalten aber für rechtmäßig. „Der Flug entsprach vollständig allen Vorschriften und Regeln, und ich habe die Kosten für den Flug meines Sohnes komplett übernommen – heute würde ich darüber anders denken.“